Politisch oder einfach lustig: Frank Bahr zeichnet Cartoons in Scharbeutz

Fröhliche Scherze, politische Satire und sämtliche Zwischenstufen beherrscht der Cartoonist Frank Bahr. Seit der gebürtige Stuttgarter in Scharbeutz wohnt, finden sich zudem zahlreiche Küsten-Motive in seinen Bildern. Ein Satz, ein Witz – genau auf den Punkt: Dieser DLRG-Strandwächter ist von einer „Baywatch“-Fantasie denkbar weit entfernt, schon allein wegen seines furchterregenden Maurer-Dekolletés. Viel schlimmer allerdings ist das Gewehr, mit dem der Mann auf einige vor der roten Flagge im Wasser Planschende anlegt. „Badeverbot bleibt Badeverbot“, murmelt er dabei vor sich hin. Ein Satz, ein Witz genau auf den Punkt gebracht und ein kleiner Auszug aus dem Wirken des Scharbeutzers Frank Bahr. Der bewaffnete Rettungsschwimmer sei ein schönes Beispiel für ein Paradoxon im Cartoon, findet Frank Bahr, auf den sowohl die Bezeichnung „Cartoonist“ als auch „Karikaturist“ passt. Denn der 51-Jährige beherrscht sowohl die lustige Bildgeschichte als auch den bildhaften Kommentar zum politischen Tagesgeschehen. Frank Bahrs Schreibtisch im Scharbeutzer Zuhause ist die Zentrale, dort sammelt er Ideen, dort macht er sich Gedanken – und zeichnet los. „Was habe ich zu einem gesellschaftlichen Thema zu sagen?“: Das gehe ihm manchmal schnell von der Hand und manchmal eben nicht, sagt er. US-Präsident Donald Trump etwa sei eine „Steilvorlage, den muss man im Grunde nur 1:1 abbilden“. Anders könne es bei gesellschaftlichen Themen laufen, die „länger brennen“: „Da muss ich mir natürlich überlegen, was ich dazu zu sagen habe, und das forme ich in einen Witz um.“ Wie bei folgendem Klimawandel-Cartoon: Ein Eisbär auf einer Scholle und ein Orang-Utan auf einem Baumstamm treffen sich auf dem Meer. „Whale-Watching war gestern“, kommentiert das ein Mann, der die Szene vom Boot aus beobachtet. Wobei das schon viel zu viele Worte sind, um einen Witz zu erklären, denn Cartoons und Karikaturen funktionieren ja gerade deshalb, weil sie keine oder nur wenige Worte benötigen. Aber: „Jeder lacht über einen anderen Witz“, hat Frank Bahr festgestellt. Sein Spektrum reicht von den eher niedlichen Scherzen, die den Betrachter einfach zum Lachen bringen sollen, über schwarzen Humor bis zum politischen Statement. Mit „Stuttgart 21“ wurde Bahrs Kunst politisch: Die Politik hat den gelernten Offset-Drucker, der lange im kaufmännischen Bereich gearbeitet hat, auch erst zum Cartoon-Handwerk gebracht. „Ich habe mich zunächst mit Ölmalerei und Fotografie beschäftigt“, berichtet Frank Bahr. „Das hat sich 2010 geändert, mit dem Baubeginn von Stuttgart 21.“ An der Absperrung vor dem umstrittenen Verkehrsprojekt entstand die „Kunst am Bauzaun“: Zahlreiche Bürger drückten mit Plakaten, Collagen, Bildern, Gedichten und Objekten ihren Protest aus. Frank Bahr beteiligte sich, „und dabei ist meine Kunst auch politisch geworden“. Mittlerweile blickt Frank Bahr auf eine lange Reihe von Ausstellungen zurück. Er zeichnet für das Satiremagazin „Eulenspiegel“ und mehrere Tageszeitungen, seine Cartoons finden sich in Sammelbänden, Kalendern oder auch auf Postkarten. Die Bilder entstehen dabei in mehreren Schritten: Bleistiftzeichnung, Tuschestrich – und dann farbige Ausarbeitung am Computer. Seit einigen Jahren wohnt der gebürtige Stuttgarter in Scharbeutz, seither finden sich auch zahlreiche Küsten-, Strand- und Möwenmotive in seinen Arbeiten. Monatliche Grüße aus der „Cartoonküche“: Die beliebte Künstler-Frage „Kann man davon denn leben?“ beantwortet Frank Bahr mit: „Ja – wenn man sehr bescheiden ist.“ Heißt zum einen: Lieber dafür sorgen, dass auch über andere Tätigkeiten etwas in die Kasse kommt. Und zum anderen: „Man muss ständig akquirieren und präsent sein.“ Werbung in eigener Sache macht er über seine Internet-Seite www.frank-bahr.net und per Newsletter „Echt jetzt“, einem „monatlichen Gruß aus der Cartoonküche“. Zudem postet Frank Bahr regelmäßig Cartoons auf Facebook und nimmt es in Kauf, dass viele seiner Werke weit verbreitet werden, ohne dass er einen Cent dafür bekommt. „Auch das ist schließlich Werbung für mich“, meint er. Aufgrund der coronabedingten Einschränkungen sei es derzeit schwierig, Ausstellungen zu organisieren, erklärt er. Dass sich die Pandemie in der Arbeit des Cartoonisten niederschlägt, versteht sich quasi von selbst. Da ist die einsame Stimme im Mega-Stau: „Zum Glück hat dieser Quarantäne-Sch... ein Ende.“ Der Mund-Nasen-Schutz mit integrierter Spuck-Tüte für Gelegenheitsflieger. Oder der PS-protzende SUV, dessen Fahrer die 1,5 Meter Abstand auf der Autobahn locker schafft. Denn Humor kann natürlich in der Krise helfen, findet Frank Bahr: „Lachen ist Entspannung fürs Gehirn.“ Lesen Sie auch: Bremen: Corona, Cartoons und Karikaturen - Lachen über die Pandemie Politische Karikaturen aus 70 Jahren in Mölln Der Affe in uns - Tiere in Karikaturen Von Sabine Latzel