Projekt in Blieschendorf: Ferienhof auf Fehmarn will Wohnsiedlung werden

Vor 25 Jahren machten Birgit (48) und Klaus Wendel (52) mit dem Neubau von drei Urlaubsunterkünften aus ihrem landwirtschaftlichen Betrieb in Blieschendorf auch einen bäuerlichen Ferienhof. Mittlerweile umfasst die topgepflegte, zuletzt 2018/19 für gut 1,5 Millionen Euro und mit viel Eigenleistung um drei Doppelhäuser erweiterte Anlage 29 Ferienappartements, die zwischen 60 und 128 Quadratmeter groß sind. Doch auch wenn die generelle Buchungslage – bis auf die unverhofften wie unverschuldeten Lockdown-Vakanzen 2020 und in diesem Frühjahr – eigentlich von Jahr zu Jahr besser geworden ist, soll der eigentlich florierende Ferienhof schon bald das Zeitliche segnen. Und das auch zum Wohle der Alt- und Neu-Insulaner ungeachtet aller Pandemie-Auswirkungen. „Nach einem Vortrag hat es bei mir Klick gemacht“: Warum und wie das? „Das hat eigentlich einen ganz einfachen Grund“, erklärt Klaus Wendel. Der gelernte Landwirt und Steuerfachgehilfe berichtet als zweifacher Vater: „Bei einem Vortrag des Versuchs- und Beratungsrings noch vor dem Corona-Ausbruch wies uns der Referent eindringlich darauf hin: ,Wer jetzt noch Ferienwohnungen baut, baut sie für die nächste Generation!’ Und da hat’s bei mir tatsächlich irgendwie Klick gemacht.“ Die erste Hürde hat die in Blieschendorf beabsichtigte Umwandlung von 29 Ferienwohnungen in Dauerwohnraum bereits im Bauausschuss gemeistert. Mit Blick auf die dafür erforderliche B-Plan-Änderung prüft die Verwaltung nun, „mit welchen Instrumenten der Bauleitplanung“ folgende Ziele gewährleistet werden können: die langfristige Bindung an Dauerwohnnutzung, der Ausschluss von Ferienwohnungen und Zweitwohnungsnutzung, der Erhalt der Infrastruktur, die Berücksichtigung sonstiger bestehender gewerblicher oder landwirtschaftlicher Nutzungen im Plangebiet und der Erhalt des Schutzgebietsanspruches für angrenzende landwirtschaftlich geprägte Betriebe. Laut Wohnraumanalyse gibt es auf Fehmarn bis 2025 einen Bedarf von 600 zusätzlichen Dauerwohneinheiten – bis 2035 sogar 1500. Offiziell sind auf der Insel 8323 Wohnsitze (Stand 2019) angemeldet – davon etwa 37 Prozent (3080) als Feriendomizile, knapp 55 Prozent als Dauerwohnungen und acht Prozent als ausschließlich von Besitzern bewohnte Zweitwohnsitze. Nachwuchs möchte Ferienhof-Anlage nicht übernehmen: Der 52-Jährige fährt fort: „Daraufhin haben wir uns alle Vier zusammengesetzt und den Kindern die Frage gestellt, ob sie unsere Anlage denn später wirklich weiterbetreiben wollen.“ Und da weder Sohn Nikolaus (20), angehender Bauingenieur und bereits seit 2019 Pächter des väterlichen landwirtschaftlichen Betriebes mit einer Ackerfläche von 53 Hektar, noch Tochter Imke, 16-jährige Schülerin, das mit einem überzeugten „Ja“ beantworten mochten, haben sich die durchaus verständnisvollen Eltern kurzerhand etwas Neues für den Wendel-Hof ausgedacht. „An sieben Tagen quasi 24 Stunden lang auf Achse“: Mutter Birgit sagt: „Dass unsere Kinder sich für einen anderen Weg entscheiden oder schon entschieden haben, kommt ja nicht von ungefähr. Schließlich wissen sie von kleinauf, wie viel Aufwand und Arbeit hier drin steckt.“ In der Saison sei man an sieben Tagen – vor allem an Wochenenden – quasi 24 Stunden lang auf Achse und habe eigentlich nur ab November bis zu den Osterferien etwas Luft. Insofern bekennt die 48-jährige: „Dass ich dann auch noch in der Zeitung las, dass auf Fehmarn laut Wohnraumanalyse bis 2025 gut 600 Wohnungen fehlen würden, hat uns in unserem Vorhaben noch bestärkt.“ Viele positive Reaktionen aus der Kommunalpolitik: Das Wendelsche „Vorhaben“ war und ist, alle 29 Ferienunterkünfte in Mietwohnungen umzuwandeln und damit Erstwohnsitzlern – Einheimischen wie Zuzüglern – trotz des chronisch angespannten Immobilienmarkts zu einer dauerhaften Bleibe verhelfen zu können. Klaus Wendel erklärt angesichts der erhofften Win-Win-Situation: „Nach unserer Kontaktaufnahme mit Fachleuten aus der Kommunalpolitik haben wir so viele positive Reaktionen erhalten, dass wir schließlich den dafür erforderlichen Antrag auf eine Änderung des Bebauungsplans gestellt haben.“ „Wer weiß, wie wir das Inventar loswerden können?“: Mit Blick auf die im Zusammenhang mit der erwünschten „Umwidmung“ des gesamten Blieschendorfer Ferienhof-Areals anfallenden Kosten und Gebühren räumt der 52-Jährige zwar ein: „Das wird bestimmt kein billiger Spaß, denn wir müssen ja für alle Gebäude die Nutzungsänderung beantragen und das Ganze mit neuen Plänen dokumentieren, so dass wir dafür insgesamt mit 35 000 bis 40 000 Euro rechnen.“ Und auch seine Ehefrau wendet zudem noch ein: „Wer weiß, wie wir das gesamte Inventar der voll ausgestatteten Ferienwohnungen – von Töpfen, Tellern und Pfannen über Elektrogeräte, Bilder, Lampen, Schränken, Tischen, Sesseln und Sofas oder Gardinen – dann loswerden können, wenn’s dann soweit ist?“ Lesen Sie auch Unterwegs trotz Übernachtungsverbot: So geht Urlaub für Camper in Ostholstein Ostholstein: Essen gehen trotz Corona – Dinner im Wohnmobil Fehmarn forciert Wohnungsbau in Burg und Umgebung Blieschendorfer Bevölkerung auf Sicht verdoppelt? Aber trotz aller Unwägbarkeiten und „Bauchschmerzen auch mit Blick auf die Corona-Lage“ sind sich die Beiden darüber einig: „Auch wenn es schwer fällt, einen klaren Schnitt zu machen, hoffen wir darauf, dass es mit der Umwandlung und der B-Plan-Änderung bis zum Ende dieser Saison klappt – das wäre ideal.“ Bei einer angepeilten Kaltmiete zwischen 7,50 und neun Euro pro Quadratmeter geht Klaus Wendel als Vermieter in spe schon davon aus, die Blieschendorfer Bevölkerungszahl von aktuell 65 Hauptwohnsitznehmern auf Sicht verdoppeln zu können. Bürgermeister begrüßt Trend-Umkehr auf Fehmarn: Und in Bürgermeister Jörg Weber (SPD) haben die Wendels einen prominenten Fürsprecher. Der gerade für weitere sechs Jahre gewählte Fehmaraner Verwaltungschef findet es „schön und gut, dass der Trend in Blieschendorf umgekehrt wird“, denn auf der Insel gebe es schon genug Ferienwohnungen: „Wenn so auf einen Schlag 29 neue Dauermietwohnungen entstehen könnten, wäre das keine kleine Hausnummer.“ Von Andreas Oelker