Schlechtes Arbeitsklima in der Verwaltung? Personalnot im Rathaus von Timmendorfer Strand

Wie lange ist die Timmendorfer Verwaltung noch arbeitsfähig? Diese bange Frage kam direkt nach der Sondersitzung des Bauausschusses am Dienstagabend auf, nachdem dessen Mitglieder für die Empfehlung gestimmt hatten, die finanzielle Entscheidungsfreiheit von Bürgermeister Robert Wagner (parteilos) deutlich herabzusetzen. Denn folgt der Hauptausschuss dieser Empfehlung, bedeutet das einen Berg Mehrarbeit für die Verwaltung – die ohnehin geschwächt sein soll. Auffällig viele Stellenanzeigen der Gemeinde sind in den vergangenen Monaten erschienen, von einer extrem starken Personalabwanderung ist die Rede. Lesen Sie dazu auch: Offener Machtkampf: Bürgermeister darf kaum noch Geld alleine ausgeben „Keine Personalreserven“ im Baubereich: Wird der Handlungsspielraum des Bürgermeisters so drastisch eingeschränkt, wie es die Empfehlung des Bauausschusses vorsieht, benötigen künftig auch kleinere Maßnahmen – etwa Anschaffungen ab 5000 Euro – grünes Licht von der Politik. Vorlagen müssen erarbeitet und geprüft, zusätzliche Ausschusssitzungen anberaumt werden. Deren Vor- und Nachbereitung sowie ihre Durchführung werden „zusätzliche Personalkapazitäten erfordern“, erklärt Wagner in seiner Stellungnahme zum Ergebnis der Sondersitzung. Im Baubereich etwa verfüge die Verwaltung derzeit über „keine Personalreserven“. Das werde die Mitarbeiter in ihrer täglichen Arbeit einschränken und „zusätzlichen persönlichen Aufwand“ mit sich bringen. „Gerade in einer Phase des Fachkräftemangels im Öffentlichen Dienst sind solche Empfehlungsbeschlüsse nicht dienlich“, endet die Stellungnahme. Gleich sieben Stellenanzeigen der Gemeinde erschienen „im Paket“ Anfang Januar. Gesucht: insgesamt fünf Sachbearbeiter für die beiden Fachdienste Bauverwaltung und Finanzen, ein Standesbeamter sowie ein Gärtnermeister. Nur zwei dieser Stellen seien jedoch frei geworden, weil die Mitarbeiter gekündigt hätten, berichtete Wagner auf LN-Anfrage. Drei andere seien von der Politik neu bewilligt, eine weitere aufgestockt worden, und für ein Stellenangebot hätten „keine geeigneten Bewerbungen im Jahr 2019“ vorgelegen. Keine freien Stellen in der Nachbargemeinde Scharbeutz: Auf der Internetseite der Gemeinde tauchen diese Stellenanzeigen inzwischen nicht mehr auf. Jetzt werden dort ein Fachdienstleiter und ein Fachangestellter für den Bereich Bildung, ein Sozialpädagoge, ein Sachbearbeiter im Klimaschutzmanagement sowie vier Außendienstmitarbeiter für die Saison 2020 für den Fachdienst Sicherheit und Ordnung gesucht. Laut Wagner gibt es im aktuellen Stellenplan der Gemeinde insgesamt 149 Stellen. Zum Vergleich: In der Scharbeutzer Gemeindeverwaltung sind es 117 Stellen, davon ist laut Sekretariat des Bürgermeisters eine Vollzeitstelle im Bereich Steuern frei. Diese werde jedoch zum 1. Februar besetzt. Lesen Sie hier: Öffentlicher Dienst: Mitarbeiter dringend gesucht Ein Grund für die zahlreichen freien Stellen in der Timmendorfer Verwaltung sei der Fachkräftemangel im Öffentlichen Dienst, sagt Wagner. Das sei „definitiv ein Thema“, bestätigt die Eutiner Stadtsprecherin Kerstin Stein-Schmidt. In der Eutiner Verwaltung (146 Vollzeitstellen) seien derzeit acht Stellen nicht besetzt. Darunter seien ebenfalls neu geschaffene Stellen. Wegen des Baubooms sei es „besonders herausfordernd, Personal aus dem Baubereich zu rekrutieren“, meint die Stadtsprecherin. Auch aus Scharbeutz heißt es, dass generell immer weniger Bewerbungen auf ausgeschriebene Stellen eingingen. FDP-Chef Herrmann: Mehr als 20 Mitarbeiter haben gekündigt: Gegenwind bekommt Timmendorfs Bürgermeister vom FDP-Ortsvorsitzenden Ulrich Herrmann: „Herr Wagner muss sich fragen lassen, warum in seiner 18-monatigen Amtszeit schon mehr als 20 Mitarbeiter gekündigt haben.“ Er verweist auf einen weiteren Aspekt: das immer lauter werdende Gerücht, dass in der Timmendorfer Verwaltung inzwischen ein überaus negatives Betriebsklima herrsche. „Das soll grottenschlecht sein, und das ist noch freundlich formuliert“, sagt Herrmann. Diesen Eindruck entnehme er dem Personalbericht und einzelnen Gesprächen mit Mitarbeitern. „Die dramatische Abwanderung der Mitarbeiter ist auch der Grund, warum die Fraktionen in der Sondersitzung so brutal vorgegangen sind“, erklärt der FDP-Chef. Wagner: In der Verwaltung wurde zu wenig ausgebildet: Wagner nennt als einen Grund für den Personalengpass das hohe Arbeitsaufkommen in einer Tourismusgemeinde. Zudem sei in der Timmendorfer Verwaltung in den vergangenen Jahren nicht genug ausgebildet worden, „um die demografische Entwicklung aufzufangen“. Der Krankenstand in der Verwaltung sei sicherlich auch auf den Aufgabenzuwachs und die Arbeitsbelastung zurückzuführen. „Zusätzlich werden Arbeits- und Dienstleistungen in den betroffenen Bereichen in Einzelfällen extern vergeben“, erklärt er. Nach LN-Informationen soll beispielsweise die Gemeinde Scharbeutz bereits Amtshilfe geleistet haben. Vermutlich wird das Thema Personalmangel auf die Tagesordnung der nächsten Hauptausschuss-Sitzung kommen. Sie findet am Dienstag, 11. Februar, statt. Vermisster 81-Jähriger aus Fehmarn tot aufgefunden Offener Machtkampf: Bürgermeister darf kaum noch Geld alleine ausgeben Lensahn: Lkw-Fahrer mit 2,14 Promille auf der A 1 unterwegs Brexit: Briten lassen sich in Ostholstein einbürgern Ratekau wehrt sich gegen Windkraftpläne des Landes Ministerpräsident Günther verleiht vier Ostholsteinern die Ehrennadel Von Sabine Latzel

Timmendorfer Strand - Schlechtes Arbeitsklima? Personalnot im Timmendorfer Rathaus