Singen per Zoom: So funktionieren die virtuellen Chorproben in Malente

Neben dem Computermonitor steht ein Notenständer. Auf dem Schreibtisch liegen Maus, Tastatur und E-Piano. Die Kirchenmusikerin Susanne Schwerk hat ihr heimisches Arbeitszimmer in ein kleines Tonstudio verwandelt. Seit einigen Wochen organisiert die Malenter Kantorin virtuelle Chorproben. Die Startphase des Projektes gestaltet Schwerk mit dem Jugendchor der Kirchenregion Holsteinische Schweiz. „Die meisten Kinder verfügen mittlerweile durch das Home-Schooling über die technischen Voraussetzungen und sind mit den Programmen vertraut“, erklärt Schwerk. Die jungen Chormitglieder haben eine elektronische Einladung – einen Link – bekommen, mit dem sie sich auf einer Plattform des Kommunikationsprogramms Zoom zu einer Videokonferenz anmelden können. Beim Singen sind die Mikros stumm: 15 Minuten vor dem eigentlichen Probenbeginn geht Schwerk online. „Ich bin gespannt, ob die Technik so funktioniert, wie sie soll.“ Klick für Klick öffnen sich auf dem Bildschirm kleine Fenster. Sechs Mädchen winken erwartungsfroh in die Kameras. Schnell schallt fröhlicher Smalltalk durch das Büro. „Wenn wir gleich anfangen, schaltet bitte eure Mikrofone stumm“, bittet Schwerk. Hintergrund: Die Signale der unterschiedlichen Computer laufen nicht synchron bei Schwerk ein. Glasfaser oder Kupferkabel, WLAN- oder LAN-Verbindung, Bluetooth oder Mobilfunknetz. Es gibt viele Quellen, die Einfluss auf die Geschwindigkeit der Datenübertragung haben. Plötzlich werden zwei Fenster schwarz. „Jetzt habt ihr auch die Kameras ausgeschaltet. Das ist der Button gleich neben dem Mikro“, informiert Schwerk die beiden Jugendlichen. Wenig später leuchten die Felder wieder auf. „Ich kann euch alle sehen, ihr mich hoffentlich auch hören. Wir fangen jetzt einfach mal an“, sagt Schwerk. Alle Mädchen heben den Daumen. Keine Live-Auftritte für längere Zeit: Vor dem gemeinsamen Singen stehen ein paar Lockerungs- und Stimmübungen auf dem Programm. Schultern hochziehen und fallenlassen, dabei tief ein- und schnaufend ausatmen. Ein paar Tonleitern werden geträllert. Dann kommt das erste Lied mit dem Refrain „Meine Seele wird gesund“. In Vorbereitung auf Ostern gibt es dann ein „Gloria“. „Es wäre schön, wenn ihr dieses Lied als Ton- und Videoaufnahme einspielt und mir zuschickt“, sagt Schwerk. Vielleicht könne man aus dem Material ja einen Film zusammenschneiden, den man dann im Gottesdienst zeige. Denn Live-Auftritte werde es für Chöre in nächster Zeit wahrscheinlich nicht geben, vermutet Schwerk. Schließlich gelte Gesang als potenzielles Super-Spreader-Event. Aus diesem Grund plane sie, mit den nun gesammelten Erfahrungen das Konzept weiterzuentwickeln, um auch die Erwachsenenchöre ins Netz zu bringen. Bei den Kindern und Jugendlichen kommt dieses Angebot jedenfalls gut an. „Ich finde es toll, dass wir uns auf diese Weise als Chor treffen können“, sagt Blanca (11). Besonders wichtig sei ihr, dass jeder Teilnehmer persönlich mit dem eigenen Namen angesprochen werde. Denn ein direkter Blickkontakt sei ja nicht möglich. „Man sitzt ja ganz alleine vor dem Monitor.“ Aus diesem Grund freue sie sich auch, dass die Noten und Liedtexte auf Papier verschickt werden, erzählt Blanca. „Da hat man etwas in der Hand und muss nicht dauernd auf den Bildschirm schauen.“ Auch für Maike (12) ist das Zoom-Treffen eine gute Alternative zur Chorprobe. „Schade ist es, dass man die anderen nicht hört, wenn sie singen. Aber es ist eine schöne Abwechslung zum momentanen Alltag.“ Lesen Sie auch Leise Lieder unter der Maske: So feierten Eutiner Corona-Gottesdienst Corona: Droht Schulchören in Schleswig-Holstein das Aus? Corona: Musiklehrerin unterrichtet Schüler aus Malente via Skype Dank solcher Reaktionen ist das Zoom-Singen für Susanne Schwerk mehr als eine Notlösung. „Unsere Chöre haben sich seit Ende Oktober nicht mehr getroffen.“ Und für viele Sänger seien die sozialen Aspekte der Chormusik ebenso wichtig wie die musikalischen. Gerade in der aktuellen Situation komme derartigen Kontaktmöglichkeiten eine besondere Bedeutung zu, indem sie vielleicht ein bisschen Normalität vermitteln würden. Trotz oder vielleicht gerade auch wegen der neuen technischen Möglichkeiten sind auch neue Sänger willkommen. Eine Homepage mit Infos zu den verschiedenen Chören, Übungszeiten, geplanten Projekten und Konzerten ist im Aufbau: www.kirchenmusik-holsteinische-schweiz.de Von Dirk Schneider