Stockelsdorf: Urteil wegen Autorennen in der Segeberger Straße

Auf der Segeberger Straße nehmen drei Fahrzeuge an der Haltelinie einer Ampelanlage ihre Startaufstellung in Fahrtrichtung Bad Segeberg ein. Auf der ganz linken Spur, einer Abbiegerspur, positioniert sich ein silberner 3er BMW mit Plöner Kennzeichen. Gleich daneben auf gleicher Höhe dröhnen die Motoren einer Mercedes G-Klasse sowie eines SUV-BMWs aus Ostholstein. Das Spektakel hat Zuschauer – auf der anderen Straßenseite in Höhe einer Tankstelle stehen Menschen mit Handys in der Hand. Sie wollen ganz offensichtlich filmen, was sich gleich abspielen wird. Am Straßenrand in Höhe der nach 22 Uhr ausgeschalteten Ampelanlage an der Einfahrt zur Marienburgstraße steht ein Mann. Er gibt per Handzeichen das Kommando zum Start. Mit lauten Motorgeräuschen donnern die Fahrzeuge los – mit möglichst maximalem Tempo und zum Teil auf der Gegenfahrbahn in Richtung Famila Ravensbusch. Kurz davor steht auch eine Geschwindigkeitsanzeige. So oder so ähnlich spielten sich im Februar vorigen Jahres mehrere illegale Autorennen ab. Zwei Teilnehmer mussten sich dafür nun vor dem Lübecker Amtsgericht verantworten. Der dritte Fahrer konnte nicht ermittelt werden. Die beiden wegen verbotenen Kraftfahrzeugrennen angeklagten Männer wurden mit einer Geldstrafe von jeweils 70 Tagessätzen à 30 Euro belegt. Familienväter schweigen zu den Tatvorwürfen: In der besagten Februar-Nacht wollten die beiden Aufmerksamkeit erzeugen. Im Saal C 15 des Lübecker Amtsgerichts waren die beiden Familienväter im Alter von 30 und 35 Jahren eher darauf bedacht, nicht aufzufallen. Beide wollten sich zu den Tatvorwürfen nicht äußern. Und so kamen schließlich nur Belastungszeugen zu Wort. In erster Linie Anwohner der Segeberger Straße, die alle berichteten, dass illegale Autorennen dort häufiger vorkämen. Zwei Anwohnerinnen alarmierten unabhängig voneinander die Polizei. Doch bevor der erste Streifenwagen auftauchte, hatte sich die Renn-Szenerie schon aufgelöst. Dass sich an der Kreuzung Segeberger Straße/Marienburgstraße tatsächlich Fahrer von PS-starken Fahrzeugen zu Rennen verabredet hatten, konnte eine Zeugin mit einem Video belegen. Die bewegten Bilder, die auch bei Gericht vorgeführt wurden, zeigten allerdings nur, wie sich die Autos mit lauten Motorengeräuschen an der Ampel aufgestellt haben und wie die Mercedes G-Klasse kurzzeitig losdüste und die anderen beiden Autos stehenblieben. Verteidiger beantragten Freisprüche: Die Zeugen, die zum Teil einen der Beschuldigten kannten, verzettelten sich vor Gericht häufiger in Widersprüche. Mal stand der Mercedes auf der rechten Spur, mal auf der mittleren Fahrbahn. Der eine berichtete von mindestens vier Rennen, eine andere Zeugin hat nur drei wahrgenommen. Anlass genug für die Verteidigerin Susanne Elbert und ihren Kollegen Olaf Reinecke, die Aussagen der fünf Zeugen grundsätzlich infrage zu stellen. Zumal auch der damals ermittelnde Polizeibeamte in der Verhandlung zustimmte, dass die Zeugen sich bereits bei der ersten Vernehmung zum Teil widersprüchlich geäußert hätten. Beide Rechtsanwälte forderten in ihrem Schlussvortrag wenig überraschend Freisprüche für ihre Mandanten. Zumal man die Halter der Fahrzeuge nicht einfach mit den Fahrern gleichsetzen dürfe. Staatsanwältin Suhr räumte zwar ein, dass die Beweisaufnahme nicht voll umfänglich die Anklagevorwürfe bestätigt habe, allerdings sei es aus ihrer Sicht unstrittig, dass es zumindest zwei Rennen gegeben habe. Sie beantragte neben einer Geldstrafe (70 Tagessätze à 40 Euro) für beide Männer auch die Entziehung der Fahrerlaubnis. Eindrücke eines Autorennens: Angaben der Zeugen stimmen überein: Strafrichter Bennien folgte weitgehend der Argumentation der Staatsanwältin. Dass die Zeugen nach zwei Jahren Erinnerungslücken hätten, sei durchaus verständlich. Zumal es sich an dem Abend um ein sehr dynamisches Geschehen gehandelt habe. „Wenn alle genau dasselbe gesagt hätten, dann hätte ich die Akte gleich zuklappen müssen“, sagte Bennien. Übereinstimmend haben alle Zeugen allerdings von akustischen und optischen Eindrücken eines Autorennens berichtet. Beide Angeklagten wurden zudem in der Nähe des Tatortes mit ihren Fahrzeugen gesehen. Da der Tatvorwurf knapp zwei Jahre zurückliege, könne man zum derzeitigen Zeitpunkt nicht mehr sagen, dass die beiden Männer ungeeignet seien, ein Kraftfahrzeug zu führen. Schließlich seien nach Aktenlage keine weiteren Kfz-Delikte bekannt. Entsprechend kamen der selbstständige Auto-Mechatroniker und der Handy-Techniker mit Geldstrafen davon. Lesen Sie auch: Bad Schwartau: Bernd Kubsch geht nach 47 Jahren Dienst im Rathaus in den Ruhestand Nach Feuer in Tierfutter-Geschäft: Jugendliche und Hundehalter gesucht Bad Schwartaus Händler setzen auf Stadtgutscheine Von Sebastian Prey