Urteil im Prozess um Sereetzer Vater: Gericht verhängt Haftstrafe

Nach fünf Verhandlungstagen vor dem Lübecker Landgericht steht fest: Lasse P. (Name geändert) muss für seine Tat im April vergangenen Jahres in Haft. Die I. Große Strafkammer verurteilte den Familienvater aus Sereetz am Mittwoch, 10. Februar, wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstraße von zwei Jahren und neun Monaten. Allerdings wurde der Untersuchungshaftbefehl aufgehoben. Der Mann kommt also bis zur Vollstreckung der Haftstrafe auf freien Fuß. Damit wollte das Gericht ein Zeichen setzen. „Massive Gewalt gegenüber einem schutzlosen Kind“: Die Strafkammer sah es als erwiesen an, dass der 37-Jährige versucht hat, seinen damals einjährigen Sohn zu töten. Er hatte das Kind erst gewürgt und dann versucht, dem Jungen das Genick zu brechen. Der Vorsitzende Richter Christian Singelmann sprach von einem „tragischen Ereignis, das aber noch weitaus tragischer hätte enden können.“ Denn das Kind überlebte die Tat ohne körperliche Folgeschäden. „Dennoch hat der Angeklagte massivste Gewalt gegenüber einem schutzlosen Kind angewendet. Das mussten wir bei der Bemessung der Strafe beachten. Daher konnten wir nicht von einem minder schweren Fall des versuchten Totschlags ausgehen“, sagte Singelmann. Die Kammer hielt dem Angeklagten allerdings zu Gute, dass er sich von Anfang an geständig gezeigt hatte. Unter Tränen hatte Lasse P. am ersten Prozesstag erzählt, wie er erst das Kind gewürgt hatte und schließlich sich selbst töten wollte. „Ein solches Geständnis, das sichtlich von Reue getragen wurde, erleben wir nicht alle Tage“, sagte Singelmann. „Die Ausführungen waren schonungslos, der Angeklagte hat nichts beschönigt.“ Lesen Sie auch Vater aus Sereetz wollte Sohn (1) töten: Verteidiger fordert Bewährung Wegen Corona: Vater gesteht unter Tränen, Sohn (1) gewürgt zu haben Tötungsversuch nach Corona-Depression: Familie hält vor Gericht zum Angeklagten Gericht: Steuerungsfähigkeit war nicht aufgehoben: Positiv für Lasse P. wertete die Kammer zudem, dass er zum Tatzeitpunkt eine Anpassungsstörung mit einer depressiven Tönung hatte – unter anderem ausgelöst durch die Elternzeit und die Corona-Krise. Die Steuerungsfähigkeit war dadurch zum Tatzeitpunkt eingeschränkt. Der Verteidiger hatte in seinen Plädoyer darauf abgestellt, dass diese sogar gänzlich aufgehoben gewesen sei. „Das sehen wir allerdings nicht so. Der Angeklagte hatte eine gute Wahrnehmung, auch während der Tatausführung“, führte der Richter in seiner Urteilsbegründung aus. Familienvater bekommt Zeit, um Dinge zu regeln: Der Untersuchungshaftbefehl wurde aufgehoben, weil das Gericht keine Fluchtgefahr annahm und sich der psychische Zustand von Lasse P. stabilisiert habe. „Wir wollen damit auch ein Zeichen setzen“, betonte Singelmann und wandte sich direkt an den Angeklagte. „Sie können die Zeit nutzen, um einige Dinge zu regeln und sich beispielsweise schon mal bemühen, auf die Warteliste bei einem Psychologen zu kommen.“ Von Maike Wegner