Wiedereröffnung während Corona: So bereiten sich Ostholsteins Läden vor

Aufatmen bei vielen Einzelhändlern: Die Zwangsschließungen haben ein Ende. Von Montag, 20. April, an dürfen Geschäfte bis zu einer Größe von 800 Quadratmetern Verkaufsfläche unter strengen Hygienevorgaben wieder öffnen. Auch Kaufhäuser können wieder Kunden empfangen. Sie müssen ihre Verkaufsfläche allerdings auf die zugelassene Größe einschränken. Das sorgt bei einigen Geschäftsführern und Inhabern für Unmut. Matzen: Verkaufsfläche im Erdgeschoss: Lars Matzen wird sein Kaufhaus in Bad Schwartau wiedereröffnen, ebenso die Filialen in Travemünde und Scharbeutz. Der Geschäftsführer hat in Bad Schwartau 800 Quadratmeter Fläche im Erdgeschoss abtrennen lassen, um dort eine Auswahl des gesamten Sortiments zu präsentieren. „Wir müssen uns an das herantasten, was jetzt gefragt ist“, sagt er. Die Quadratmetervorgabe kritisiert er heftig: „Diese Zahl ist aus der Luft gegriffen, vollkommen bescheuert.“ Nachvollziehbar wäre für ihn gewesen, wenn die Mindestanzahl von Menschen auf einer bestimmten Fläche beschränkt worden wäre, sagt er. Besonders erzürnt ihn, dass er öffnen wird, „ohne von der Landesregierung auch nur eine Verordnung oder ein Merkblatt bekommen zu haben. Ich muss mich auf das verlassen, was ich am Donnerstagabend im Fernsehen von unserem Ministerpräsidenten gehört habe“. Lesen Sie auch: Einkaufen per Videoanruf: Kaufhaus Stolz reagiert auf Corona-Pandemie Von Eutin bis Fehmarn: So will der lokale Handel der Krise trotzen Kaufhaus Stolz öffnet in Scharbeutz, Heiligenhafen und auf Fehmarn: Martin Stolz, Inhaber der Kaufhaus Stolz GmbH mit insgesamt 33 Filialen in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern, ist froh, „dass das Land mit ein bisschen mehr Augenmaß entschieden hat und wir unsere größeren Häuser mit Abtrennungen öffnen können“. Gleichwohl sei ihm die Regelung „unverständlich. Lebensmittelmärkte und Baumärkte dürfen geöffnet haben, obwohl sie teilweise dasselbe Sortiment führen wie wir. Da ist der Gleichheitsgrundsatz nicht beachtet worden.“ Die LN-Hilfsplattform „Support your local“ bietet nach wie vor Kunden und Geschäftsinhabern die Möglichkeit, in der Coronaviruskrise zusammenzufinden. Viele Läden haben in diesen Tagen etwa auf einen Lieferservice umgestellt oder bieten einen Gutscheinkauf an, andere bitten um Spenden. Alle Einträge – schon jetzt sind es mehr als 400 – finden Sie unter www.ln-online.de/supportyourlocal. Dort gibt es auch weiterhin die Möglichkeit, einen neuen Eintrag hinzuzufügen. Sollten sich im Rahmen der nun von der Landesregierung beschlossenen Lockerungen bei Ihnen als Laden-oder Restaurantbetreiber jetzt Änderungen bei den Öffnungszeiten oder Angeboten ergeben haben, mailen Sie uns diese bitte an machmit@LN-luebeck.de. Die LN passen den Eintrag im Portal dann entsprechend an. In Ostholstein wird Stolz die beiden Filialen in Scharbeutz (unter 800 Quadratmeter) öffnen, dazu in Heiligenhafen das Erdgeschoss der dortigen Filiale. Auf Fehmarn können seine Mitarbeiter ab Montag in einem abgegrenzten Bereich unter anderem Geschenkartikel, Schuhe, Bekleidung verkaufen. „Natürlich erfüllen wir alles, was an Hygiene-Vorgaben verlangt wird“, sagt Martin Stolz. LMK-Chef hält Sammelklage für möglich: Von einer Wettbewerbsverzerrung spricht Thomas Menke, Inhaber der LMK Einkaufswelt in Eutin. „Alle möglichen Geschäfte haben die ganze Zeit über verkaufen können. Das ist ungerecht“, beklagt er. Er könne sich eine Sammelklage gegen das Land oder den Bund vorstellen. „Die Quadratmetervorgabe ist sehr willkürlich“, findet auch er. In seinem Kaufhaus werden ab Montag im Erdgeschoss die Parfümerie Schuback sowie der Tabakwaren- und Zeitschriftenhandel öffnen. LMK selbst stellt auf 800 Quadratmetern Damen- und Herren-Mode, Lederwaren, Heimtextilien und Strumpfwaren zusammen. Auch die Sportabteilung im Untergeschoss, die als eigenständige Firma laufe, werde öffnen, kündigt Menke an. Alle Bereiche seien voneinander abgegrenzt und über eigene Eingänge erreichbar. „Die Arbeiten dafür sind mit hohen Material- und Personalkosten verbunden“, sagt der LMK-Inhaber. Ein besonders großes Problem des Textileinzelhandels sei zudem, dass ein Monat Abverkauf fehle: „Übergangsware werden wir jetzt gar nicht mehr los“, sagt er. Eska-Chef: „Wenigstens ein Anfang“: Rund 3500 Quadratmeter Verkaufsfläche habe sein Kaufhaus Eska in Neustadt, sagt Jürgen Mohr. Auf den erlaubten 800 Quadratmetern werden dort von Montag an Damen- und Herrenmode sowie Schreibwaren angeboten. „Alles andere wird auf Wunsch für die Kunden herausgesucht“, erklärt der Chef. Über die räumliche Beschränkung ist auch nicht glücklich. „Aber es ist immerhin ein Anfang. So fallen wir nicht ganz hinten runter.“ Das LN Corona-Update als Newsletter Alle News zum Coronavirus in Lübeck dienstags bis samstags gegen 7 Uhr im E-Mail-Postfach Stimmung bei kleinen Läden besser: Bei den kleinen inhabergeführten Läden ist die Stimmung erwartungsgemäß anders. Gerade fünf Wochen war Inga Salopiata in Eutin mit ihrem Geschäft für Deko- und Wohnaccessoires ansässig, da ereilte auch sie die Anordnung zu schließen. „Das war ein Tiefschlag“, sagt sie. Dass sie am Montag wiedereröffnen kann, lässt sie strahlen. „Ich freue mich riesig. Es wird Zeit, dass es wieder losgeht.“ Der Online-Verkauf habe ihr einigermaßen über die vergangenen Wochen geholfen. In der Buchhandlung Hoffmann ist alles für Montag vorbereitet, die Hygienevorschriften sind umgesetzt. Auch wenn der Lieferservice in den vergangenen Wochen „viel besser als erwartet“ angenommen worden sei, sind Jan und Martina Hoffmann doch erleichtert, dass sie ihre Kunden wieder persönlich im Laden beraten können. Der Verlust in der Zwangspause werde nicht aufgefangen werden können, sagt Jan Hoffmann: „Das Ostergeschäft ist das Weihnachtsgeschäft des Frühjahrs.“ Sorge bei kleinen Händlern: Werden die Kunden kommen? Mit gemischten Gefühlen blickt auch Anja Hardell auf die Wiedereröffnung ihrer Goldschmiede in Bad Schwartau. „Ich freue mich, habe aber auch ein wenig Bedenken“, sagt die Goldschmiede-Meisterin. Schließlich sei auch in den nächsten Wochen nicht an einen normalen Betrieb zu denken. „Viele Menschen befinden sich in einer Art Schockstarre und werden sich entsprechend weiter zurückhalten“, vermutet Hardell. In Malente führt Basti Bauer sein Bekleidungsgeschäft. Seitdem er am 18. März schließen musste, hat er sich um Renovierungsarbeiten gekümmert. Auch er ist auf die Wiedereröffnung mit den verlangten Hygienemaßnahmen vorbereitet. „Erlaubt ist, dass sich auf 20 Quadratmetern eine Person aufhalten kann. Das sind dann für meinen Laden 14 Kunden“, sagt er. Bauer fürchtet allerdings, dass sich „in der kommenden Woche wenig bis gar nichts im Geschäft tun wird. Wir leben in Malente stark vom Tourismus. Den gibt es ja nicht. Und unsere Kur-Kliniken sind kaum belegt.“ Die LN-Themenseite mit allen Artikeln zum Thema Corona Coronavirus in und um Lübeck: Diese Texte sollten Sie gelesen haben Coronavirus in SH: Das ist die aktuelle Zahl der Infizierten Liveblog zur Corona-Krise: Das ist die Lage in Lübeck und Schleswig-Holstein Alle aktuellen Informationen aus Deutschland und der Welt im Live-Blog #supportyourlocal: Machen Sie Ihr Angebot bei uns bekannt #supportyourlocal: So helfen Sie Geschäften, Restaurants und Freiberuflern in Lübeck Weitere Lockerungen: Schleswig-Holstein öffnet Tierparks und Einkaufscenter Diese Großveranstaltungen fallen im Norden aus So fährt Schleswig-Holstein ab 4. Mai die Schulen wieder hoch Die Regeln für Schleswig-Holsteins Abi-Prüfungen Hier bekommen Betriebe im Norden Hilfe LN-Umfrage zur Corona-Krise: Mehrheit für längeres Kontaktverbot Corona löst Digital-Boom an Schleswig-Holsteins Schulen aus Infektiologe: „Wir haben keine Sicherheit, auf der wir uns ausruhen können“ Auch Mittelständler können jetzt Zuschuss beantragen Coronavirus: So kooperieren die Lübecker Forscher Lübecks Bürgermeister beantwortet die Fragen der Bürger Corona: 17 Ärzte und Pfleger in Lübeck infiziert Von 150 bis 4000 Euro: Alle Bußgelder für Schleswig-Holstein im Überblick Was passiert, wenn ich als Infizierter in die Klinik muss? UKSH verdoppelt Zahl der Intensivbetten Striktes Besuchsverbot in allen Kliniken und Pflegeheimen Quarantäne – was bedeutet das für mich? Von Ulrike Benthien, Sebastian Prey

Corona - Jetzt wird gewerkelt: So bereiten sich Ostholsteins Geschäfte auf die Wiedereröffnung vor