Wulfener Hals: Campingplatz auf Fehmarn im Corona-Winter-Lockdown

Ein Urlaubsparadies auf Fehmarn geht in Notbereitschaft ins neue Jahr: Dank des seit Anfang November erneut geltenden, auch schon beim ersten Lockdown im Frühjahr verordneten Beherbergungsverbotes von Gästen „zu touristischen und anderen privaten Zwecken“ liegt auch der ganzjährig betriebene Camping- und Ferienpark Wulfener Hals weitgehend brach. 34 Hektar umfasst die Fünf-Sterne-Anlage, hinzu kommt der 54 Hektar große Golfpark. 860 Standplätze für Caravans und Wohnmobile gibt es hier, außerdem 60 Ferienwohnungen, Mobilheime und Ferienhäuser sowie 100 Mietwohnwagen. Zur Hauptsaison tummeln sich gut 130 Mitarbeiter auf dem Areal. Jetzt hat zwischen den Jahren nur eine Notbesetzung an der Rezeption Dienst, die die rund 50 Dauercamper betreut. Malte Riechey (42), der die Geschäfte auf Fehmarn seit 2013 in dritter Generation gemeinsam mit seinem Vater Volker (73) führt, erklärt: „Für unsere wenigen Gäste, die bei einer Platzmietdauer ab fünf Monaten ja vom Beherbergungsverbot ausgenommen sind, halten wir einige Toiletten offen. Ansonsten müssen sie sich selbst versorgen.“ 2500 Gäste mussten wieder ausgeladen werden: Dass Familie Riechey nach dem Weihnachtsfest nun auch Silvester im allerkleinsten Kreis feiern wird, war alles andere als geplant. Der 42-jährige Diplom-Ökonom bedauert: „Wir wären zur Jahreswende ohne Corona wohl wieder genauso ausgebucht gewesen wie 2019 und hätten mit 2500 Gästen das neue Jahr begrüßen können. Aber so mussten wir alle wieder ausladen und können nach dem weggebrochenen Weihnachtsgeschäft nur darauf hoffen, dass es dann zumindest zu Ostern wieder losgehen kann.“ Umsatzverlust 2020 liegt im sechsstelligen Bereich: Mit Blick auf die pandemiebedingten Umsatzverluste in der Saison 2020 konstatiert auch Volker Riechey: „Der entstandene Schaden liegt sicher im sechsstelligen Bereich, auch wenn wir dank zusätzlicher Nachfrage etwa im Juni und September seit dem ersten Lockdown fast durchgehend ausgebucht waren.“ Sohn Malte merkt dazu an: „Das Schlimmste war die Ungewissheit im Frühjahr, die Angst vorm kompletten Zusammenbruch. Immerhin konnten wir am Ende ja noch ein vernünftiges Ergebnis einfahren, auch wenn wir wohl gut 150 000 Euro in die Umsetzung des Hygienekonzepts investieren mussten.“ Der Camping- und Ferienpark Wulfener Hals hat 2020 im alljährlichen ADAC-Ranking seinen Platz als beliebtester Campingplatz in Deutschland behauptet. Unter den nationalen Top Ten sind sogar noch zwei weitere Ostholsteiner Anbieter zu finden: Rosenfelder Strand Ostsee-Camping in Grube kletterte als Vorjahres-Zwölfter auf Rang sechs, und Camping Miramar auf Fehmarn verbesserte sich von Position 15 auf Platz acht. Laut ADAC Camping stützt sich die Rangliste auf Seiten- und Suchanfragen in seinem Internet-Portal Pincamp. Es erfasst euopaweit über 9000 Campingplätze, 8000 Reiseziele und 30 000 Nutzerbewertungen. Der ADAC rief die Urlauber vor dem Hintergrund des großen Andrangs im vergangenen Sommer auf, Stellplätze für die nächste Saison rechtzeitig zu buchen. Reinigungskräfte nähen und besticken 4000 Stoffmasken: Damit bezieht er sich neben dem coronakonformen Umbau des Event-Areals mit seinen von beheiz- und beleuchtbaren Sonnenschirmen überspannten 250 Außenplätzen vor allem auf die Anschaffung von 50 Desinfektionsspendern, 1500 Litern Desinfektionsmittel und fünf mobilen Hepa-14-Raumluftfiltern zum Stückpreis von 6000 Euro für die Rezeption, den Sanitärbereich und die drei Restaurants. „Dazu mussten wir unsere insgesamt sieben gastronomischen Einrichtungen auf der Anlage natürlich auch mit Spuckschutz- und Trennwänden ausstatten und haben im ersten Lockdown mit unseren 15 Reinigungskräften aus heimischen Stoffen 4000 zweilagige Baumwoll-Schutzmasken selbstgenäht und selbstbestickt“, berichtet der 42-Jährige. Dabei stellt Riechey junior angesichts neugebauter Zuwegungen und automatischer Zugangskontrollen etwa am Swimmingpool zugleich klar: „Der Aufwand hat sich ausgezahlt. Es gab bei uns trotz der vielen Tausend Gäste im Sommer und Herbst bis heute nicht eine einzige Corona-Infektion – wir hatten lediglich drei Verdachtsfälle im Personal, die sich zum Glück nicht bestätigten.“ Insofern sei er zwar „zu 90 Prozent sicher, dass der jetzige Lockdown zumindest bis Ende Januar verlängert wird“, geht bei gut einem Drittel mehr Vorbuchungen als im Vorjahr aber davon aus, „dass im April – wenn auch unter Auflagen – der Start in eine gute Saison 2021 erfolgen kann“. Lesen Sie auch Stellflächen für Wohnmobil und Zelt: Das sind die neuen Pop-up-Camps Boom trotz Corona: Wohnmobil-Handel in Ostholstein brummt auch im Herbst Wohnmobil-Boom: Nach Corona-Lockerungen werden Stellplätze an der Ostsee knapp In diesem Zusammenhang kritisiert Riechey senior: „Die Bundesregierung hätte sich viel besser mit dem Corona-Impfstoff eindecken sollen, um eine zügigere Verimpfung zu gewährleisten.“ Und sein Sohn findet: „Auch wenn besonders unsere Landesregierung in der Krise vieles richtig macht, war der Teil-Lockdown ein katastrophaler Fehler. Man hätte schon Anfang November alles komplett abriegeln müssen.“ „Kurzarbeit-Regelung hat uns im Frühjahr gut geholfen“: Malte Riechey räumt bei aller Kritik jedoch auch ein: „Die Kurzarbeit-Regelung, die uns schon im Frühjahr gut geholfen hat, werden wir auch jetzt ab Januar wieder für einige Mitarbeiter in Anspruch nehmen und das Gehalt allerdings freiwillig so aufstocken, dass für sie kein Nachteil entsteht.“ Für die verbleibende Crew der 60-köpfigen Stammbelegschaft gibt es in den ersten Wochen und Monaten des neuen Jahres indes auch ohne Gäste genug zu tun: Denn neben der normalen Platz- und Grünflächenpflege, den alljährlichen Umbau-, Reparatur- und Modernisierungsmaßnahmen soll auch die mit insgesamt 500 000 Euro veranschlagte Wasserwerk-Erweiterung vollendet sein, wenn das Urlaubsparadies auf der Sonneninsel zu neuem Leben erwacht. Von Andreas Oelker