Abgesagte Klassenfahrten: Eltern müssen noch sehr lange auf das Geld vom Land warten

Für über 200 Schüler und ihre Eltern aus Leezen und Bad Bramstedt ist es eine doppelte Enttäuschung: Am 11. März, kurz vor dem Lockdown, teilte das Bildungsministerium mit, dass alle Klassenfahrten, und damit auch die beliebte Englandfahrt der Schüler wegen der Corona-Krise abgesagt werden müssen. Betroffen waren auch die Klassenfahrten des sechsten Jahrganges des Schulzentrums Leezen an die Nordsee und die des achten Jahrgangs nach Dresden. „Dann hieß es, dass die Eltern die Stornokosten ganz unbürokratisch vom Land ersetzt bekommen“, sagt die Elternbeiratsvorsitzende des Schulzentrums, Anja Staack. Doch nachdem die Eltern im Juni ihre Anträge eingereicht hätten, habe man nie wieder etwas vom Ministerium gehört. Eltern, die beim Ministerium nachgefragt hätten, hätten auch keine Informationen bekommen, berichtet der stellvertretende Elternbeiratsvorsitzende Torsten Bukowski. Eltern zahlten 315 Euro pro Kind: Dabei geht es teilweise um erhebliche Summen. An der Sprachreise nach England sollten 62 Schüler aus Leezen und Bad Bramstedt teilnehmen. „Die Eltern haben 315 Euro pro Kind bezahlt“, sagt Staack. Und Bukowski ergänzt: „Für einige ist das viel Geld.“ Vom Reiseveranstalter gebe es keine Rückerstattung. „Die Entscheidung, dass alles storniert werden muss, hat das Bildungsministerium schon wenige Tage vor der offiziellen Reisewarnung am 16. März gefällt. Außerdem ist die Fahrt erst vier Tage vor dem geplanten Beginn am 15. März abgesagt worden“, erklärt Staack. Die Eltern blieben also auf den vollen Kosten sitzen. Für die Eltern, deren Kinder im Mai auf Klassenfahrt gehen sollten, ist es weniger schlimm. Sie bekamen ihre Anzahlungen, die einmal bei 50 und einmal bei 60 Euro lagen, nicht zurück. Antrag sorgt für Verwirrung: Doch die versprochene Erstattung habe sich dann doch nicht so unbürokratisch dargestellt. Staack: „Zunächst sollten die Anträge an das Schulamt gestellt werden. Dann hieß es, die Anträge seien hinfällig und sollten nun an das Ministerium gestellt werden. Die Lehrer haben uns zudem noch erklärt, dass es bei der Rückerstattung auch darum geht, ob man bedürftig und auf das Geld angewiesen ist.“ Der Antrag vom Ministerium sorgte zudem für Verwirrung, denn darin steht nicht ausdrücklich, wie sich die finanzielle Situation von Eltern darstellen muss, damit sie das Geld erstattet bekommen. Allerdings sollen die Antragsteller angeben, ob die Stornokosten für sie „eine persönliche Härte darstellen“. Eltern wollen nur informiert werden: Den Elternvertretern geht es bei ihrer Kritik nicht darum, dass die Eltern möglichst sofort ihr Geld ausbezahlt bekommen. „Wir haben vollstes Verständnis, wenn es da erstmal Wichtigeres zu tun gibt und die Auszahlung noch etwas dauert“, sagt Bukowski. Allerdings habe man nun seit über drei Monaten gar keine Reaktion erhalten. „Wir möchten nur einfach mal wissen, ob die Anträge eingegangen sind und wie der Stand der Bearbeitung ist“, erklärt Staack. Auszahlung kann noch sehr lange dauern: Wann die Eltern mit der versprochenen Erstattung rechnen können, gibt das Bildungsministerium nicht bekannt. Auf eine LN-Anfrage heißt es aus dem Bildungsministerium lediglich: „Angesichts der hohen Zahl und des erheblichen Arbeitsaufwandes bei der Bearbeitung der Anträge wird das noch einige Zeit in Anspruch nehmen.“ Der Stand der Bearbeitung lässt jedoch auf eine sehr lange Wartezeit schließen, denn es warten noch sehr viele Eltern in ganz Schleswig-Holstein auf die Erstattung der Stornokosten. „27 700 Anträge auf Erstattung sind eingegangen, davon sind bisher 1790 bearbeitet und ausgezahlt“, sagt eine Sprecherin des Ministeriums. Dabei seien rund 287 300 Euro ausgezahlt worden. Sollte die Bearbeitung im gleichen Tempo weitergehen, würde es noch über drei Jahre dauern, bis die letzten Anträge bearbeitet sind. Dabei könnten sogar noch mehr Anträge hinzukommen, wenn auch im neuen Schuljahr noch Klassenfahrten abgesagt werden müssen. Offenbar sollen übrigens tatsächlich nur Eltern die Leistung einfordern, die wirklich darauf angewiesen sind. Kontrolliert werden soll dies jedoch nicht. Das geht aus einer Aussage von Bildungsministerin Karin Prien (CDU) hervor, auf die das Ministerium weiterhin verweist. Dort heißt es wörtlich: „Wir vertrauen darauf, dass Sie als Betroffene am besten einschätzen können, ob Sie diese freiwillige Leistung des Landes zur Abwendung einer persönlichen Härte tatsächlich benötigen. Daher ist das Beifügen von entsprechenden Nachweisen entbehrlich.“ Von Sven Wehde