Altenheim in Itzstedt: Corona-Kündigung war rechtens

Die Kündigung einer Reinigungskraft eines Alten- und Pflegeheims in Itzstedt schlägt weiter hohe Wellen. Die Mitarbeiterin war bei der Demonstration gegen die Corona-Auflagen in Berlin gewesen und hatte sich anschließend am Montag krank gemeldet. Sie weigerte sich jedoch, einen Corona-Test zu machen. Ihr wurde von der Heimleitung fristlos gekündigt. Das Heim wurde daraufhin von Corona-Leugnern angerufen und beschimpft. In den sozialen Medien überwiegt hingegen die Solidarität mit dem Heim „Haus Itzstedt“. „Der Arbeitgeber hat korrekt gehandelt. Er hat eine Fürsorgepflicht für die Bewohner und Mitarbeiter“, heißt es da in den Facebook-Kommentaren unter dem LN-Artikel oder „Richtig so, wer sich selbst und andere in Gefahr bringt, hat nichts in einem Pflegeheim zu tun.“ „Die Dame bietet durch ihr Verhalten nicht mehr die Gewähr, sich an die Hygienerichtlinien ihres Arbeitgebers zu halten“, schreibt eine andere Userin. Kündigung in der Probezeit leicht möglich: Diskutiert wird im Netz auch die Frage, ob die Kündigung rechtens war. „Da die Mitarbeiterin noch in der Probezeit war, reichen ganz weiche Gründe, wenn zum Beispiel der Arbeitgeber das Gefühl hat, dass es menschlich nicht passt“, erklärt Rechtsanwalt Wolfram Dudda. Genau das sei hier gegeben. Schließlich sei die Probezeit ja dafür da, sich näher kennenzulernen. Der Arbeitsrechtler: „Natürlich steht es der Mitarbeiterin frei, zum Arbeitsgericht zu gehen, aber ich sehe da keine Erfolgsaussichten.“ In ihren Job zurück kann die Reinigungskraft also wohl nicht, allerdings stehen die Chancen gut, dass die Kündigung in eine fristgerechte Kündigung umgewandelt werden muss. „Eine fristlose Kündigung sehe ich als nicht gedeckt an. Es wäre sinnvoll, sich hier auf eine fristgerechte Kündigung zu einigen“, sagt Dudda. In der Probezeit beträgt diese Frist vierzehn Tage. Eine fristlose Kündigung könnte ansonsten Nachteile wie Schwierigkeiten bei der Suche nach einem neuen Job – oder eine Sperre durch die Agentur für Arbeit – nach sich ziehen. Abmahnung wäre nötig gewesen: Wäre die Mitarbeiterin hingegen schon lange in dem Unternehmen beschäftigt, wäre eine Kündigung nicht ohne Weiteres möglich gewesen. „Es hätte erstmal eine Abmahnung geben müssen. Die Mitarbeiterin hat schließlich nichts Verbotenes getan. Die Demonstration war erlaubt, und die Erkrankung muss auch nicht in einem Zusammenhang damit stehen“, sagt der Lübecker Rechtsanwalt. Die Heimleitung hätte der Mitarbeiterin allerdings ohne Corona-Test den Zugang zum Altenheim verweigern können, dann wäre allerdings ein Streit vor dem Arbeitsgericht um die Lohnzahlung möglich. Inkubationszeit länger als bei einer Erkältung: Hitzig debattiert wurde im Netz zudem, ob die Erkrankung der Mitarbeiterin überhaupt auf die Demonstration zurückzuführen sein kann. Bei einer Erkältung wäre dies möglich, doch bei Corona ist die Inkubationszeit in der Regel länger. „Die Inkubationszeit für eine Sars-CoV2-Erkrankung beträgt im Mittel fünf bis sechs Tage“, sagt Dr. Hans-Peter Hauber, Pneumologe in der Asklepios Klinik in Altona. Von daher sei eine Erkrankung am Montag nach einer fraglichen Infektion am Sonnabend eher unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen, da die Inkubationszeit auch kürzer sein kann. „Darüber hinaus besteht natürlich auch die Möglichkeit, dass sich die betreffende Person schon vorher infiziert hat“, sagt Hauber. Erkrankte können noch lange ansteckend sein: Durch die Teilnahme an der Demonstration bestand für das Heim der begründete Verdacht, dass die Mitarbeiterin es auch vor der Veranstaltung privat mit der Maskenpflicht und dem Abstandhalten nicht besonders ernst genommen haben könnte. Wäre sie mit dem Infekt einfach nur ein paar Tage krank zu Hause geblieben, wäre dies ohne einen Corona-Test auch kein ausreichender Schutz der Bewohner gewesen. Eine Alternative wäre nur ein sehr langes Fernbleiben von der Arbeit gewesen. Dr. Hauber: „Im Prinzip ist davon auszugehen, dass nach einer 14-tägigen Quarantäne ohne Krankheitssymptome wie Fieber oder Husten keine Ansteckungsgefahr besteht. Sollte eine entsprechende Symptomatik aufgetreten sein, sollte nach Ende der Symptomatik noch eine Quarantäne über zwei Wochen erfolgen.“ Die LN-Themenseite mit allen Artikeln zum Thema Corona Coronavirus in SH: Das ist die aktuelle Zahl der Infizierten Das sind die Corona-Regeln in Schleswig-Holstein Familienfeier, Grillabend, Mund-Nasen-Schutz: Diese Corona-Regeln gelten aktuell in SH Abstand, Hygiene, Gästezahl: Das sind die Vorschriften für private Feiern Abstands- und Hygieneregeln in Schleswig-Holstein: So teuer sind Verstöße Das sind jetzt die Regeln für Restaurants und Gaststätten in Schleswig-Holstein Zum Nachfahren: Schöne Fahrradtouren rund um Lübeck Schutzmasken richtig tragen: So geht’s! Diese Maskentypen gibt es – und so werden sie richtig genutzt Von Sven Wehde