Bad Segeberg: Anlieger gegen Umbenennung des Gustav-Frenssen-Weges

Das war eine faustdicke Überraschung im Bad Segeberger Ausschuss für Soziales und Kultur: Die Vertreterin des Seniorenbeirates und frühere CDU-Stadtvertreterin Ursula Michalak stellte „für viele besorgte Anwohnerinnen und Anwohner“ die geplante Umbenennung des Gustav-Frenssen-Weges in Frage. Die Anwohner seien in den ganzen Jahren nicht einmal auf den Namen ihrer Straße angesprochen worden, sagte sie. Der einst beliebte Heimatdichter Frenssen (1863 bis 1945) ist ein fanatischer Anhänger von Adolf Hitler gewesen. Der Kirchenhistoriker Günther Gathemann hatte reichlich menschenverachtende Aussagen des „fanatischen Nationalsozialisten“ gesammelt, die die antisemitische und rassistische Haltung von Frenssen belegen. In der Stadtvertretung schien es bislang eine breite Zustimmung für die Umbenennung der Straße zu geben. Für die SPD-Fraktion habe niemand eine derartige Ehrung verdient, „der dieses menschenverachtende System direkt oder indirekt unterstützt hat“. Auch die Wählergemeinschaft BBS hat sich festgelegt: Der jetzige Gustav-Frenssen-Weg in der Südstadt soll künftig nach dem Heimatdichter Joachim Mähl benannt werden. Und Bürgervorsteherin Monika Saggau (CDU) hatte sich erschüttert gezeigt darüber, nach welcher Person hier eine Bad Segeberger Straße benannt ist. „Mir ist ganz schlecht geworden, als ich im Internet über diesen Mann recherchiert habe.“ Nun müsse nur ein entsprechender Antrag von den Fraktionen gestellt werden. Sie wisse aber schon jetzt, dass viele Bewohner im Gustav-Frenssen-Weg ihren Straßennamen behalten möchten, befürchtete Saggau schon vor Monaten. Straßenumbenennung werde für Anwohner teuer: Das hat sich nun durch den Offenen Brief von Ursula Michalak bestätigt. Eine Namensänderung würde gerade älteren Bewohnern sehr viele Probleme bereiten, heißt es da. Krankenkasse, Pflegedienst, Versicherungen und viele andere Institutionen müssten darüber informiert werden. Auch der Personalausweis müsste geändert werden. Michalak: „Dieses alles ist verbunden mit großem Zeitaufwand und Kosten (Briefmarken, Briefpapier, Umschläge, Druckerpatrone).“ Ältere seien auch nicht mehr allein in der Lage, sich um diesen Schriftverkehr zu kümmern. Die Anwohner hofften, so Michalak, dass die Entscheidung zur Namensänderung noch nicht endgültig sei. Sie fragte, quasi als Sprachrohr der Anwohner, warum man diese nicht von vorneherein eingebunden habe. Auch würden die Bewohner am Gustav-Frenssen-Weg nicht nach möglichen Namen gefragt, sondern es werde mit Joachim Mähl gleich wieder ein Name vorgegeben. Diese Leute „haben resigniert und/oder haben Angst, in eine bestimmte Ecke gestellt zu werden“. Könne man Geschichte „einfach ausradieren“? Unter anderem würden Bürger sie fragen, ob man nicht bei einer Namensumbenennung die Geschichte umschreibe? Einwohnerversammlung zum Thema geplant: Kirsten Tödt stellte als Vorsitzende des Sozialausschusses gegenüber den LN klar, dass es eine Einwohnerversammlung zum Thema Namensumbenennung geben werde. Dazu sei noch gar kein Beschluss gefallen. Der Ältestenrat dürfe darüber gar nicht entscheiden. Es gibt noch mehr Bad Segeberger Straßennamen, die in der Diskussion sind: Aus der Dr. Helmut-Lemke-Straße liege dem Seniorenbeirat schon die Kopie einer Unterschriftensammlung gegen eine Änderung des Straßennamens vor, gerichtet an die Vertreter der Stadt Bad Segeberg, berichtet Ursula Michalak. Auch hier geht es um einen Alt-Nazi. Mit Dr. Helmut Lemke werde nicht nur ein demokratischer Politiker geehrt, der von 1963 bis 1971 Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein sowie von 1971 bis 1983 Präsident des Landtages von Schleswig-Holstein war, sondern auch ein NSDAP-Mitglied. Als Bürgermeister von Eckernförde soll er das Hakenkreuz getragen und deutlich Position für den Nationalsozialismus und dessen Methoden bezogen haben. Alles Wichtige zu Kalkberg und Co. jeden Montag gegen 18 Uhr in Ihrem Postfach –klicken Sie hier, um unseren kostenlosen Newsletter zu abonnieren! Von Wolfgang Glombik