Bad Segeberg: Schützengilde soll mehr Frauen aufnehmen

Männer, nur Männer. Wer die Ahnengalerie der Schützenkönige im Gildehaus der Stadtvogelschützengilde von 1595 studiert, wird feststellen, dass dort zwar reichlich prächtige Mannsbilder in Uniform die Foto-Wand schmücken, aber keine einzige Frau. Die Gilde hat zwar seit 2015 ihren Verein satzungsgemäß für die Mitgliedschaft von Frauen geöffnet, doch das ist der streitbaren Gleichstellungsbeauftragten von Bad Segeberg, Beate Mönkedieck, viel zu wenig. Nachdem im Rathaus und auch sonst die Rechte der Frauen mehr oder minder perfekt verwirklicht zu sein scheinen, möchte sie nun offenbar die allerletzte Männer-Bastion stürmen und schießt sich auf den 425 Jahre alten Jubilar, die Stadtvogelschützengilde ein. Beate Mönkedieck fordert Frauen-Teilhabe: Der Zeitpunkt scheint günstig zu sein, gegen das Ewiggestrige vorzugehen. Die Stadtvogelschützengilde möchte nämlich einen Zuschuss von 25 000 Euro für eine hochmoderne, elektronische Zählanlage von der Stadt haben. Verwehren ihr die Stadt-Politiker dieses Geld, gibt es auch keine Fördermittel von Kreis und Land. Der ideale Hebel also, um dem Verein die von Beate Mönkedieck geforderte „gleichberechtigte Teilhabe von Mädchen und Frauen am Vereinsleben und an Funktionausübungen im Verein“ zu verordnen. „Frauen hatten hier bisher keinen Platz wie in anderen Schützenvereinen, so dass es in der Geschichte dieses Männervereins auch bisher keine Schützenkönigin geben konnte“, kritisiert Mönkedieck. Stimmt aber nicht ganz! Die Schützengilde schießt zurück. In einer „Richtigstellung“ wird alles geradegerückt. 1956 bis 1958 habe es bereits eine Damenabteilung gegeben, stellt Detlef Kuhnke, 1. Ältermann (könnte es auch mal eine 1. Älterfrau geben?), in einer schriftlichen Stellungnahme klar. Und 2014 bis 2016 seien gar zwei Mädchen im Verein gewesen. Auch die von Mönkedieck vermisste Schützenkönigin habe es schon längst gegeben: Königinnen seien 1819 Gräfin Luckner zu Traventhal und 1797 Comtesse v. Brothner gewesen. Leider gab es damals noch keine Fotos für die Ahnengalerie. 425 Jahre alter Verein soll moderner werden: „Wenn sie 1797 schon eine Schützenkönigin gehabt haben, waren sie damals ja moderner als heute“, hält Beate Mönkedieck dagegen. Sie schauen „mit Genderblick“ auf die Vergabe öffentlicher Mittel. Der Verein müsse „proaktiv um Mädchen werben“. Er solle sich in seinem Jubiläumsjahr für eine neue gesellschaftliche Entwicklung öffnen, fordert sie. Von Männerseite gibt es im Hauptausschuss fast nur Beifall für die kämpferische Frauenrechtlerin. Selbst von den Konservativen – früher passte kein Blatt Papier zwischen Gilde und CDU – hagelt es Kritik am hiesigen Schützenwesen. Olaf Reiter: „Wir können dort kein ausreichendes Bekenntnis zur Gleichberechtigung erkennen.“ Früher verteidigten nur Männer die Stadt: Einzig Bürgermeister Dieter Schönfeld (SPD) wirbt um Verständnis für die Gilde mit einem geschichtlichen Exkurs: Die Schützengilde sei früher aufgestellt worden, um die Stadt vor Feinden zu schützen. „Der Kampf war bis vor Kurzem noch Sache der Männer, auch in der Bundeswehr.“ Jetzt müsse Bad Segeberg nicht mehr vor Feinden beschützt werden, die Stadtvogelschützengilde erfülle jetzt sportliche Aufgaben. Seit Jahren dürften dort Frauen eintreten. „Wenn die Frauen das nicht möchten, können wir das den Männer doch nicht vorwerfen.“ Schönfeld warnte: „Werden Sie nicht ungerecht.“ Er könne nicht ertragen, dass die Gilde hier von der Stadt „im Stich gelassen wird“. Doch dazu kam es zumindest im Hauptausschuss nicht. Dirk Wehrmann (SPD) erwartet nicht, „dass sich in der Gilde morgen gleich eine Mädchengruppe gründet“, aber in den nächsten fünf Jahren sollte der Anteil der Mädchen und Frauen im Verein schon „einige Prozent X“ betragen. „Hier haben wir die Möglichkeit, positiv einzuwirken – nicht mit Daumenschrauben.“ Mit vier Enthaltungen gab es die Empfehlung, die Förderung von fast 25 000 Euro verteilt über drei Jahre auszuzahlen. Aber mit der Bedingung, dass die Gildebrüder Jahr für Jahr im Ausschuss Farbe bekennen, wie viele Schwestern sie in ihre Gilde geholt haben. Wenn das nicht Daumenschrauben sind . . . Gleichstellungsbeauftragte Beate Mönkedieck strahlte da wie eine frisch gekürte Schützenkönigin. Von Wolfgang Glombik