Bad Segeberg: Stadtvertretung lehnt Finanzhilfe für den MTV ab

Das kam überraschend: Die Stadtvertretung von Bad Segeberg hat eine Finanzspritze für den MTV wieder kassiert. Anfang März schien die drohende Zahlungsunfähigkeit des Vereins für die Sanierung der städtischen Gosch-Jansen-Halle in der Marienstraße zunächst abgewendet. Denn der Hauptausschuss plädierte einstimmig dafür, dem Verein mit 100 000 Euro aus der Patsche zu helfen sowie 30 000 Euro als Reserve zu blocken – alles moderiert von der CDU. Doch daraus wird erst mal nichts. Die Christdemokraten schienen sich intern offenbar uneins, brachten jetzt stattdessen einen neuen Vorschlag ins Spiel: Die Sportler sollen 40 000 Euro „per Sofortmaßnahme“ bekommen, aber einen Großteil des Geldes, zwischen 60 000 und 90 000 Euro, über ein städtisches Darlehen stemmen. „Mit niedrigem Zins und flexibler Laufzeit“, sagte CDU-Fraktionsvorsitzender Torben Fritsch. Karl-May-Absage: „Können uns keinen Freibrief erlauben“: Nur dieser „einmalige Rettungsschirm“ sei gerechtfertigt, man könne sich keinen Freibrief erlauben. Zu mehr sehe man sich als Wirtschaftspartei und im Zuge klammer Kassen nicht in der Lage. „Die Stadt wird mit der Hiobsbotschaft, dass die Karl-May-Spiele erneut nicht stattfinden, in keiner Weise Entlastung erfahren“, so Fritsch. Allerdings soll der Sportverein, der viel Eigenleistung in die Sporthalle gesteckt und dadurch Zehntausende Euro gespart hat, das Projekt fortführen. Die CDU lobte das Engagement ausdrücklich. Es half nichts mehr, die SPD war erzürnt: „Das ist ein Schlag ins Gesicht für alle Ehrenamtler“, schimpfte Dirk Wehrmann. Der Vorschlag sei unfair und unangemessen, schließlich sei der Verein unverschuldet in diese Lage geraten. „Wir bringen den Vorstand in eine sehr missliche Lage. Die Halle gehört nicht dem MTV, sondern der Stadt. Er muss das auch zu Ende führen“, so Wehrmann. Ein Kredit sei ein „trojanisches Pferd“: „Niedrige Zinsen bekommt man überall, dafür braucht man nicht die Stadt.“ Verwaltung für Darlehen nicht zuständig: Genau wie er wurde Bürgermeister Dieter Schönfeld (SPD) in der ohnehin chaotischen Sitzung von dem Vorschlag überrumpelt. „Ich höre zum ersten Mal davon“, so Schönfeld. Er warnte: „Das wäre ein Beschluss mit dem Wissen, dass der Verein sich das nicht leisten kann. Er ist sicher kaum kreditwürdig.“ Außerdem sei die Stadt nicht der richtige Ansprechpartner für ein „bankähnliches Geschäft“. „Ich habe in guter Erinnerung, dass so etwas früher beanstandet wurde. Wir sind weder zuständig noch befugt.“ Der Zuschuss ginge in ein Gebäude, das der Stadt gehört, erinnerte er. Doch die Wählergemeinschaft BBS zog ebenfalls nicht mit. „Die Stadt müsste sich das Geld auch leihen“, kritisierte Jürgen Niemann. Das sei eine Ungleichbehandlung gegenüber anderen Vereinen. Mit einem langen Pachtvertrag über 30 Jahre sei es faktisch eine vereinseigene Halle, wehrte sich Norbert Reher (CDU) dagegen, so viel Geld auszugeben. Man könne nicht für alle Wünsche Geld oben drauf legen. „Eine Kommune kann sich nicht verschulden, damit Vereine schuldenfrei sind.“ SPD „mehr als sauer“ über Umgang mit Ehrenamt: Fraktionskollege Olaf Tödt wollte es so nicht stehen lassen, dass die Kostensteigerung unverschuldet zustande gekommen ist. „Es sind von mehreren Seiten aus Fehler gemacht worden, die die Stadt jetzt ausgleichen soll.“ Das Thema ist schließlich zurück in die Ausschüsse verwiesen worden, wird neu beraten. „Es ist bedauerlich und macht mich mehr als sauer, dass wir das Ehrenamt so hängen lassen“, resümierte Sozialdemokrat Wehrmann. Der MTV reagierte erschüttert, zieht die Reißleine: Der Vorstand traf sich noch am selben Abend und hat per Sofortmaßnahme einen Baustopp an der Gosch-Jansen-Halle verhängt. „So lange das nicht geklärt ist, wollen wir keine Eigenleistung mehr reinstecken“, sagt der Vereinsvorsitzende Malte Butzlaff. „Das können wir gegenüber unseren Mitgliedern nicht verantworten.“ Genauso wenig könne man Gewerke trotz unklarer Finanzen weiterarbeiten lassen. „Uns bleibt nichts anderes übrig.“ Die Stadt hatte dem Verein 2018 die baufällige Halle überlassen. Eingangsbereich, Dach und Fassade waren marode. „Sollen wir die Halle sechs weitere Jahre verlottern lassen?“, kommentierte damals die CDU die Bruchbude. Es sei „die letzte Chance, in Bad Segeberg mittel- und langfristig etwas für die Jugend zu tun“, hieß es vom BBS. Seit 2018 ist der MTV nun mit der Sanierung und Erweiterung beschäftigt. Wo es irgend geht, packen die Sportler selbst an. Durch Kostensteigerungen und die alte Ölheizung, die doch ersetzt werden musste, fehlen jedoch bis zu 130 000 Euro. Die Gesamtsumme für den Umbau beliefe sich damit auf 530 000 statt 400 000 Euro. Und das, obwohl die Halle nicht nur dringend gebraucht wird, sondern so gut wie fertig ist. Nur Hallenboden und Schallschutz fehlen noch, die Beleuchtung, Malerarbeiten, Restarbeiten in Umkleiden und Sanitärbereichen – sowie die Sportgeräte. Baustopp an der Gosch-Jansen-Halle: Nach dem ersten Schock versuchen die Sportler Ruhe zu bewahren. „Wir waren überrascht, weil wir nicht den Eindruck hatten, dass noch Fragen offen waren“, erklärt Butzlaff. „Im März war eigentlich alles klar.“ Ein Fragenkatalog der CDU sei sofort und umfänglich beantwortet worden. Eine weitere Diskussionsrunde müsse aber kein schlechtes Zeichen sein. „Wir wollen eine gute Lösung für alle Seiten erreichen und mit der Stadt und der Politik im Dialog bleiben. Wir geben auf jeden Fall nicht auf“, so der Handballer. „Wir werden hartnäckig bleiben und stehen für alle Fragen bereit.“ Je mehr Zeit vergeht, desto mehr müsse jedoch mit Mehrkosten gerechnet werden. Zu keiner Zeit, stellt er klar, sei der sportliche Betrieb in Gefahr gewesen. „Die Zahlungsunfähigkeit betrifft nur dieses konkrete Projekt. Es ist immer genug Geld da, um den sportlichen Vollbetrieb fortzuführen.“ Das sei die Maßgabe von Anfang an gewesen. Von Irene Burow