Bad Segeberger Schülerin hat schon 1000 Corona-Abstriche gemacht

Wer sie kennt, hätte es sich denken können. Marlen Breiting hat schon als Kind am liebsten Ärztin gespielt, ihre Mutter ist Krankenschwester und, na klar, die Schülerin der 13b der Burgfeldschule ist im Bioprofil. Was anderes wäre überhaupt nicht in Frage gekommen. Viele Segeberger kennen die junge Frau auch schon, nur wiedererkennen würden sie sie wahrscheinlich nicht. Denn während andere Jugendliche Pizza ausfahren, zieht Marlen am Wochenende Schutzausrüstung und Maske an und jobbt in der Corona-Ambulanz im Forschungszentrum Borstel. Seit gut einem halben Jahr ist sie dabei und hat schon mehr als 1000 Abstriche bei den Segebergern gemacht. Erstmal eine Ausbildung zur Kinderkrankenschwester: „Mir macht das einfach total Spaß, mit Menschen zu arbeiten und ihnen zu helfen“, sagt die fröhliche junge Frau. So war es schnell klar, dass sie sich nicht nur beim „Girls’ day“ schon mal eine Klinik angeschaut hat, sondern nach dem Abi auch eine Ausbildung zur Kinderkrankenschwester machen möchte. Ganz bewusst will sie nicht gleich versuchen, einen Medizinstudienplatz zu bekommen. „Ich möchte erstmal Praxiserfahrungen machen, dicht am Patienten sein und den pflegerischen Bereich kennenlernen“, sagt Breiting, die vor wenigen Tagen 19 Jahre als geworden ist. Außerdem helfe solch eine Zusatzqualifikation später dabei, einen Studienplatz zu bekommen. „Da werden mittlerweile selbst die, die ihr Abi mit 1,0 gemacht haben, nicht alle genommen.“ Arbeit in der Corona-Ambulanz macht Spaß: Als sie im vergangenen Jahr von ihrer Mutter, die in Borstel arbeitet, hörte, dass die Corona-Ambulanz wegen der steigenden Infektionszahlen dringend Personal braucht, war es für sie keine Frage, dass sie sich bewirbt. Nach einem Bewerbungsgespräch und einem Tag Probearbeit hatte die 19-Jährige den Job. Für sie ein Glückstreffer, denn zum einen findet das Kinderturnen, das sie normalerweise als Nebenjob leitet, derzeit nicht statt, und zum anderen bietet ihr dieser Schülerjob der besonderen Art die Möglichkeit, in den Klinikalltag hineinzuschnuppern. Und für Breiting hat sich bestätigt, was sie ohnehin schon immer geahnt hat: „Es macht Spaß und ist eine sehr erfüllende Tätigkeit“, sagt die junge Frau. Eigentlich ist die Arbeit in der Corona-Ambulanz für sie gar keine richtige Arbeit. „Es ist auch ein toller Ausgleich, wo ich doch sonst viel am Schreibtisch sitze und für das Abi lerne.“ Übersicht für Schleswig-Holstein: Wie stark verbreitet sich die Corona-Erkrankung? Übersicht für Deutschland: Die Gesamtentwicklung, alle Hotspots und Reisewarnungen Diese beiden Artikel sind kostenlos für alle lesbar, die nachfolgenden regionalen Analysen sind LN-Plus-Lesern vorbehalten. Testen Sie jetzt kostenlos LN+! Interaktive Karte: Wo sind die Corona-Hotspots in Schleswig-Holstein? Wo würde eine Einschränkung der Bewegungsfreiheit gelten? Analyse: Gibt es mehr Corona-Infektionen, weil auch mehr getestet wird? Belegung der Krankenhäuser mit Corona: Wie viele Intensivbetten in Schleswig-Holstein sind frei? Wie viele Menschen wurden bisher in SH gegen Corona geimpft? Mehr aus Ihrer Region: Zahlen und Fakten zum Coronavirus in Lübeck Zahlen und Fakten zum Coronavirus in Ostholstein Zahlen und Fakten zum Coronavirus in Segeberg Zahlen und Fakten zum Coronavirus im Kreis Herzogtum Lauenburg Zahlen und Fakten zum Coronavirus in Stormarn Abstrich mit viel Gefühl: Schnell gelernt hat die Schülerin auch in Borstel. Erstmal hat sie zugeguckt, dann unter Anleitung den ersten Abstrich gemacht, zudem gab es Schulungen in der Testauswertung und „für den vielen Papierkram.“ Am spannendsten war es natürlich, den ersten Abstrich selbst zu machen. Da war sogar Breiting etwas nervös. „Man muss da auf den richtigen Patienten warten. Bei einem hatte ich gleich das Gefühl, der soll es sein. Der war total entspannt – und irgendeiner muss ja das Testkaninchen sein“, erinnert sich die 19-Jährige schmunzelnd. Natürlich hat alles super geklappt. „Bis heute hat niemand Nasenbluten bekommen oder sich beim Rachenabstrich übergeben müssen. Viele sagen sogar, dass sie wieder zu mir kommen wollen, wenn sie nochmal einen Test machen müssen“, sagt die Schülerin und freut sich über solche Reaktionen. Arbeit mit Kindern ist ihre Passion: Ihre Passion hat die junge Frau auch in der Corona-Ambulanz schnell gespürt. Während der Abstrich bei Kindern gemeinhin oft als schwierig gilt, machen der Schülerin die kleinen Patienten am meisten Freude. Ihr Rezept: Ruhe bewahren. „Oft kommen die Kinder schon mit sehr viel Angst und meist sind es dann die Eltern, die verkrampft sind und ihren Kindern sagen, dass das jetzt aber sein muss“, sagt Breiting. Doch bei ihr müssen die Kinder erstmal gar nichts. „Dann stelle ich mich eben zehn Minuten mit denen hin, heitere sie auf und verschenke den ein oder anderen Bonbon – und gerne können sie auch mal ein Stäbchen selber in die Hand nehmen“, sagt Breiting. Bei ihr soll kein Junge oder Mädchen mit einer schlechten Erfahrung nach Hause fahren. „Und wenn sie mir dann zum Abschied noch winken, weiß ich, dass ich alles richtig gemacht habe.“ Schülerin baut Testzentrum in ihrer Schule auf: Keine Kinder, aber jede Menge Lehrer konnte Marlen Breiting an ihrer Schule testen. Sie schlug ihrem Schulleiter Rüdiger Nelson vor, selbst ein Schnelltestzentrum für die Lehrer an der Gemeinschaftsschule mit Oberstufe einzuführen und stieß dabei sofort auf offene Ohren. Das Material bekam die Schule von einer Bad Segeberger Apotheke, und Breiting führte die Tests gemeinsam mit einigen Lehrern durch. „Marlen war da als erfahrene Fachkraft, die die Kollegen unterstützen konnte, sehr wichtig“, sagt Schulleiter Nelson voll des Lobes für seine Schülerin. Für Marlen war es natürlich ein „cooles Gefühl, mal den Lehrern etwas erklären zu können.“ Aber das legte sich schnell, denn die Schülerin ist ein echter Teamplayer. „Das waren nachher gar nicht mehr die Lehrkräfte, die mich sonst unterrichten, sondern wir waren ein Team, das zusammen die Tests an der Schule macht.“ Gemeinsamkeit im Mittelpunkt: Das gemeinsame Arbeiten steht für die Schülerin ohnehin im Mittelpunkt. Wenn ihr Wunsch in Erfüllung geht und sie irgendwann einmal als Kinderärztin an einer großen Uniklinik im Norden arbeitet, dürfen sich ihre zukünftigen Kollegen schon heute freuen, denn eines weiß die angehende Medizinerin schon heute ganz genau: „Ich möchte niemals jemand sein, der andere rumkommandiert, sondern ich möchte mit allen auf Augenhöhe als Team zusammenarbeiten.“ Von Sven Wehde