Bad Segebergs Bürgersaal ist wegen Corona zu eng für die Stadtvertretung

Warum soll Bad Segebergs Stadtvertretung nicht im Zirkuszelt tagen? Es gebe „keine Denkverbote“ in diesen Coronazeiten, meint auch Bürgervorsteherin Monika Saggau. Der Bürgersaal sei für Stadtvertretersitzungen zu eng, um Abstände bequem einzuhalten und auch nennenswert Zuschauer hineinzulassen. Ohnehin wird Bad Segebergs höchste demokratische Vertretung im Rathaus derzeit mächtig durcheinandergewirbelt. Es droht das große Stühlerücken. Politikern ist derzeit „unwohl“ im Bürgersaal: Denn die abtrünnige frühere FDP-Stadtvertreterin Angelika Sorgenfrey ist trotz aller vorherigen Beteuerungen, sie wolle fraktionslos bleiben, in das CDU-Lager gewechselt. Und die verbliebene FDP-Frau Anna Patricia Thomsen hat keinen Fraktionsstatus mehr. In der Stadtvertretersitzung am Dienstag, 1. September, 18.30 Uhr – höchstwahrscheinlich wird noch einmal im Bürgersaal getagt – werden die Ausschüsse neu besetzt, weil sich die Mehrheitsverhältnisse in den Fraktionen geändert haben. Gleichzeitig muss Bürgervorsteherin Monika Saggau (CDU) einen Ort finden, wo die Stadtvertretung in den kommenden Monaten tagt. Denn im Ältestenrat gab es Unmut. Bei den Ausschusssitzungen mit den Trennwänden aus Acryl-Glas könne man nicht alle Sitzungsteilnehmer sehen und fühle sich wie im Käfig. Auch die veraltete Verstärker-Anlage mit nur sechs Mikros sei nicht mehr zeitgemäß. Der Hygieneplan sei gut, „aber den Politikern ist unwohl dabei“, hörte Saggau im Ältestenrat. Unterzubringen sind im Bürgersaal 27 Stadtvertreter, zwei Beiratsmitglieder, dazu komme die Verwaltung. Das sei „grenzwertig“, meint Saggau. Zur Stadtvertretung sind nur zehn Zuschauer erlaubt: Nach Auskunft von Amtsleiter Carsten Schleicher können zur kommenden Stadtvertretersitzung, die sonst öffentlich tagt, wegen der Ansteckungsgefahr auf den gepolsterten Stühlen deshalb nur etwa zehn Zuschauer zugelassen werden. Es werde am Eingang zum Rathaus strenge Eingangskontrollen geben, stellte Schleicher gegenüber den LN klar. Das alles kann auch in Coronazeiten keine Dauerlösung sein, ist Monika Saggau überzeugt. Eine mögliche Lösung wäre es, ein großes Zelt anzumieten, vielleicht auch in Kooperation mit dem Kreis Segeberg, der ebenfalls Platzprobleme in dem engen Kreistagssitzungssaal bekomme. Monika Saggau könne sich auch vorstellen, auf der städtischen Rennkoppel zusammen mit dem Landrat ein großes Zelt aufstellen zu lassen. Hier wäre auch für Toiletten gesorgt. Die CDU hat nun neun Sitze (vorher acht), der BBS jetzt sechs (vorher sieben) ebenso wie die SPD, die Grünen vier. Michael Ehlers, der den BBS im Streit verlassen hatte, ist wie auch die FDP-Stadtvertreterin Anna Patricia Thomsen jetzt fraktionsloses Mitglied. SPD-Fraktionsvorsitzender Dirk Wehrmann stellt klar, dass die Gemeindeordnung vorsehe, dass die Ausschüsse die Mehrheitsverhältnisse der Stadtvertretung abbilden sollen, und die dezimierte FDP genieße nun einmal nicht mehr den Status als Fraktion. Deshalb habe die SPD schon im Juni eine Neubesetzung der Ausschüsse beantragt. Vier Positionen kann die CDU danach zukünftig in den Ausschüssen besetzen, hat das erste Zugriffsrecht. BBS und SPD sind nun auf Augenhöhe vertreten, werden also je zwei oder drei Sitze in den Ausschüssen besetzen. Die Grünen bleiben offenbar bei zwei Sitzen. Bei den wichtigen Ämtern der Ausschussvorsitzenden liege „die Präferenz der SPD“ weiter bei dem Sozialausschuss, stellt Fraktionschef Wehrmann gegenüber den LN klar. „Wir verschlechtern uns nicht und können als Sozialdemokraten ein größeres Gewicht in die Ausschüsse einbringen.“ Die politischen Gremien werden also mächtig durchgemischt. Mehrzweckhalle kommt nicht mehr in Frage: In die großen Sporthallen der Schulen möchten die Stadtpolitiker jetzt – wie noch vor der Sommerpause – ungern wieder ausweichen. Diese Hallen seien in erster Linie dem Sportunterricht gewidmet und sollten nicht mit Sitzungen der Politiker blockiert werden. Zumal es ein großer Aufwand sei, die Halle nach den Sitzungen mit dem ganzen Equipment wieder zu räumen. Die Zeit drängt. „Der Bürgersaal ist nicht Pandemie-konform“, urteilt Monika Saggau. Sie plant für die Stadtvertretersitzung am Dienstag deshalb die sehr lange Tagesordnung zu kürzen. „Alles, was nicht unbedingt notwendig ist, das schieben wir jetzt.“ Von Wolfgang Glombik