Bad Segebergs Marktplatz-Sanierung droht an Ausbaubeiträgen zu scheitern

Wird das Projekt Marktplatz-Sanierung auf dem Altar des Bürgermeister-Wahlkampfes geopfert? Das befürchten nicht nur die Sozialdemokraten, sondern sehen mittlerweile auch andere Stadtpolitiker so – allerdings hinter vorgehaltener Hand. Dass sich Kommunalpolitiker von CDU, BBS und Grünen von Bürgermeister Dieter Schönfeld in Sachen Anliegerbeiträgen hintergangen fühlen, ist seit Monaten Thema. In der jüngsten Stadtvertretersitzung wurden längst bekannte Argumente noch einmal ausgetauscht. Die Stadtvertreter haben nun mehrheitlich gegen die Stimmen der SPD beschlossen, dass alle Maßnahmen zur Marktplatzsanierung gestoppt werden sollen bis zur endgültigen Entscheidung über die Anliegerbeiträge. So hat Bürgermeister Dieter Schönfeld (SPD) jedenfalls das Votum verstanden. Diese Abstimmung sei zwar rechtlich nicht zulässig, sie habe es aber „nun mal gegeben“. „Das ist ein Eiertanz, wir müssen jetzt aufpassen, dass uns der Zuschuss von 488 000 Euro nicht verloren geht“, teilte Schönfeld den LN gestern mit. Anliegerbeiträge werden zum Knackpunkt: Ihm fehle jedes Verständnis für die Kritik. Wie schon mehrfach berichtet, gibt es reichlich Vorwürfe, Schönfeld habe falsche Angaben zu den Ausbaubeiträgen für die Anlieger gemacht. Denn die 997 000 Euro teure Neugestaltung des Bad Segeberger Marktplatzes wird, wie berichtet, für die Anlieger doch eine teurere Angelegenheit als vorher gedacht. Im günstigsten Fall – bei einer noch ausstehenden Satzungsänderung – würden die Ausbaubeiträge für die Grundeigentümer zwischen 1200 – und bei einem großen Gebäude – 16 300 Euro liegen. Demgegenüber hatte Schönfeld noch im Juni in der Stadtvertretung von Beiträgen im dreistelligen Bereich gesprochen und von Summen, die „nicht nennenswert“ seien. Ein Fachanwalt war beauftragt worden, der kam zu dem Ergebnis, dass bei dem Markt-Umbau teils „beitragsfähige Maßnahmen“ vorgesehen seien. So müsse der Unterboden der Pflasterung ausgetauscht werden, die Straßenbeleuchtung erneuert und der Platz neu begrünt werden. Jürgen Niemann, Fraktionsvorsitzender des BBS, spricht von ungerechten Regeln für die Anlieger. Auch für die Geschäftsleute sei es ein großer Schaden, wenn sich die Bauarbeiten ab April 2021 acht Monate hinzögen. Doch Niemann stellte gegenüber den LN klar, dass es trotz dieser Bedenken zu einer Sanierung des Marktplatzes kommen werde. Dazu sei jetzt zu viel Arbeit von Verwaltung und Planung in das Projekt gesteckt worden. „Ich halte es nicht für verantwortbar, dass man das hier zurückdreht.“ Bei den Anliegerbeiträgen werde man für den Marktplatz so schnell keine andere Lösung finden, die entsprechende Satzung solle man aber grundsätzlich angehen. CDU wirft Schönfeld „Märchenstunde“ vor: Auch die CDU möchte von der jetzigen Marktplatz-Planung nicht gänzlich abrücken. „Absolut nicht“, sagt CDU-Fraktionschef Torben Fritsch. „Aber wir wollen uns nicht hinters Licht führen lassen und das Thema noch einmal in die Ausschüsse bringen.“ Die CDU wirft Schönfeld „Täuschung“ und „Märchenstunde“ vor. Doch der weist Vorwürfe zurück, zeigt sich entrüstet darüber, dass Bad Segebergs Politiker womöglich 488 000 Euro nicht in Anspruch nehmen wollen, weil ein Anlieger mit seinem großen Gebäude 16 000 Euro Anliegerbeitrag zahlen solle. Das Volumen dieses einen Hauses entspreche danach neun Einfamilienhäusern. Der Beitrag des Eigentümers könne über 20 Jahre gestreckt werden, das wären 20 Jahre lang jährlich 800 Euro. Wohl nicht zu viel für den Besitzer einer so großen Immobilie, meint er. Die Anlieger der Lornsenstraße, meist Rentner und Familien, hätten „auf den Tischen getanzt“, wenn sie im Verhältnis so wenig hätten zahlen müssen beim Ausbau ihrer Straße, sagt Schönfeld. Für das Stadtoberhaupt sei das deshalb „doppelter Verrat“ an den Bürgern, die später – beim Scheitern der jetzigen Planung – über die Steuereinnahmen der Stadt die Sanierung des Marktplatzes bezahlen müssten. Auch die Anlieger müssten wesentlich mehr zahlen, wenn sie später die Summe mittragen müssten, die jetzt noch das Land bewilligt habe. Deren Zahlungspflicht würde sich verdoppeln, schätzt Schönfeld. „Es wäre deshalb eine Sünde, die Mittel nicht anzunehmen. So billig kriegen wir nie wieder einen neuen Marktplatz. “ Die Finanzkraft Bad Segebergs ist bescheiden: Ungeschickter als die Mehrheit der Stadtvertreter könne man hier gar nicht handeln, sagt Schönfeld, der sich gegenüber den LN so aufgebracht zeigt, wie wohl noch nie in seiner elfjährigen Amtszeit. Die Illusion, dass man die Straßenausbaubeiträge in Bad Segeberg ganz abschaffen könne, müsse man allen nehmen. „Die Finanzkraft der Stadt gibt das nicht her.“ Schon wegen der geforderten Barrierefreiheit gebe es Handlungsbedarf. Schönfeld: „Beim Wochenmarkt werden die Strippen für Strom hin und her gezogen“, da könnten Unfallverhütungsvorschriften gar nicht eingehalten werden. Die Sanierung des Marktplatzes komme jetzt – oder eben später – auf die Stadt zu. Von Wolfgang Glombik