Bahn oder Auto: Womit pendeln Sie besser?

Hunderttausende müssen jeden Tag zur Arbeit pendeln. Doch wie macht man das am besten? Die LN haben einen Vergleichstest gemacht, der bei der Entscheidung helfen kann. Kosten: Bei der Bahn nehmen wir drei typische Teststrecken, und zwar von Bad Segeberg, Bad Oldesloe und Mölln jeweils nach Hamburg. Die Pendler fahren dann im Tarifgebiet des Hamburger Verkehrsverbundes (HVV). Natürlich kauft sich kein Pendler Einzeltickets, sondern wählt die günstigste Variante: die Monatskarte im Abo. Wer von Bad Segeberg oder Mölln pendelt, braucht die Monatskarte für fünf Ringe, die kostet 182,20 Euro. Von Bad Oldesloe aus reichen vier Ringe, die Monatskarte kostet im Abo dann 171,60 Euro. Es kann jedoch noch günstiger werden, nämlich dann, wenn der Arbeitgeber ein Großkunden-Abonnement beim HVV hat und sich an den Kosten beteiligt. Und das ist gar nicht so selten: 3000 Unternehmen nehmen an dem Modell teil, 250 000 Mitarbeiter nutzen den Vorteil bereits. Unter anderem sind 90 Prozent der 200 größten Unternehmen Hamburgs beteiligt. Die Preise für die Pendler dieser Unternehmen sind unterschiedlich, in der gängigsten Variante kostet die Monatskarte für fünf Ringe dann aber nur noch 100,88 Euro. Komfort: Im Zug oder der U-Bahn muss sich der Pendler nicht auf das Fahren konzentrieren, sondern kann gemütlich die Zeitung lesen, im Netz surfen oder einen Kaffee trinken. So schön kann es sein, ist es jedoch selten. Wer zu den normalen Stoßzeiten unterwegs ist, muss mit proppevollen Zügen oder Bussen rechnen. „Dass es zu den Stoßzeiten sehr voll wird, will ich gar nicht in Abrede stellen“, sagt HVV-Sprecher Rainer Vohl und weist aber auch darauf hin, dass in Hamburg die Kapazitäten schon erhöht wurden und auch weiterhin erhöht werden sollen. „Und auch bei den Regionalzügen sind längere Züge und eine dichtere Taktung ein Thema“, sagt Vohl, man müsse aber natürlich immer auch sehen, wie viel der Hamburger Hauptbahnhof überhaupt aufnehmen kann. Hinzu kommt, dass die Pendler je nach Wohn- und Arbeitsort auch mehrmals umsteigen müssen. Es gilt, vom Wohnort zum Bahnhof zu kommen und dann wieder weiter vom Bahnhof zum Arbeitsort, eventuell muss dann von einer U- oder S-Bahnstation auch noch ein Stück Fußweg zur Arbeitsstelle eingeplant werden. Autofahrer müssen dafür zu den Stoßzeiten mit Stau rechnen. Sie können natürlich während der Fahrt Musik, Radio oder Podcasts hören, wenn sie das nicht ablenkt. Der größte Vorteil aber ist: Sie müssen nicht umsteigen, wenn sie denn direkt bei der Arbeitsstelle parken können. Fazit: Was besser ist, hängt von vielen individuellen Faktoren ab, die jeder Pendler für sich selbst prüfen muss. Wie schlimm ist der regelmäßige Stau auf meiner Strecke, platzt der Zug zu meinen Fahrzeiten aus allen Nähten? Insgesamt liegt das Auto hier aber leicht vorne, denn: Der Sitzplatz ist garantiert, und ich kann direkt vor der Haustür einsteigen. Ein Punkt für das Kfz. Es steht also 1:1 Umwelt: Die Regionalbahn ist relativ emissionsarm. Laut dem Umweltbundesamt liegt die Verschmutzung durch Treibhausgase bei 58 g/Pkm (Gramm pro Personenkilometer). Die Kohlenmonoxid liegt bei einer Belastung von 0,04, die Stickoxide bei 0,20 g/Pkm. Zugrunde gelegt wird eine Auslastung der Züge von 28 Prozent. Beim Pendeln dürfte die Belastung jedoch noch deutlich geringer sein, da die Auslastung dieser Züge viel höher ist als im Durchschnitt. In eine Regionalbahn von Bad Oldesloe nach Hamburg passen rund 600 bis 800 Personen, und die kommen zu den Hauptfahrzeiten auch zusammen. Beim Auto geht das Umweltbundesamt von einer Belastung bei den Treibhausgasen von 147 g/Pkm, beim Kohlenmonoxid von 1,00 g/Pkm und bei den Stickoxiden von 0,43 g/Pkm aus. Angenommen wird eine Auslastung von 1,5 Personen. Wenn sich der Pendler nicht mit einer Fahrgemeinschaft zusammenschließt, liegt die Belastung als Einzelfahrer also sogar noch höher. Fazit: Ein Regionalzug ersetzt Hunderte von Autos. Die Fahrt mit der Bahn ist also in jedem Fall klimafreundlicher. Ein Punkt für den Zug. Zwischenstand 2:1. Geschwindigkeit: Bei den Regionalzügen kann es zu Verspätungen und Zugausfällen kommen, bei Autofahrten zu Staus. Daher lässt sich dies bei einem Vergleich schwer einberechnen, denn es gibt keine verlässlichen Statistiken dazu. Wenn alles glatt läuft, dauert die Fahrt mit der Bahn von Bad Segeberg zum Hamburger Hauptbahnhof genau 48 Minuten, von Bad Oldesloe dauert es 28 Minuten, von Mölln dauert es über Büchen 57 Minuten. Bei der Bahn muss jedoch einberechnet werden, dass sie nur zu bestimmten Zeiten fährt, an die sich der Pendler anpassen muss. Außerdem kommt die Anfahrt zum Bahnhof und eine eventuelle Weiterfahrt vom Hamburger Hauptbahnhof mit der U- oder S-Bahn hinzu. Mit dem Auto geht es bei freien Straßen von Bad Segeberg in 52 Minuten zum Hamburger Hauptbahnhof (im morgendlichen Berufsverkehr rechnet der Routenplaner jedoch mit bis zu einer Stunde und 40 Minuten), von Bad Oldesloe dauert die freie Fahrt 42 Minuten, von Mölln 45 Minuten, bei Stau wird es deutlich länger. Fazit: Die Fahrtzeiten mit der Bahn sind – mit Ausnahme von Mölln – etwas kürzer, hinzu kommt, dass Staus häufiger vorkommen als Zugverspätungen. Wenn die Wege zum Bahnhof und vom Bahnhof zur Arbeitsstätte nicht zu weit sind, liegt die Bahn also vorn. Das bedeutet am Ende einen 3:1 – Sieg für die Bahn. Lesen Sie mehr:Alle bisherigen Serienteile und LN-Artikel für Pendler finden Sie hier. Von Sven Wehde

Pendlerserie - Bahn oder Auto: Womit pendeln Sie besser nach Hamburg?