Breitband Segeberger Ostkreis: Das lange Warten auf schnelles Internet

Als sich Clemens Graf von Wedel im vergangenen Jahr dazu entschloss, mitsamt seinem Unternehmen „enPortal“ in den Pronstorfer Außenbereich Diekhof zu ziehen, hatte er auf eine schnelle Anbindung an das „World Wide Web“ vertraut. Doch der Breitbandausbau verzögert sich immer weiter. Inzwischen nennt der Wege-Zweckverband (WZV) als Bauherr den Mai 2021 als Baubeginn. Den Wonnemonat will der Unternehmer noch abwarten, bevor er Konsequenzen aus der Misere ziehen und Pronstorf mit seinem Betrieb wieder verlassen will. „Wenn ich von hier aus an einer Videokonferenz teilnehme, bin ich froh, wenn das gesprochene Wort einigermaßen flüssig übertragen wird. Das ist kein Zustand. So kann man kein Unternehmen führen“, sagt Graf von Wedel (61), der 2007 zusammen mit Rainer Otto eine cloudbasierte Ausschreibungsplattform für Strom und Gas entwickelt hat. Digitaler Online-Marktplatz im Außenbereich Diekhof: Immer mehr Photovoltaik- und Windkraftanlagen, die nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) für 20 Jahre gefördert wurden, fallen aus der Preisbindung heraus. Die Betreiber müssen neue Abnehmer suchen, die sie auf „enPortal“ finden. Genutzt wird der digitale Online-Marktplatz laut Graf von Wedel von 650 registrierten Energieversorgern und 1800 Kunden mit rund 150 000 Abnahmestellen und einem betreuten Volumen von rund 19 Terawattstunden pro Jahr. „Das kann man nur mit modernster Kommunikationstechnik betreiben. Die Rechner stehen in einem großen Rechenzentrum. Für alles andere braucht man mindestens eine Glasfaseranbindung“, so Graf von Wedel. Dass der Bau des Glasfasernetzes vom Wege-Zweckverband immer wieder verschoben wird, geht ihm gehörig gegen den Strich. „Ich überlege, alles wieder rückgängig zu machen“, sagt der Unternehmer. Das jedoch wäre überhaupt nicht im Sinne von Pronstorfs Bürgermeisterin Bettina Albert, die Graf von Wedel als Einwohner nicht verlieren möchte: „Und ich möchte ihn auch als Gewerbesteuerzahler halten“, sagt die Geschäftsfrau, die ebenfalls auf die Glasfaseranbindung wartet. „Das kann man niemandem mehr vermitteln“: Hans-Caspar Graf zu Rantzau gehört zu den Glücklichen, die in der Ortslage von Pronstorf mit Highspeed im Internet surfen können. Die Verzögerungen bei der Anbindung der Außenbereiche aber treiben ihm die Zornesröte ins Gesicht. „Graf von Wedel ist mein Mieter. Er ist hierher gezogen, weil ich ihm gesagt habe, dass die Breitbandanbindung kommt. Immer wieder musste ich ihn vertrösten. Das kann man doch niemandem mehr vermitteln“, macht er seinem Ärger Luft. Im März 2017 knallten in den Außenbereichen des Amtes Trave-Land die Sektkorken, als die frohe Kunde von 4,06 Millionen Euro Fördergeldern für den Breitbandausbau die Runde machte. Fast vier Jahre ist die Aufbruchsstimmung inzwischen her, der längst Ernüchterung gefolgt ist. Nach einer ersten Ausschreibung der Planungsleistungen wurde der Auftrag an ein Planungsbüro vergeben, von dem sich der WZV nach eigenen Angaben „kostenneutral“ getrennt habe. Viel Zeit ging dadurch verloren. Einen Neuanfang machte der WZV Anfang 2020 mit der „Wasser- und Verkehrs- Kontor GmbH“ aus Neumünster, ein Ingenieurbüro mit viel Erfahrung im Breitbandausbau. Auf den Verbandsversammlungen am 23. Juni und am 31. August hatte Justiziar Nis Nissen versprochen, dass im Herbst Baubeginn sein werde. Eine Bauausschreibung gab es zu dem Zeitpunkt jedoch noch nicht. Neuer Zeitplan: Veröffentlichung der Bauausschreibung im März: Auf LN-Anfrage hatte der WZV im November 2020 mitgeteilt, dass die Bauausschreibung im Januar 2021 fertig sein werde. Jetzt, im Februar, ist sie das aber immer noch nicht. „Aber wir haben im Amtsblatt der EU am 26. Januar eine Vorinformation für die Ausschreibung veröffentlicht. Die Firmen wissen, dass da was kommt. Dadurch kann die Angebotsfrist um 15 Tage verkürzt werden“, teilte Fachbereichsleiter Nissen mit. Die Bauausschreibung selbst ist nun für Anfang März 2021 angekündigt, eine Zuschlagserteilung für Ende März/Anfang April, der Baubeginn für Mitte/Ende Mai 2021. Vertrauen in den anvisierten Zeitplan hat Hans-Caspar Graf zu Rantzau schon lange nicht mehr: „Man muss sich wirklich fragen, ob der WZV so, wie er unterwegs ist, überhaupt noch seinen Platz unter den Kommunen verdient oder ob man sich nicht besser anderweitig umsehen sollte.“ Von Petra Dreu