Bürgermeisterwahl Bad Segeberg: Unternehmerin Marlis Stagat will ins Rathaus

Morgens, Punkt 4.53 Uhr klingelt bei Marlis Stagat der Wecker. Sieben Minuten später, um fünf Uhr, steht die 49-Jährige auf ihrer Sportmatte, um Yoga zu machen und zu meditieren. Um 6.15 Uhr weckt sie ihre Tochter Tini. Marlis Stagat lebt allein mit ihrer 25-jährigen Tochter, die ein Handicap hat und in der Behindertenwerkstatt arbeitet. Ihr Mann lebt mit dem 23-jährigen Sohn zusammen. „Wir sind zwar getrennt, aber weiter sehr gute Freunde“, erzählt Stagat. Erst wenn die Tochter vom Fahrdienst abgeholt wurde, ist es Zeit für Frühstück und die Zeitung. Und dann muss auch schon Paula, der Berner Sennenhund, raus. Danach beginnt die Arbeit, und davon gibt es im Leben von Marlis Stagat reichlich. Sie hat zwei Unternehmen, eine Versicherungsagentur und ein Coachingunternehmen, ist Vorsitzende des Unternehmervereins „Wir für Segeberg“ (WfS) und jetzt auch noch Bürgermeisterkandidatin für Bad Segeberg. Sie ist parteilos, wurde aber von der CDU nominiert. Gute Organisation statt 100-Stunden-Woche: Wie ist das alles zu schaffen? „Ich brauche dafür keine 100-Stunden-Woche, weil ich sehr organisiert arbeite“, sagt Stagat beim Treffen in den Bürgerstuben gegenüber vom Rathaus. Und wenn das Energielevel zu tief sinke, steuere sie rechtzeitig dagegen. „Zum Beispiel indem ich zusammen mit einer Freundin ein gutes Glas Wein trinke. Ich habe tolle Freunde, die mich auch in den Arm nehmen, wenn ich das brauche“, sagt Stagat. Außerdem könne sie sehr gut auch Aufgaben und Verantwortung abgeben. „Ich bin ein Teamplayer und liebe es, mit Menschen gemeinsam zu arbeiten“, sagt Stagat. Alles Wichtige zu Kalkberg und Co. jeden Montag gegen 18 Uhr in Ihrem Postfach –klicken Sie hier, um unseren kostenlosen Newsletter zu abonnieren! Eine Eigenschaft, die sie auch mit in das Rathaus nehmen würde, wenn sie die Wahl gewinnt. Denn die Kritik, sie habe nicht so viel Verwaltungsexpertise wie Amtsinhaber Dieter Schönfeld, lässt sie nicht gelten. Im Gegenteil, für die Kandidatin ist das sogar ein Vorteil. „Es braucht keinen weiteren Verwaltungs-Profi, im Rathaus sitzen bereits extrem gute Mitarbeiter“, findet Stagat. Es könne sogar schaden, wenn ein Bürgermeister zu viel Verwaltungswissen habe und sich immer in die Details „reinschraube“. „Das ist nicht meine Aufgabe, natürlich muss der Vorgesetzte vielleicht die Entscheidung treffen, aber wer sagt denn, dass er das alles immer alleine tun muss. Wir brauchen Emotionen, Begeisterung und Liebe für die eigene Stadt, eine klare Strategie, eine Vision und eine sehr gute Mitarbeiterführung. Dafür wäre ich als Bürgermeisterin zuständig, da muss ich nicht alle Gesetzestexte kennen“, sagt sie. Sauberkeit und Klimaschutz: Einige politische Visionen hat die Unternehmerin auch schon. Zum Beispiel die von einer sauberen und sicheren Stadt. „Unsere Stadt ist an vielen Orten beschädigt und kaputt. Es gibt zahlreiche zerstörte Mülleimer und Spielgeräte, besprayte Infotafeln oder Müll, der irgendwo entsorgt wird“, ärgert sich Stagat. Berührt habe sie aber auch, dass viele Segeberger sich nicht mehr sicher fühlten. „Für diese Themen würde ich einen kommunalen Ordnungsdienst einsetzen. Aber ich möchte auch, dass wir alle zusammenrücken und als Bürger selber Verantwortung übernehmen.“ Lesen Sie auch: Toni Köppen will in Bad Segeberg Berge versetzen Bad Segebergs Bürgermeister Dieter Schönfeld will noch einmal durchstarten Während diese Vision noch klassisch zu der CDU passt, die Stagat nominiert hat, sind andere Visionen der parteilosen 49-Jährigen fast klassisch grün. Nachhaltigkeit und Klimaschutz haben bei ihr einen großen Stellenwert. Ihr Haus sei nur aus Naturbaustoffen gebaut, bald sollen Solarmodule auf dem Dach Energie liefern, sie esse weniger Fleisch und achte auf Shampoo, das keine Plastikteilchen enthält. Deshalb wolle sie sich auch in Bad Segeberg stark für Umweltthemen engagieren. So sei es höchste Zeit, dass auf öffentlichen Plätzen, in Schulen oder anderen öffentlichen Gebäuden endlich der Müll getrennt werde. CDU fragte beim Mittagessen: Marlis Stagat hat nie davon geträumt, Bürgermeisterin in Bad Segeberg zu werden. Die gebürtige Hamburgerin ist mit fünf Jahren nach Bad Segeberg gekommen, hier aufgewachsen – und fest angewachsen. Die Liebe zu ihrer Heimatstadt war auch der Grund für ihre Engagement im Unternehmerverein. Als WfS-Vorsitzende holte sie im Corona-Sommer das Autokino mit nach Bad Segeberg und war sich auch nicht zu schade, dort in ihrer Freizeit mit Warnweste die Platzanweiserin zu machen. „Als Vorsitzende habe ich im Scherz häufiger mal gesagt, was ich denn so machen würde, wenn ich Bürgermeisterin wäre. . .“, sagt Stagat mit einem Lächeln. So häufig, dass andere dachten, dass das eigentlich eine sehr gute Idee wäre. Im Juni vergangenen Jahres lud Bürgervorsteherin Monika Saggau (CDU) Stagat zum Mittagessen ein und fragte sie, ob sie für die CDU kandidieren würde. Stagat ließ sich einige Monate Zeit mit der Entscheidung, prüfte genau, was das bedeuten würde und was sie dafür mitbringen müsste. Ihr Leben würde sich komplett ändern, sie müsste ihre eigenen Unternehmen abgeben. Als sie sich im Oktober vergangenen Jahres dafür entschied, war das wohl überlegt. Die Hälfte ihrer Versicherungsagentur hat sie bereits verkauft. Stagat: „Ich habe mich dazu entschieden, jetzt will ich das – und gehe ,all in’.“ Von Sven Wehde