Bürgermeisterwahl in Bad Segeberg: Schönfeld will durchstarten

Okay, der Mann kann auch mit 68 noch mal aufdrehen. Am Uferweg des Großen Segeberger Sees tritt Bürgermeister Dieter Schönfeld kräftig in die Pedalen seines neuen Fahrrads. Kein E-Bike. Alles Muskelkraft. Fit bleiben für die dritte Amtszeit in Bad Segeberg, heißt seine Parole. Dafür wandert er in einer Stunde und 20 Minuten um den See und erkundet Bad Segebergs schöne Umgebung mit dem Rad. Und tatsächlich scheint er auf den letzten Metern vor der Wahl am 1. November zur Hochform aufzulaufen. „Ich habe mein Gewicht auf das Idealmaß meiner Altersklasse gebracht“, sagt er. Im Klartext: 15 Kilo habe er abgespeckt. „Planmäßig und gewollt“, betont er. „Um Gotteswillen ist er dünn geworden“, muss er sich vor allem von der Damenwelt anhören. „Ich bin nicht krank. Ganz im Gegenteil“, beteuert er. „Ich habe auch keinen Hinweis, dass mir in nächster Zeit gesundheitlicher Schaden drohen könnte.“ Dienstältester Bürgermeister im Lande: „Einen echten Wahlkampf mache ich gar nicht“, sagt der Pensions-Verweigerer. Er stellt sich am Informationsstand für drei bis vier Stunden auf, händigt mit seinen Mitstreitern an Interessierte die Flyer aus. Warum tut er sich das noch an? Nach so vielen erfolgreichen Berufsjahren? Mit drei Wahlperioden im Kreis Rendsburg-Eckernförde und den Jahren in Bad Segeberg sind es 30 Jahre. Der Sozialdemokrat kennt alle wichtigen Leute in Schleswig-Holstein, ist super vernetzt – auch zum Wohle der Stadt. Von seinem Alter her und der Amtszeit sei er im Moment der dienstälteste hauptamtliche Bürgermeister in Schleswig-Holstein. Er lässt keinen Zweifel daran: Für ihn sei die richtige Mischung aus Arbeit und Freizeit erfüllend. „Bei mir überwiegt aber die Arbeit ganz erheblich, aber das bin ich seit meiner Jugend so gewöhnt.“ Er habe schon zum zehnten Dienstjubiläum in Bad Segeberg überlegt, ob er sich noch mal zur Wahl stellen solle. Aber es sei kein Kandidat aufgestellt worden, „der eine dem Amt angemessene Ausbildung“ habe, und so hat er sich doch entschieden erneut zu kandidieren. Jetzt muss er sich mit der im Internet und auch sonst umtriebigen Marlis Stagat und dem eher unbekannten aber Politik-erfahrenen Toni Köppen auseinandersetzen. Letzterer hat kommunalpolitische Erfahrung im Segeberger Kreistag. Als sich Schönfeld 1990 erstmals als Bürgermeister in Gettorf zur Wahl stellte, sei es noch zwingend Vorschrift gewesen, ein entsprechendes Studium zu haben. Vielen Städten sei es seitdem nicht bekommen, so Schönfeld, „dass Bewerber gewählt wurden, die auf ihre Work-Life-Balance achteten oder nach sechs Jahren oder auch früher aufhörten“. Auch in Bad Segebergs Geschichte habe es eine zwölfjährige Amtszeit eher selten gegeben. Dabei sei „Kontinuität doch etwas Gutes.“ Die von seinen Vorgängern hinterlassenen desolaten Finanzen der Stadt Bad Segeberg wieder in Ordnung gebracht zu haben und Verlustbringer wie das Bad „Fehmare“ abgestoßen zu haben – das waren sicher einige der vielen Segeberger Lebenswerke von Dieter Schönfeld. Mit sichtlichem Schaudern erinnert er sich an die Anfänge seiner Amtszeit, als „wir Kredite aufnehmen mussten, weil wir uns Zinsen und Tilgung der alten Kredite nicht mehr leisten konnten. Das darf Bad Segeberg nie wieder passieren“. Deshalb sei es gut „frei von Illusionen zu sein“. Früher habe man hier über seine Verhältnisse gelebt. „Das rächt sich und führt ins Verderben, wenn man das nicht stoppt.“ Bis zu zehn Karl-May-Vorstellungen im Jahr: Er hat aufgeräumt. Nach 20 Jahren konnte im Jahre 2018 erstmals wieder ein Haushalt mit Überschuss beschlossen werden. Trotz des strikten Sparkurses sei viel erreicht worden, sagt er. Neues Gewerbegebiet, über 2000 neue Einwohner gewonnen, 15 Millionen Euro in die Schulen gesteckt. Stolz auf das Geleistete ist er sichtlich. Die Stadt sei ihm in den vergangenen elf Jahren ans Herz gewachsen. Genauso wie die Karl-May-Spiele. Acht bis zehn Vorstellungen besuche er jährlich, auch bei den Proben schaue er vorbei. Draußen auf der Badeinsel vor der Badeanstalt am Großen Segeberger See sitzen die Kormorane wie die Geier. Im Rathaus ist er anerkannt, wenn man sich bei einigen der 350 Mitarbeitern umhört. Schönfeld schmunzelt: „Ich bekam bei meiner Wiederwahl das Kompliment zu hören, dass ich nicht schreie, keine Türen knalle und nicht mit Akten werfe. Das wird auch zukünftig nicht passieren.“ Trotzdem sei er in der Lage, konsequent und energisch eine Position durchzusetzen, ich habe meine Emotionen im Griff.“ Ein Türen-Knaller ist er nicht: Wichtig für seine Stellung im Rathaus sei auch, dass es nicht mehr wie vor seiner Zeit einen zusätzlichen Büroleitenden Beamten gebe. „Das ist eine zusätzliche Hierarchie-Ebene, die nur dazu dient, dass sich der Bürgermeister weitgehend von den übrigen Führungskräften abschottet. Das halte ich für falsch.“ Damals sollte er auf Druck der CDU 15 Prozent Personal reduzieren, das hat es auch teilweise geschafft. Jetzt habe er bei seinen Mitbewerbern, aber insbesondere bei der CDU-Fraktion das Gefühl, „dass gar nicht genug Personal aufgerüstet werden kann“. Erboster Sportfischer macht sich Luft: Als Bürgermeister müsse man lernen sich gegen die durchzusetzen, „die Maß und Mitte verlieren“, bezieht er sich auf Minister Ludwig Ehrhard. Vor der Fischerkate am See wird er von einem erbosten Hartmut Söth mit Holzscheit in der Hand angesprochen. Der ist aber nicht auf Schönfeld, sondern auf seine Mitbewerberin Marlis Stagat wütend. „Werden die Autofahrer nicht schon genug geschröpft? Jetzt sollen neue Mitarbeiter im Ordnungsamt mit zusätzlichen Knöllchen und Bußgeldern der Bürger finanziert werden“, schimpft der Sportfischer auf die Ideen der CDU. Und beschwert sich bei der Gelegenheit auch über den Schlaglöcher-Weg vor der Kate. Schönfeld verspricht sich zu kümmern und reicht seinem Fan einen Flyer. „Ich biete die Alternative“, sagt der Bürgermeister. Selbst hier ist er zurückhaltend. Wahlkampf ist nicht sein Thema. Aber seine Familie akzeptiere seinen Wunsch zu kandidieren, sagt er. „Bei allen Ereignissen und Kandidaturen war ich immer mit meiner jüngsten Tochter Inga unterwegs.“ Da bestehe „ein sehr enges Vertrauensverhältnis“. Und Inga werde auch zum Wahlabend am 1. November kommen und ihrem Vater zur Seite stehen. Egal wie es ausgeht. Von Von Wolfgang Glombik