Busse fahren nicht wegen Streik: Trubel im Taxi-Unternehmen

„Sehen Sie, da klingelt das Telefon schon wieder.“ Irmgard Seiffert lotst die Fahrer von der Dahlienstraße aus. Sie ruft von der Zentrale aus Wegbeschreibungen zu, damit jeder an sein Ziel kommt. Während die Busfahrer streiken, ist bei Taxi Seiffert die Hölle los. Kaum hat sie den Hörer abgenommen, wechselt sie nebenbei zu zwei weiteren Anrufern. „Wir haben Stadtfahrten ohne Ende“, sagt Irmgard Seiffert. „So bringt das richtig Spaß.“ Damit gerechnet hatte ihr Sohn und Inhaber Markus Seiffert nicht unbedingt. Er wollte sich überraschen lassen. Doch Dienstag früh war klar: Alle Autokraft-Busse fallen aus. Und dazu die zwei Stadtlinien der Rohde Verkehrsbetriebe (RVB). „Gott sei Dank haben wir so viele Fahrer. Sie haben sich alle sofort bereit erklärt“, sagt sie. 16 Wagen gehören zum Unternehmen. In diesen Tagen sind sie alle belegt. Da war zum Beispiel eine Dame, die zur Arbeit nach Nahe musste. Sie wartete am Dienstagmorgen in Bad Segeberg vergeblich auf einen Bus. „Nicht arbeiten zu gehen, ist keine Alternative. Gerade am ersten Streiktag sind doch einige überrascht worden“, sagt Taxifahrer Karlheinz Dolling. Stadtbuslinien 7751 und 7752 sind betroffen: Einen Tag später wird er zur Haltestelle am Turnierplatz gerufen. Rüdiger und Monika Wilk aus Stocksee kommen von hier aus nicht nach Hause. Zumindest mit dem Bus. Die Stadtbus-Linie 7751 hält hier sonst. Sie bringt Fahrgäste bis zum Ihlsee, zu den Segeberger Kliniken, in die Innenstadt oder bis zur Kita und zum Einkaufszentrum Christiansfelde. Die zweite bestreikte Linie 7752 hält am Ihlwaldfriedhof im Norden, am Neurologischen Zentrum, vor Möbel Kraft oder am Hallenbad. „Die Info war gleich Null. Da war kein Aushang“, sagt Rüdiger Wilk. Weder in den Bussen noch an der Haltestelle. „Wir müssen dringend zum Bahnhof.“ Denn dort können beide in einen Bus der Verkehrsbetriebe Plön (VKP) umsteigen. „Die fahren ja noch“, sagt Monika Wilk. Sie haben sieben Minuten, dann fährt der letzte Bus. Sie schaffen es gerade noch rechtzeitig. Dank Taxi. Bus und Taxi: für manche überlebenswichtig: Für viele Gäste ist es noch wichtiger, ihr Ziel pünktlich zu erreichen. „Sie müssen zur Chemotherapie, zur Dialyse oder ins Krankenhaus“, weiß Taxifahrer Karlheinz Dolling. Langweilig wird es nie. Denn obwohl seine Wege oft gleich sind, hat jeder Mitfahrer seine eigene Geschichte. Und im Taxi ist ein wenig Zeit, sie zu erzählen. „Morgens ist am meisten los, wenn die Ärzte Sprechzeiten haben“, sagt der 63-Jährige. So musste die Segebergerin Edith Schmidt an Morgen eines Streiktages ins Krankenhaus zu einer Operation. „Ein Nachbar war so nett, mich zu fahren“, erzählt die 82-Jährige. Am Nachmittag jedoch, nach einem Stadtbummel, nehmen sie und Freundin Karin Ullrich das Taxi. Nach Hause in die Südstadt nehmen sie sonst den Bus. „Wir wussten aber, dass gestreikt wird“, sagt Karin Ullrich. Also müssen sie aufs Taxi zurückgreifen. Ganz selbstverständlich ist es nicht. „Das merkt man schon im Portemonnaie.“ Beide Frauen zahlen über zehn Euro für die Taxifahrt. „Im Bus wären es für mich nur 1,70 gewesen“, sagt sie. „Wir haben Verständnis für den Streik. Aber es ist schade, dass wir dafür extra zahlen müssen“, pflichtet Edith Schmidt ihr bei. Schlechtes Wetter erhöht Fahrtendichte zusätzlich: Gerade bis in den Nachmittag gibt es für die Taxifahrer nur wenige Pausen. An den Streiktagen steht Karlheinz Dolling kaum mehr als eine Minute am Busbahnhof, dann kommt der nächste Auftrag. So viel ist für ihn und seine Kollegen sicher: Von A nach B wollen die Menschen immer. „Termine bleiben Termine. Die werden die Menschen nicht absagen, nur weil in den Busunternehmen gestreikt wird“, weiß Irmgard Seiffert, die seit mehreren Jahrzehnten in der Branche arbeitet. „Und dann muss einer sie fahren.“ Nicht zuletzt sorge aber auch das „Taxi-Wetter“ in diesen Tagen dafür, dass die Autos so gut ausgelastet sind. Weiterlesen: Alle Nachrichten zu den Busstreiks lesen Sie auf der LN-Themenseite Von Irene Burow

Busstreik - Stadtverkehr lahmgelegt: Trubel im Taxi-Unternehmen