Corona: Diese Folgen hatte der Ausfall der Karl-May-Spiele in Bad Segeberg

Der Ausfall der Karl-May-Spiele und der Konzerte in der Arena hat nicht nur die Kalkberg GmbH selbst hart getroffen. Auch Hotels, Gastronomie und Händler befürchteten schlimme Folgen, schließlich kommen allein zu den Karl-May-Spielen bis zu 400 000 Besucher pro Saison in die Stadt. Wie dramatisch die Ausfälle wirklich sind, zeichnet sich jedoch erst jetzt nach dem Ende der Saison ab. Campingplatz mit großem Umsatzverlust: Für den Campingplatz „Seecamping Segeberg“ ist es so gekommen wie erwartet. „Wir haben 80 Prozent Umsatzeinbußen gehabt, das war abzusehen, als klar war, dass die Karl-May-Spiele und die Konzerte ausfallen“, sagt Platzbetreiberin Brigitte Schmidt. Hinzu sei noch gekommen, dass man den Platz ja bis Mitte Mai überhaupt nicht öffnen durfte. „Zum Glück hat keiner der Dauercamper Miete zurückgefordert“, sagt Schmidt. Die meisten Urlauber seien zudem an die Nord- und Ostsee geströmt. „Wenigstens ein paar sind gekommen. Sogar welche, die in Grömitz lebten, denen war es da einfach zu voll geworden.“ Zwar hat der Campingplatz auch eine Soforthilfe bekommen, aber die Betreiber hatten eben auch gerade erst viel investiert, unter anderem 50 000 Euro für neue WC-Anlagen. Die einzig gute Nachricht: „Seecamping Segeberg“ hat die Krise in diesem Sommer überstanden. „Wir werden das nächste Jahr noch da sein“, verspricht Schmidt und sagt aber zugleich: „Doch dann hoffen wir sehr auf eine normale Saison, denn auch die Hilfen der Bundesregierung sind irgendwann endlich.“ Seehotel konnte Urlauber gewinnen: Etwas besser ist es für Hotels wie das Vitalia Seehotel gelaufen. „Ja, die Karl-May-Spiele haben uns gefehlt“, sagt Hoteldirektor Guido Eschholz, „aber zum einen sind rund ein Drittel der Karl-May-Gäste trotzdem gekommen, und zum anderen haben wir dafür verstärkt auf Urlauber gesetzt. Gerade weil die Küste überfüllt war, konnten wir da einiges kompensieren.“ So sei man auch über die Karl-May-Zeit gut gebucht und die Gäste auch sehr zufrieden gewesen. „Bad Segeberg ist der perfekte Ausgangspunkt, innerhalb von einer halben Stunde ist man an der Küste, in Lübeck, Hamburg oder an anderen Ausflugszielen. Und bei gutem Wetter waren die Gäste im Ihlsee schwimmen.“ Was tatsächlich an Umsatz fehle, seien Veranstaltungen wie Abi-Bälle, Goldene Hochzeiten oder Ähnliches. „Da ist viel weggebrochen“, sagt Eschholz. Kalkberg-Gastronomie mit genug Rücklagen: Folgen hatten die fehlenden Besucher natürlich auch für die Gastronomie. Lutz Frank, Vizepräsident des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) in Schleswig-Holstein und Betreiber des Restaurants am Ihlsee, schätzt die Verluste der Restaurants in der Innenstadt durch den Wegfall der Karl-May-Spiele auf 30 bis 40 Prozent. „Ich selber spüre das am Ihlsee durch meine Lage bedeutend weniger. Ich habe zwar auch Karl-May-Gäste, aber nur am Rande“, sagt Frank. Alles Wichtige zu Kalkberg und Co. jeden Montag gegen 18 Uhr in Ihrem Postfach –klicken Sie hier, um unseren kostenlosen Newsletter zu abonnieren! Voll getroffen hat es dafür Michael Flatt, der die Gastronomie im Kalkbergstadion selbst betreibt. Für den Gastronom und seine Mitarbeiter ist das Geschäft komplett weggefallen. „Das ist für mich finanziell schwierig, und auch meine Mitarbeiter hatten natürlich mit der Saison geplant. Die Festangestellten sind in Kurzarbeit. Und ich hatte gerade noch für 70 000 Euro die komplette Elektroanlage erneuert und neue Geräte angeschafft“, sagt Flatt. Er sei jedoch schon viele Jahre im Geschäft und habe genug Rücklagen angelegt, um dieses unfreiwillige „Sabbatical“ zu überstehen. „Auch die Soforthilfe-Programme haben gut und schnell funktioniert“, lobt der 67-Jährige. Insgesamt könne er dieses Jahr „ohne Bauchschmerzen“ überstehen. Kommt das „dicke Ende“ der Krise erst noch? Jens Peter Lehmann, dessen Vater schon vor 52 Jahren ebenfalls wie Flatt einen Teil der Kalkberg-Gastronomie übernommen hatte, wird den Saisonausfall ebenfalls überstehen. „Es sind tatsächlich null Euro Umsatz in 2020, aber ich will nicht klagen, ich habe genug Rücklagen und komme klar“, sagt der Gastronom, dessen Familie früher eine Schlachterei in Bad Segeberg hatte. Was ihn bewege, seien vor allem die Folgen für seine Mitarbeiter. „Wir haben ein tolles Team da oben, einige arbeiten schon in zweiter Generation bei mir. Da sind auch viele dabei, die sich etwas dazu verdienen müssen, die haben jetzt alle keinen Job.“ Lehmann befürchtet zudem, dass für viele Geschäfte in der Stadt „das dicke Ende“ erst noch kommt. „Segeberg ist Karl May, die gesamte Innenstadt lebt von den Menschen, die uns besuchen. Viele haben es jetzt mit Stundungen geschafft, aber was wird, wenn der Winter kommt und die Menschen nicht mehr draußen sitzen können?“ Es sei derzeit für alle ein unwirkliches Gefühl. „Eigentlich kennen wir gar keinen Sommer. Mein ganzes Leben und auch das meines verstorbenen Vaters war den Sommer über von Karl May bestimmt, und es war ein gutes Leben“, erzählt Lehmann und hofft, dass er im nächsten Sommer wieder auf dem Berg arbeiten kann. Die meisten Segeberger stärken regionale Geschäfte: Im Einzelhandel sei bei den Bekleidungsgeschäften die Zahl der Kunden zwar geringer gewesen, der Umsatz aber zuletzt nicht, berichtet Marlis Stagat, die Vorsitzende des Unternehmervereins „Wir für Segeberg“. Offenbar liegt es doch vielen Segebergern am Herzen, die regionale Wirtschaft zu stärken, sehr zur Freude der Einzelhändler. „Schließlich haben alle damit zu tun, das Defizit aus der Zeit des Lockdowns im Frühjahr wieder aufzufangen“, so Stagat. Leider gebe es jedoch auch eine gegensätzliche Bewegung. „Einige Kunden haben für sich auch entdeckt, wie einfach es ist, online zu bestellen.“ Die LN-Themenseite mit allen Artikeln zum Thema Corona Coronavirus in SH: Das ist die aktuelle Zahl der Infizierten Das sind die Corona-Regeln in Schleswig-Holstein Diese Großveranstaltungen in Schleswig-Holstein fallen aus Abstand, Hygiene, Gästezahl: Das sind die Vorschriften für private Feiern Abstands- und Hygieneregeln in Schleswig-Holstein: So teuer sind Verstöße Das sind jetzt die Regeln für Restaurants und Gaststätten in Schleswig-Holstein Zum Nachfahren: Schöne Fahrradtouren rund um Lübeck Schutzmasken richtig tragen: So geht’s! Diese Maskentypen gibt es – und so werden sie richtig genutzt Von Sven Wehde