Corona-Impfung: Viele Bürger sind verunsichert

Der lang ersehnte Corona-Impfstoff ist endlich da, in den Kreisen Segeberg und Stormarn werden bereits in den nächsten Tagen sechs große Impfzentren aufgebaut, in denen dann ab Mitte Dezember – eine Zulassung des Impfstoffes vorausgesetzt – die Bevölkerung geimpft werden kann. Doch der Jubel fällt verhalten aus, die Stimmung in der Bevölkerung ist gespalten. Die einen freuen sich, dass sie bald geimpft werden können, andere sind unsicher, weil das Medikament noch so neu ist. Eine nicht repräsentative Umfrage auf LN-Online mit Donnerstagabend rund 700 Teilnehmern zeigt, dass rund 65 Prozent sich impfen lassen wollen, während der Rest noch unsicher oder strikt dagegen ist (26 Prozent). Es muss viel aufgeklärt werden: Es muss in jedem Fall noch viel Aufklärungsarbeit geleistet werden. „Das wird ein beträchtliches Problem die Menschen zu überzeugen“, sagt Dr. Jochen Triepel von der Neuen Apotheke in Reinfeld. Die Verunsicherung spürt er nicht nur bei seinen Kunden, sondern selbst bei einem kleinen Teil seiner Angestellten. „Viele Menschen sind sehr skeptisch, einige haben sogar richtig Angst vor der Impfung“, sagt der erfahrene Apotheker. Eine Angst, die aus seiner Sicht unbegründet ist. „Natürlich kann es bei dieser Impfung wie bei allen anderen Impfungen oder Arzneimitteln auch zu unerwünschten Nebenwirkungen kommen. Aber nach allem, was wir wissen, ist die Gefahr bei dem Covid-19-Impfstoff nicht größer als bei einer normalen Grippeimpfung“, sagt der 76-Jährige, der sich selbst auch auf jeden Fall impfen lassen will. Die Art des Impfstoffs sei zwar relativ neu und noch nicht so gängig. Aber wahrscheinlich seien die Nebenwirkungen sogar geringer und die Wirksamkeit höher als bei den herkömmlichen Impfstoffen. Sein Bad Segeberger Kollege Dirk Buckenberger von der Alten Apotheke hat ganz ähnlich Erfahrungen gemacht. „Die Impfbereitschaft in der Bevölkerung ist ja leider geringer als erwartet, da dort Vorbehalte gegenüber einem so schnell entwickeltem Arzneimittel vorhanden sind“, sagt der Apotheker, der aber auch beruhigen kann: „In Deutschland müssen Arzneimittel immer auf Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit überprüft werden. Dies ist bei den Impfstoffen genauso der Fall.“ Die Nachfrage nach dem Impfstoff sei bei seinen Kunden zwar momentan eher noch gering, das Interesse sei aber definitiv da. Einige Patienten freuen sich auf die Impfung: Positive Reaktionen hat hingegen Hausarzt Dr. Jens Stegemann von der Bad Segeberger Altstadtpraxis erlebt. Es sei tatsächlich so, dass sich einige Patienten auf den Impfstoff freuen würden. „Die meisten stehen dem Impfstoff aufgeschlossen gegenüber. Ängste spielen eher weniger eine Rolle, es muss sich ja niemand impfen lassen“, sagt der Allgemeinmediziner. Stegemann unterstützt seine Patienten auch dabei. „Ich persönlich stehe einer Impfung positiv gegenüber und vermittle das auch auf Nachfragen von Patienten“, sagt Stegemann, der sich auch selber impfen lassen will. Auch seine Praxis-Kollegen würden die Möglichkeit der Impfung positiv einschätzen, seien aber eventuell etwas kritischer gegenüber möglichen Risiken, da bisher bei der schnellen Entwicklung noch keine Ergebnisse über Langzeitkomplikationen bekannt sind. Den Mitarbeitern in der Praxis wolle und könne man eine Impfung natürlich nicht vorschreiben. Stegemann: „Ein Meinungsbild ergab bei einigen unserer eher jüngeren Mitarbeitern noch eine Zurückhaltung.“ Übersicht für Schleswig-Holstein: Wie stark verbreitet sich die Corona-Erkrankung? Übersicht für Deutschland: Die Gesamtentwicklung, alle Hotspots und Reisewarnungen Diese beiden Artikel sind kostenlos für alle lesbar, die nachfolgenden regionalen Analysen sind LN-Plus-Lesern vorbehalten. Testen Sie jetzt kostenlos LN+! Interaktive Karte: Wo sind die Corona-Hotspots in Schleswig-Holstein? Analyse: Gibt es mehr Corona-Infektionen, weil auch mehr getestet wird? Mehr aus Ihrer Region: Zahlen und Fakten zum Coronavirus in Lübeck Zahlen und Fakten zum Coronavirus in Ostholstein Zahlen und Fakten zum Coronavirus in Segeberg Zahlen und Fakten zum Coronavirus im Kreis Herzogtum Lauenburg Zahlen und Fakten zum Coronavirus in Stormarn Impfung nur in den großen Zentren: Patienten können zwar mit ihrem Hausarzt über die Impfung sprechen, impfen lassen können sie sich dort jedoch nicht. „Das läuft alles über die Impfzentren. Unter anderem muss der Impfstoff bei minus 70 Grad gelagert werden, das ist ein kompliziertes Verfahren und nicht praxistauglich“, erklärt Nikolaus Schmidt, Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein (KVSH). Zudem können sich auch nicht gleich jeder impfen lassen. Der Impfstoff sei zunächst für das medizinische Personal und stark gefährdete Risikogruppen vorgesehen. „Aber auch der Impfprozess läuft natürlich so ab, dass die Menschen vorher aufgeklärt werden. Es gibt vorher immer ein Arztgespräch, in dem es auch um die Verträglichkeit geht“, sagt Schmidt. Seniorenheim wartet ab: Zu den Gruppen, die als erstes geimpft werden sollen, gehören natürlich auch die Bewohner und Mitarbeiter von Seniorenheimen. Im Altenheim „Haus Itzstedt“ ist man derzeit noch ganz gelassen. „Wir warten erstmal ab, wann und ob es wirklich losgeht. Aber es gibt gerade bei den jüngeren Mitarbeitern schon auch Sorgen, weil sie die langfristige Wirkung nicht kennen“, sagt die stellvertretende Heimleiterin Christiane Warneke. Die Bewohner würde die ganze Aufregung nicht so wahrnehmen. Im Heim sei man derzeit erstmal froh, dass es keinen Corona-Fall gebe und Besuche empfangen werden können. Alles andere lasse man auf sich zukommen. Von Sven Wehde