Corona-Lockerung: Segebergs Friseure bereiten sich auf die Öffnung vor

Ein Tisch und ein paar Stühle sind für einen Corona-Regel konformen Outdoor-Wartebereich besorgt. Desinfektionsmittel, Mund-Nase-Schützer, Einmalhandschuhe und Schilder, die auf den nötigen Abstand hinweisen, liegen bereit – und die Nerven zum Teil blank. Am Montag, 4. Mai, dürfen die Friseure nach fünf Wochen Corona-Zwangspause wieder öffnen. Kunden wie Volker Bogdahn aus Gnissau freuen sich schon: „Darauf habe ich gewartet. Meine Frau sagt, dass die Haare fällig seien.“ Auch Kundin Verena Lüdtke hält Lockerungen für eine gute Sache, auch wenn ein Besuch dort nicht auf ihrer Dringlichkeitsliste steht. Doch die Friseure selbst sehen dem Neustart mit gemischten Gefühlen entgegen. Die Bedingungen seien durch die Auflagen schwierig. Bärte dürfen nicht geschnitten, Wimpern und Augenbrauen weder gezupft noch gefärbt werden. Termine werden nur vorab telefonisch vergeben. So genannte Walk-In-Termine, also spontane, sind zu unterlassen. Erlaubt ist das Arbeiten nur mit Maske, und die muss nach jedem Kunden gewechselt werden. Auch jeder Kunde muss Mund-Nasen-Schutz tragen und er muss dokumentiert werden. Das ist nur ein kleiner Auszug aus einer ganzen Reihe weiterer Regeln. So ist der klassische Trockenschnitt tabu. „Wir müssen das Haar vorher waschen. Ich weiß gar nicht, ob das von meinen Kunden angenommen wird“, sorgt sich Friseurmeister Frank Hübner aus Wahlstedt. Der 64-Jährige ist soloselbstständig. Zwei Plätze, ein Waschbecken ein Wartebereich mit zwei Stühlen, das ist sein Herrenfriseur. Seine Kundschaft: ausschließlich Männer, die vorzugsweise spontan den Entschluss gefasst haben, sich nicht lange aufhalten wollen. Jetzt müssen jedem Kunden die Haare gewaschen werden. „Es macht es den Säureschutzmantel auf der Kopfhaut kaputt. Wenn da dann Farbe draufkäme – so etwas kann sich nur jemand am Schreibtisch ausdenken“, sagt Berufskollegin Peggi Niemann aus Bad Segeberg kopfschüttelnd. Die für Friseure zuständige Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienste und Wohlfahrtspflege (BGW) argumentiert dagegen, dass davon ausgegangen werde, dass Viren an Haaren anhaften und bei Kontakt auf den Friseur verschleppt werden können. Mehr Zeitaufwand bedeutet mehr Kosten: Hübner kritisiert den kostspieligen Aufwand. „Und ich brauche deutlich länger. Sonst schaffe ich drei Kunden in der Stunde. Unter diesen Bedingungen einen, vielleicht zwei. Ich bin sicher, dass das auf Überstunden hinausläuft.“ Mit Terminvergaben zu arbeiten sei für ihn gar nicht zu bewältigen. „Wie soll das gehen, wenn ich bediene.“ Die Berufsgenossenschaft des Friseurhandwerks hat folgende Hygieneregeln festgelegt: Wartebereiche und Spielecken sind zu schließen. Im Kassenbereich sollte ein Schutzschild zwischen Kundschaft und Kasse aufgestellt werden, Zeitschriften dürfen nicht ausliegen, Getränke nicht ausgeschenkt werden. Es besteht eine Pflicht zum Tragen von Mund-Nasen-Schutz für Beschäftigte und Kundschaft. Zwischen den Kunden müssen Schutzabstände von mindestens 1,50 Metern eingehalten werden, das Haarewaschen ist verpflichtend, Arbeitsmaterialien müssen nach jedem Kunden desinfiziert werden. Die Anzahl derArbeitsplätze muss an die Distanzregeln angepasst werden. Nur die jeweilige Kundin und die zuständige Beschäftigte dürfen sich für die Dauer des Frisierens einander nähern. Die einzelnen Bewegungsräume sollten durch Markierungen verdeutlicht werden. In Sanitär- und Pausenräumen müssen Handdesinfektionsmittel, hautschonende Flüssigseife und Einmalhandtücher zur Verfügung stehen. Türklinken und Handläufe sollten regelmäßig gereinigt werden. Auch in Pausenräumen ist ausreichender Abstand sicherzustellen. Mitarbeitende dürfen in kleinen Räumlichkeiten nicht gemeinsam Pause machen. Beschäftigte oder Kundschaft mit Symptomen einer Atemwegs-Infektion oder Fieber sollen sich generell nicht im Friseursalon aufhalten. Der Betrieb hat ein Verfahren zur Abklärung von Verdachtsfällen festzulegen. Soforthilfe noch nicht in Sicht: Von der vor Wochen beantragten Soforthilfe hat Hübner nicht einmal eine Eingangsbestätigung bekommen. Und an der Vermittlung eines Überbrückungskredits über die KfW-Corona-Hilfe habe seine Hausbank wenig Interesse gezeigt. Jetzt hält er sich mit einem Kontokorrentkredit seiner Bank über Wasser. „Der Zins beträgt 14 Prozent.“ Obendrauf kämen nun auch noch mindestens ein Drittel weniger Einnahmen. Angst vor Fehlern ist groß: Im Salon „Schnitt Galerie“ von Friseurmeisterin Peggi Niemann klingelt das Telefon ununterbrochen. „Die ersten drei Wochen sind wir schon komplett ausgebucht“, steht auch die 43-jährige Bad Segebergerin in den Startlöchern. „Das Arbeiten wird ganz anders sein, weil wir Hygienevorgaben haben und Regeln, die für mich persönlich, zu übertrieben sind.“ Und wie eine Frisur gelingen soll, wenn die Kundin Maske trägt, werde sich erst in der Praxis zeigen. „Ich weiß nicht, ob ich alles richtig mache und ehrlich gesagt ist die Angst, auch bei meinen sieben Mitarbeitern groß, Fehler zu machen.“ Schlaflose Nächte habe sie und die Gedanken würden kreisen. „Entspannt bin ich nicht.“ Ihre Sorge ist nicht unberechtigt, und sie muss nicht einmal etwas mit Covid-19 zu tun haben: „Beachten Sie das Sprühverbot für Desinfektionsmittel. Flächendesinfektionsmittel dürfen Sie nur mit Wischtüchern auftragen. Flächendesinfektionsmittel auf alkoholischer Basis dürfen Sie auf größeren Flächen nicht anwenden“, warnt die BGW. Werden Flächen, die größer als zwei Quadratmeter groß sind benetzt, dann bestehe sogar Explosionsgefahr, sobald Sie eine Zündquelle, etwa ein Föhn, angeschaltet wird, heißt es weiter. Längere Öffnungszeiten: Das Team der Schnitt Galerie, derzeit sind alle in Kurzarbeit, ist in zwei Schichten eingeteilt, die sich in einem aufwendigen Verfahren abwechseln müssen. Auch montags soll geöffnet sein und das bis abends 20 Uhr. „Ich möchte ja auch, dass alle auf ihre Stunden kommen.“ Schon jetzt zeichne sich ein großer Mehraufwand ab, sodass sie mit weniger Einnahmen rechne, während sie von der längst beantragten Soforthilfe bisher noch nichts gehört habe. „Das Finanzielle ist also ein weiteres Problem“, ergänzt Peggi Niemann. „Die nächste Woche wird zeigen, wie gut es läuft. Das Schlimmste wäre aber, wenn wir nach zwei Wochen wieder dichtmachen müssten, weil die Corona-Zahlen ansteigen.“ Das LN Corona-Update als Newsletter Alle News zum Coronavirus in Lübeck dienstags bis samstags gegen 7 Uhr im E-Mail-Postfach Die LN-Themenseite mit allen Artikeln zum Thema Corona Coronavirus in und um Lübeck: Diese Texte sollten Sie gelesen haben Coronavirus in SH: Das ist die aktuelle Zahl der Infizierten Liveblog zur Corona-Krise: Das ist die Lage in Lübeck und Schleswig-Holstein Alle aktuellen Informationen aus Deutschland und der Welt im Live-Blog #supportyourlocal: Machen Sie Ihr Angebot bei uns bekannt #supportyourlocal: So helfen Sie Geschäften, Restaurants und Freiberuflern in Lübeck Hier gibt es in und rund um Lübeck Masken Diese Maskentypen gibt es – und so werden sie richtig genutzt Maskenpflicht in Schleswig-Holstein – das müssen Sie wissen Landeselternbeirat fordert wegen Corona: „Schließt die Schulen im Norden!“ So setzen Lübecker Geschäfte die 800-Quadratmeter-Regel um Maskenpflicht in SH für alle ab sechs Jahre Diese Regeln gelten jetzt für die Geschäfte im Norden Diese Großveranstaltungen fallen im Norden aus Hier bekommen Betriebe im Norden Hilfe Von 150 bis 4000 Euro: Alle Bußgelder für Schleswig-Holstein im Überblick Von Heike Hiltrop

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