Corona: Segeberger Friseure in Not schalten das Licht an

Wer am Sonntagabend in Bad Segeberg durch die Innenstadt oder die Kurhausstraße ging, wird in einigen Geschäften Licht gesehen haben. Doch diese Läden hatten weder geöffnet, noch hatte jemand vergessen, das Licht auszumachen. Es waren die Friseursalons, die während des Lockdowns komplett geschlossen sind und die versuchten, mit der Aktion „Licht an, bevor es ganz ausgeht“ auf sich aufmerksam zu machen. Auch Monika Engling war an diesem Sonntag schon früh am Morgen in ihrem Salon „Creativ“ an der Kurhausstraße, um die Beleuchtung anzuschalten. „Es stehen jetzt schon viele Kollegen mit dem Rücken an der Wand. Viele haben ihre Altersvorsorge aufgekündigt, um die Kosten zu bezahlen. Wenn der Lockkdown noch lange weitergeht, werden viele zumachen“, prophezeit Engling, die nicht nur ihren kleinen Salon in der Kreisstadt betreibt, sondern auch Obermeisterin der Friseurinnung in Mittelholstein ist. Rund 400 Friseurbetriebe gibt es in ihrem Bezirk, der den Kreis Segeberg und Neumünster umfasst. Friseure wollen kämpfen: Noch seien von den rund 20 Betrieben in Bad Segeberg alle da. „Wir reden nicht über das Aufgeben, sondern wir wollen kämpfen“, sagt die Innungsmeisterin. Sie und viele ihrer Kollegen fühlen sich von der Politik „veräppelt“ und im Stich gelassen. Engling erklärt die besondere Situation der Friseure: „Wir hatten ja schon im ersten Lockdown von Ende März bis zum 4. Mai zu. Im November, als die Gastronomie schon geschlossen hatte, durften wir noch öffnen. Erst seit dem kompletten Lockdown Mitte Dezember haben wir auch geschlossen.“ Das Problem mit dem Überbrückungsgeld: Das Problem: Wegen der kurzen Öffnungsphase habe man keinen Anspruch auf das Überbrückungsgeld 2, aber doch deutliche Umsatzeinbrüche. „Es fühlt sich fast wie eine Strafe an, dass wir noch Anfang Dezember den Kunden bis spät in die Nacht die Haare geschnitten haben. Dadurch kriegen wir jetzt gar nichts.“ Anspruch haben die Friseure auf das Überbrückungsgeld 3, da sie im Januar gar nicht arbeiten konnten. „Aber da geht ja nichts weiter, das können wir ja noch nicht mal beantragen. Diese so genannten unbürokratischen Hilfen müssen dann auch mal ankommen“, fordert Engling. „Haarschnitt to go“ gibt es nicht: Andere Einkünfte wie der Außer-Haus-Verkauf in der Gastronomie fallen auch weg. Engling selbst bietet normalerweise sogar einen mobilen Service an. „Aber das geht im Lockdown auch nicht, weil es ja beim Haareschneiden einen körpernahen Kontakt gibt. Haareschneiden to go, das gibt es nicht“, sagt die 50-Jährige. Viele Friseure haben Arbeitslosengeld beantragt: Die Folgen für die Friseurmeister und ihre Mitarbeiter seien dramatisch. „Ich kann glücklich sein, dass ich verheiratet bin und mein Mann auch verdient. Sonst hätte ich nicht mal einen Cent für eine Scheibe Brot. Aber wie seht es bei den Kollegen aus, die alleinstehend oder alleinerziehend sind?“, fragt die Innungsmeisterin. Viele andere Friseure und auch sie hätten schon das Arbeitslosengeld 2 beantragt. „Es war ja auch davon die Rede, dass das ganz unbürokratisch geht, aber jetzt muss ich schon wieder etwas anderes einreichen, und das muss dann auch noch mal geprüft werden“, sagt Engling. Und natürlich seien auch die Mitarbeiter der Friseure genauso unter Druck. Engling selbst hat zwei Angestellte. „Die Mitarbeiter der Friseursalons sind in Kurzarbeit und kriegen nur 60 Prozent vom Nettolohn. Das ist auch zum Leben zu wenig“, sagt Engling. Übersicht für Schleswig-Holstein: Wie stark verbreitet sich die Corona-Erkrankung? Übersicht für Deutschland: Die Gesamtentwicklung, alle Hotspots und Reisewarnungen Diese beiden Artikel sind kostenlos für alle lesbar, die nachfolgenden regionalen Analysen sind LN-Plus-Lesern vorbehalten. Testen Sie jetzt kostenlos LN+! Interaktive Karte: Wo sind die Corona-Hotspots in Schleswig-Holstein? Wo würde eine Einschränkung der Bewegungsfreiheit gelten? Analyse: Gibt es mehr Corona-Infektionen, weil auch mehr getestet wird? Belegung der Krankenhäuser mit Corona: Wie viele Intensivbetten in Schleswig-Holstein sind frei? Wie viele Menschen wurden bisher in SH gegen Corona geimpft? Mehr aus Ihrer Region: Zahlen und Fakten zum Coronavirus in Lübeck Zahlen und Fakten zum Coronavirus in Ostholstein Zahlen und Fakten zum Coronavirus in Segeberg Zahlen und Fakten zum Coronavirus im Kreis Herzogtum Lauenburg Zahlen und Fakten zum Coronavirus in Stormarn Bad Segeberg soll keine Geisterstadt werden: Ihre Forderungen sind deshalb klar. „Das Ziel ist, dass wir am 15. Februar wieder aufmachen. Gerne können die Ordnungsämter dann auch verstärkt kontrollieren, dass alle Hygienevorschriften eingehalten werden“, sagt die Friseurmeisterin. Dabei bleibt sie realistisch. „Wir wissen, wie gefährlich Covid 19 ist und dass die Infektionszahlen erst runtergehen müssen“, sagt Engling. „Aber wenn der Lockdown weitergehen muss, dann müssen die Friseure jetzt auch endlich ihre Hilfen bekommen.“ Es dauere einfach viel zu lange. „Wenn das jetzt nicht schnell klappt, w erden es einige Betriebe nicht überleben. Und gerade Bad Segeberg lebt von den kleinen Geschäften. Das soll hier doch keine Geisterstadt werden.“ Von Sven Wehde