Geflügelpest: Hochansteckende Vogelgrippe in Segeberger Geflügelbestand

Noch hängen die Schilder mit der roten Schrift und dem Warnhinweis „Sperrbezirk - Geflügelpest“ nicht an den Hauptstraßen nach Heidmühlen, doch das ist nur noch eine Frage der Zeit. Man sei noch dabei, die Restriktionszonen genau zu bestimmen, hieß es am Dienstag aus der Verwaltung. Die Geflügelpest ist im Kreis Segeberg angekommen. Daneben sind Nordfriesland, Dithmarschen, Rendsburg-Eckernförde, Steinburg, Plön und die Stadt Neumünster betroffen. Seit der letzten Bestätigung von Fällen bei Wildvögeln durch das Friedrich-Loeffler-Institut am vergangenen Freitag hat sich so die Zahl der Nachweise im Land auf 115 bestätigte Fälle erhöht. Der schleswig-holsteinische Landesbetrieb für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz hat seit dem Beginn des Geschehens bereits mehr als 3000 verendete Wildvögel gezählt. 16-Wochen-Regelung für Freilandeier: „So viele Wildvögel waren es 2016 nicht. Ich persönlich habe das Gefühl, dass das dieses Mal noch viel schlimmer wird“, sagt Astrid Spahr, Juniorchefin vom Hühnerhof Spahr in Fahrenkrug, die an den Ausbruch der Vogelgrippe, die Aufstallpflicht und die Probleme vor genau vier Jahren erinnert. Der Betrieb liegt zwar weit außerhalb des Sperr- und Beobachtungsgebiets, dennoch sei sie besorgt und vorsichtig abwartend. Alle rund 50 000 Legehennen sind seit Montag eingesperrt und dürfen zum Schutz vor dem H5N8-Virus nicht mehr ins Freie. Es gelten zum Schutz vor der Geflügelpest strenge Desinfektionsregeln auf dem Gelände. „Wir haben die 16 Wochen-Regelung“, erklärt die Juniorchefin des Betriebs. Das bedeute, dass Eier von sonst frei laufenden Hühnern erst nach Ablauf dieser Frist als Bodenhaltung deklariert werden müssen. In der kleinen Arche Wahlstedt sind Geschnatter und Gegacker verstummt. Vom Schwan über die Pfauen bis zu Hühnern und Tauben ist alles weggesperrt. Das betreten ist nur den Tierhaltern zum Füttern und anderer wichtiger Dinge erlaubt. „Hätte ich das gewusst, hätte ich mich mehr beeilt“, sagt Hans-Uwe Schwarz und zeigt erste Fragmente eines neuen Stalls an der großen Voliere, der eine gute Unterkunft für das Federvieh abgegeben hätte – wenn er denn fertig wäre. So müssen sich die Vögel mit deutlich weniger Platz begnügen. Im Radius von drei Kilometern um den Fundort in Heidmühlen ist ein Sperrbezirk eingerichtet worden. Bis auf Weiteres dürfen auf Anordnung des Kreises keine Vögel und Bruteier aus einem Bestand in diesem Bereich entfernt werden. Auch frisches Fleisch und Fleischerzeugnisse, die von Vögeln oder Federwild stammen, dürfen den Sperrbezirk nicht verlassen. Im Radius von zehn Kilometern ist ein Beobachtungsgebiet eingerichtet worden. Auch Hunde und Katzen, die regelmäßigen Kontakt zu Nutzgeflügel haben, könnten wie Menschen, die Kontakt zu Wildvögeln und anschließend zu Nutzgeflügel haben, das Virus der Geflügelpest übertragen. Darum verweist der Kreis darauf, dass solche Kontakte zu unterbinden sind. Betriebsfremden Personen haben grundsätzlich keinen Zugang zu Ställen. Beim Betreten der eigenen Ställe sollte Schutzkleidung wie stalleigene Overalls und Stiefel getragen werden. An den Eingängen der Ställe sollten mit Desinfektionsmittel getränkte Desinfektionsmatten ausgelegt werden. Die Hände sollten vor Betreten der Ställe gewaschen und desinfiziert werden. Wer einen krank erscheinenden oder toten Greifvogel oder Wild-Wasservögel findet, der sollte ihn auf keinen Fall anfassen oder einfangen und ihn melden. Das Kreis-Veterinäramt ist telefonisch unter 045 51/95 19 334 sowie per E-Mail an veterinaer@segeberg.de erreichbar und organisiert das Einsammeln. Darüber hinaus kann das Kreisveterinäramt über Vogelfunde über die Rettungsleitstelle (Telefon 112) informiert werden. Aus Platzmangel dezimieren erste Geflügelhalter ihren Bestand durch schlachten. „Da blutet einem das Herz, aber was soll ich machen“, sagt einer, der aus Sorge vor Beschimpfungen in sozialen Netzwerken nicht genannt werden möchte. Der Stall sei einfach zu klein für 30 Hühner, nur 20 bringe er unter. „Das ist ja nicht morgen vorbei mit der Vogelgrippe. Das kann ja über Monate gehen.“ Auch die großen Weiden vom Schönmoorer Hof, der zu Rickling gehört und nur rund einen Kilometer außerhalb des Sperrgebiets um Heidmühlen liegt, sind wie leer gefegt. Der 11. November ist Martinstag. Und der wiederum gibt den Startschuss für die Gänse-Saison auf Schleswig-Holsteins Tellern. Die Tage seines Geflügels seien zwar gezählt, sagt Frank Gadow. Aber seine Haupteinnahmequelle sei das Weihnachtsgeschäft, das jetzt erst langsam anlaufe. Auch bei ihm sind Tiere zum Schutz aufgestallt. Nachdem Restaurants und Hotels durch den Corona-Teil-Lockdown wieder geschlossen sind, sieht es um diesen Geschäftszweig wenig rosig aus. „Viele Restaurants haben sich einen guten Lieferservice aufgebaut“, sagt Gadow, der hofft, dass so einiges kompensiert werden kann. Die Geflügelpest bedrückt ihn zusätzlich: „Sehr sogar. Die ersten Kollegen im Kreis dürfen ihr Geflügelfleisch nicht mehr verkaufen.“ Jeden Tag gebe es etwas Neues, aber zu wenig konkrete Informationen. Da beunruhigt die Nachricht von einer toten Wildgans bei Nahe umso mehr. Das Untersuchungsergebnis des Vogels stand zunächst noch aus. Gadow: „Ich hoffe, dass wir da durchkommen.“ Lesen Sie auch: Klimaschutz in Segeberg: Nachhaltiges Norderstedt „NaNo“ ist Vorbild Bisher nur wenig Corona-Fälle an Segeberger Schulen Tod von Kai Fümel: Ergota Bad Oldesloe sammelt Geld für Familie in Itzstedt Von Heike Hiltrop