Gegen brennende Elektroautos: 116 Löschdecken für Segeberger Feuerwehren

Die Feuerwehrdrohnen sirrten, ein Motorflugzeug flog über das Gelände der Kreisfeuerwehrzentrale, Videokameras nahmen jedes Detail auf und sämtliche Handykameras der anwesenden Politiker waren am Sonnabend auf ein Schrottauto gerichtet, an dem der Einsatz einer Löschdecke ausprobiert wurde. Alle 116 Feuerwehren des Kreisfeuerwehrverbandes wurden mit diesen Decken ausgestattet, die sich der Kreis Segeberg immerhin 282 000 Euro hat kosten lassen. Eigentlich war das Übergabespektakel ganz anders geplant: Eine große Veranstaltung sollte es sein, bei der jede einzelne Feuerwehr ihre Löschdecke direkt aus den Händen von Landrat Jan-Peter Schröder erhalten sollte. Wegen der aktuellen Hygiene- und Sicherheitsbedingungen musste die ganz große Show ausfallen. Stattdessen nahm Kreiswehrführer Jörg Nero die Decken stellvertretend für die 116 Wehren entgegen. Eine zusätzliche Löschdecke verbleibt für Ausbildungszwecke in der Kreisfeuerwehrzentrale. Brennende Elektroautos: eine Herausforderung für Feuerwehren: Ein brennendes Elektroauto ist eine Herausforderung für jeden Feuerwehrmann, denn wegen seiner Batterie ist es nur äußerst schwer zu löschen. Das hatte im vergangenen Jahr auch die Feuerwehr Kaltenkirchen feststellen müssen, als ein Elektroauto auf einem Parkplatz Feuer gefangen hatte. Der Wehr blieb nichts anderes übrig, als einen wasserdichten Container zu ordern, das Elektroauto hinein zu heben und anschließend den Container mit Wasser zu füllen. Erst damit gelang es, den Brand zu löschen. Hilfe für das hiesige Elektroautoproblem kam aus Norwegen. Die dortige Firma Bridgehill hatte Löschdecken produziert, die 1600 Grad aushalten und mehrmals eingesetzt werden können. Bei einer Größe von sechs mal acht Metern wiegt die spezielle Löschdecke 38 Kilogramm. Zwei Feuerwehrmänner sind erforderlich, um die Decke über ein brennendes Fahrzeug stülpen zu können. Innerhalb von 20 Minuten schafft es die Decke, die Flammen zu ersticken. Riesiger Wasserverbrauch ist überflüssig geworden: „Um ein Elektroauto löschen zu können, sind 60 000 bis 80 000 Liter Wasser erforderlich. Durch die Löschdecken können die Wassermassen nicht nur eingespart werden, sondern in der für den Löschvorgang erforderlichen Zeit können sich die Feuerwehrleute um andere Dinge kümmern“, erläuterte Tim Schulte-Frankenfeld von der Firma TSF, über die die Löschdecken bestellt worden sind. Mit rund 2100 Euro netto sind sie nicht ganz billig, sie können dafür aber auch rund 50-mal eingesetzt werden. Gabriele Turtun hat vor acht Jahren beim Kreisfeuerwehrverband die Nachfolge von Uwe Fischer als Geschäftsführerin angetreten und damit ihr Hobby zum Beruf gemacht. Das Herz der gelernten Tischlerin, Bauzeichnerin und Hochbau-Technikerin schlägt jedoch immer noch für das Bauwesen. Als sie ein Angebot bekam, wieder als Bautechnikerin arbeiten zu können, hat sie zugesagt. Zum 1. November ist für sie Schluss in der Kreisfeuerwehrzentrale. Kreiswehrfüher Jörg Nero dankte ihr für ihr großes Engagement, ihre Loyalität und ihre Einsatzbereitschaft. Ganz wird Gabriele Turtun dem Kreisfeuerwehrverband nicht den Rücken kehren. Sie bleibt ehrenamtliche Kreisausbilderin für Führungsgruppen. Auch die ehrenamtliche Sachgebietsleitung für den Bereich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit wird Gabriele Turtun weiterhin ausüben Ordentlich heiß wurde es bei der Vorführung der Löschdecke durch die Ausbilder des Kreislehrgangs „Atemschutzgeräteträger“ unter der Leitung von Fabian Caspers. Ein Elektroauto hatte Abschleppunternehmer René Sellmer zwar nicht in petto, dafür aber ein anderes Schrottauto, das mit Brandbeschleuniger schnell und lichterloh in Flammen stand. Flammen sind nach 20 Minuten erstickt: Das Überstülpen der Decke klappte sofort. In einem ersten Schritt zeigten die Feuerwehrleute, wie man es nicht machen sollte. Sie entfernten die Löschdecke zu früh, wodurch die Flammen schnell wieder in die Höhe schießen konnten. „Erst nach 20 Minuten kann man sicher sein, dass das Feuer aus ist. Dann sind auch die letzten Flammen erstickt“, erläuterte Tim Schulte-Frankenfeld, der zum Beschweren der Decke spezielle Kissen mitgebracht hatte, die dafür sorgen sollen, dass die Löschdecke auch bei Windstärke 11 keinen Abflug macht. Während der Vorführung testete Kreiswehrführer Jörg Nero mit der Wärmebildkamera die Temperaturen, die die Decke aushalten musste. „Als das Fahrzeug voll in Flammen stand, lag der Spitzenwert bei 980 Grad. Nach mehreren Minuten unter der Löschdecke haben wir immer noch 330 Grad gemessen“, erläuterte Nero. Er dankte zudem den anwesenden Kreispolitikern. Die 282 000 Euro zur Finanzierung der Löschdecken hatte der Kreistag in seiner Sitzung am 19. Dezember 2019 beschlossen. Von Petra Dreu