Getreideernte im Kreis Segeberg läuft bei optimalen Bedingungen

Was für ein schöner Tag für die Landwirte! Heiß, bestes Erntewetter, hervorragende Ergebnisse bei der Sommergerste. „Wir haben eine Top-Qualität diesen Sommer, ein ganz schweres, volles Korn. Es sieht sehr gut aus.“ Jens Hammerich aus Eilsdorf strahlt übers ganze Gesicht. Er kutschiert das Trecker-Gespann mit Korn vom Feld bei Butterstieg bis zum Silo seines Kompagnon Gustav Lange-Schwartz nach Cashagen. Hier haben sich drei Landwirte in Pronstorf zusammengetan, um die Maschinen besser auszulasten, um rentabel zu wirtschaften. Sie sind Landwirte mit Leib und Seele, und Hammerich ist eigentlich nicht nur Bauer, sondern auch so eine Art „Boden-Forscher“. „Wir sind für eine regenerative Landwirtschaft“, bekräftigt er. Während des kurzen Törns mit dem Trecker erzählt er alles über die Finessen mit der richtigen Zwischenfrucht und was er damit noch alles ausprobieren möchte. Wie ein Seminar. Nur wird es nicht im Uni-Hörsaal geboten, sondern hier auf dem Sitz seines Schleppers. Der ruckelt und schuckelt. „Das ist ein Bock von Trecker.“ Der 60-Jährige lacht, übertönt dabei den lauten Motor. Hammerich zählt die elf Kräuter auf, die er gleich nach der Ernte aussäen möchte, wundert sich, dass heutzutage Lehrlinge so wenig über Mist und Bodenverbesserung lernen. „Wir wollen das Bodenleben nach der Ernte gleich wieder anregen, wir beschäftigen uns mit Humus-Aufbau.“ Möglichst viel Kohlenstoff im Boden einlagern, ist das Ziel. Die Zwischenfrucht soll schon Ende September verrotten, dann wird sie schnell zu Humus. So kann der Boden selbst Starkregen aufnehmen. Ganz wichtig sei es, die Gülle nicht pur auf den blanken Acker zu geben. Der Trecker biegt auf den Hof von Gustav Lange-Schwartz ein. Die Männer lassen zufrieden die Körner durch die Hände rieseln. Es staubt, der Kipper bäumt sich auf, tonnenweise trockene Körner rutschen ins Silo. Es riecht nach frischem Getreide. Eine Hand voll davon wird nun von Gustav-Lange Schwartz im Kabuff gemahlen und in das Feuchtigkeits-Messgerät gepresst. Jetzt kann gewettet werden, in 30 Sekunden zeigt das Gerät das Ergebnis an. Gustav Lange-Schwartz schätzt „13,9“. Nicht zu fassen. Riesengelächter, genau getroffen, 13,9 Feuchtigkeitsgehalt. Diese Ladung Sommergerste ist quasi staubtrocken, kann also ohne Trocknung eingelagert werden. Die Landwirte, die hier zusammen wirtschaften, müssen ähnlich ticken. Mit Gustav arbeite er schon seit 1994 zusammen, sagt Jens Hammerich. Bis zum Sonnenuntergang werden sie und acht andere Helfer schuften. „Heute haben wir schon das achte Feldstück zu fassen, am Tag werden 80 Hektar mit dem Mähdrescher bearbeitet.“ Wichtig sei dabei, „dass die Logistik stimmt und das Korn vom Mähdrescher während der Fahrt übernommen wird“, sagt Hammerich. Per GPS-Ortung wird alles überwacht, bei ihm blieben die schweren Feldgeräte immer in der gleichen Spur. Jeder Schlepper habe sein Ortungsgerät, so werde jedes Jahr auch ohne Lenken die Spur immer wieder fast auf den Zentimeter getroffen. „Unsere Leute lenken nicht mehr, die fahren schon automatisch auf der Spur.“ Auch auf den Feldern von Gut Rohlstorf mit über 700 Hektar fahren die Mähdrescher jetzt bis fast 23 Uhr. „Die letzten drei Jahre waren nicht so gut, es wird keine Rekordernte, aber immerhin eine durchschnittliche Ernte werden“, zieht Verwalter Uwe Hamann von Gut Rohlstorf Bilanz. „Wir sind schon froh, dass es nicht so ein Katastrophenjahr wie 2018 wird.“ Beim Raps war man im Frühjahr noch davon ausgegangen, dass es eine ganz schlechte Ernte wird, aber jetzt sei sie wenigstens durchschnittlich geworden. So sei vielleicht „eine Katastrophe für unsere Kulturlandschaft“ abgewendet, nämlich dass der Rapsanbau noch weiter zurückgehe und das Gelb ganz aus dem Landschaftsbild zu verschwinden drohe. Denn schon in den vergangenen Jahren verdränge der Mais immer mehr den Raps, hat Hamann festgestellt. Auch der Kreisbauernverband sieht das Jahr 2020 eher als ein durchschnittliches. Die vergangenen Jahre seien ertragsmäßig sehr schlecht gewesen, entweder zu trocken oder zu nass, sagt Geschäftsführer Lennart Butz Die Ergebnisse der Sommergerste werden 2020 überdurchschnittlich werden, bei sehr geringen Trocknungskosten. „Die Erträge beim Weizen haben uns etwas enttäuscht.“ Für Butz habe der Weizen in der letzten Phase zu wenig Wasser und zu viele Hitze gehabt. Das könne aber nie für jede Kultur optimal passen. In der Spur sind die drei Betriebe auch bei dem Ackerbohnen-Anbau, nirgends sonst im Kreis wird davon sonst so viel angebaut. Solange Soja-Schrot so billig angeboten werde und die Leute nicht bereit seien, wenige Cent mehr für das Kilo Schweinefleisch zu bezahlen, vermarkte Hammerich seine wertvollen Ackerbohnen lieber in Norwegen, berichtet er. Sogar nach Indien gehen diese. Dabei möchte der Landwirt die Bohnen lieber regional verbrauchen, aber er müsse auch wirtschaftlich denken und handeln. Das Wichtigste in der Landwirtschaft ist der Boden. Hammerich: „Wir Bauern nehmen die Erde in die Hand und riechen daran, der Boden ist unser wichtigstes Gut.“ Sein Gespann fährt jetzt direkt neben dem Mähdrescher, er übernimmt gleich während der Fahrt das Getreide. Es ist sein schönster Moment, wenn sich hinten der Kipper schnell mit den Körnern der Sommergerste füllt. Bis in die Nacht hinein will er noch die Ernte einfahren. Von Wolfgang Glombik