Großfeuer in Wahlstedt: Zwei Familien in Reihenhausssiedlung betroffen

Die vom Ruß geschwärzte Fassade mit dem zersplitterten großen Fenster, das wie ein dunkles Loch wirk, lässt noch am Tag danach erahnen, wie sich das Feuer vom Wintergarten durch das ganze Endreihenhaus gefressen hat. Es ist Sonnabend kurz vor 19 Uhr, als der Großalarm bei der Feuerwehr Wahlstedt eingeht und sie in den Surahammarweg ausrückt. Das Feuer bricht im Wintergarten aus. Die Bewohnerin holt sofort Hilfe aus der Nachbarschaft. Doch da haben sich die Flammen schon weiter und weiter ausgebreitet. 32 Brandbekämpfer sind im Einsatz. Aufgrund hoch aufschießenden Flammen und der Brandintensität bleibt den Feuerwehrleuten nur ein Angriff von außen, sagt Wehrführer Jörg Neubauer im Nachgang. Zwar bringen die Einsatzkräfte den Brand schnell unter Kontrolle, melden gegen 20.30 Uhr die erfolgreiche Löschung, doch das Reihenhaus ist unbewohnbar. Zwei Familien vom Feuer betroffen: Die Familie, zu der ein zwölfjähriger Sohn gehört, hat ihr Zuhause verloren. Schlimmer noch: Auch die direkte Nachbarsfamilie ist betroffen. Zwischen schwarzen Glasscherben, die einmal als Fenster in der Terrassentür waren, und geschmolzenen Kunststoffteilen des Kühlschranks steht Familienvater Sebastian Latendorf. „Wir waren gar nicht da“, sagt er und sieht sich um. Der Anruf vom Feuer nebenan, der auch das Heim der Latendorfs für Monate unbewohnbar macht, erreicht die Familie, als sie gerade von einer Angehörigen in Hamburg nach Hause fahren. Die ist schwer erkrankt, wird tags darauf operiert, alle sind zwischen Hoffen und Bangen als die Hiobsbotschaft von zu Hause eintrifft. Der 36-Jährige sieht sich in seinem Wohnzimmer um. Der beißende Rauch hat sich überall festgesetzt. Der Gestank ist unerträglich. „Wir können alle nur froh sein, dass niemand zu Schaden gekommen ist. Das wäre das Schlimmste.“ Er, seine im vierten Monat schwangere Frau und der siebenjährige Sohn sind fürs Erste bei seiner Mutter untergekommen. „Meiner Frau und dem Baby geht es gut“, betont Sebastian Latendorf. „Wir schlafen alle auf dem Sofa, aber das ist kein Zustand.“ Übergangsweise eine Wohnung finden, Berge von Papierkram erledigen, Gespräche mit Versicherungen führen: Alles kommt auf einmal. „Eine katastrophale Situation. Ich sitze den ganzen Tag am Telefon und habe das Gefühl, nicht richtig voran zukommen. Ich hoffe nur, dass alles seinen Gang geht.“ Auch bei den direkt betroffenen Nachbarn sitzt der Schock noch tief. Kurz konnten sie in einer Wohnung der Stadt unterkommen, haben zwischenzeitlich eine Ferienwohnung bezogen. „Bis Ende April, danach müssen wir gucken“, sagt ein Familienmitglied. Die Übergangsbleibe ist möbliert. Das hilft. Während manche Nachbarn das Flammen-Szenario mit dem Smartphone filmten und auf Sozialen Medien teilten, wächst die überwältigende Solidarität aus der Umgebung. Große Solidarität: Hilfeaufruf aus der Nachbarschaft: Über die sozialen Netzwerke im Internet hat eine Nachbarin einen Hilfeaufruf gestartet. Bekleidung, Handtücher, Bettwäsche, sogar eine ganze Küche wurde angeboten. Und es gibt Überlegungen, ein Spendenkonto einzurichten. „Das Wichtigste haben wir jetzt: Etwas zum Anziehen, zum Waschen und ein Dach über dem Kopf.“ Die Familie kann fürs Erste durchatmen. Aber: „Der Keller ist voller Wasser, das Erdgeschoss ist komplett zerstört, und wie es im Dach aussieht, müssen Experten erst noch feststellen“, sagt ein Familienmitglied weiter. Man wisse noch nicht, was vom Hab und Gut das Feuer überstanden hat und in welchem Zustand das Endreihenhaus nun ist. Der Gebäudeteil ist abgesperrt und beschlagnahmt. Die Kripo will sich zum Wochenbeginn ein genaues Bild zur Brandursache machen. Der Schaden wird derzeit auf mehr als 100 000 Euro geschätzt. Von Heike Hiltrop