Haben die schweren Corona-Ausbrüche in den Segeberger Seniorenheimen bald ein Ende?

Es war ein Schock für Mitarbeiter und Bewohner: Im Seniorenheim „Haus Itzstedt“ war es vor neun Tagen zu einem großen Corona-Ausbruch gekommen. 25 Bewohner und acht Mitarbeiter waren positiv getestet worden. Mittlerweile sind sogar neun Mitarbeiter infiziert. Das Besondere: Sechs Tage zuvor hatte das mobile Impfteam eine erste Impfung in dem Heim vorgenommen. Zwar werden zwei Impfungen benötigt, jedoch schien auch die erste Impfung schon einen leichten Schutz zu gewähren, denn in den ersten Tagen nach dem Ausbruch zeigte kaum einer der Bewohner Symptome. Dieser milde Verlauf hält auch eine Woche nach dem Ausbruch noch an. „Es sind zum Glück alle noch am Leben“, sagt Christiane Warneke, stellvertretende Heimleitung. Drei Bewohner seien zwar ins Krankenhaus gebracht worden, jedoch erstmal nur sicherheitshalber. „Wir sind da sehr vorsichtig, wenn sie etwas Temperatur haben oder die Sauerstoffsättigung nicht optimal ist, weisen wir sie ein, denn bei Corona weiß man ja nie, das kann ganz schnell innerhalb weniger Stunden kippen.“ Die meisten infizierten Bewohner seien aber weiterhin ganz ohne Symptome. Diese Einschätzung bestätigt auch das Gesundheitsamt des Kreises. „Der überwiegende Teil der Infizierten ist bisher asymptomatisch, der andere Teil hat zumeist nur leichte Symptome“, sagt Kreissprecherin Sabrina Müller. Dramatischer Ausbruch in Norderstedt und Pronstorf: Dramatischer verläuft der Ausbruch in zwei anderen Heimen im Kreis, die einzigen die derzeit noch betroffen sind. Im Haus „Ilse“ in Norderstedt gab es nach dem letzten offiziellen Stand noch zwei positive Bewohner und drei positive Mitarbeiter, zwölf Bewohner waren jedoch schon an der Corona-Infektion verstorben. Im Haus „Goldenbek“ in Pronstorf sind derzeit zwölf Mitarbeiter und 26 Bewohner positiv, acht Bewohner sind bereits verstorben, zwei im Krankenhaus. In beiden Heimen waren die mobilen Impfteams bisher noch nicht. Übersicht für Schleswig-Holstein: Wie stark verbreitet sich die Corona-Erkrankung? Übersicht für Deutschland: Die Gesamtentwicklung, alle Hotspots und Reisewarnungen Diese beiden Artikel sind kostenlos für alle lesbar, die nachfolgenden regionalen Analysen sind LN-Plus-Lesern vorbehalten. Testen Sie jetzt kostenlos LN+! Interaktive Karte: Wo sind die Corona-Hotspots in Schleswig-Holstein? Wo würde eine Einschränkung der Bewegungsfreiheit gelten? Analyse: Gibt es mehr Corona-Infektionen, weil auch mehr getestet wird? Belegung der Krankenhäuser mit Corona: Wie viele Intensivbetten in Schleswig-Holstein sind frei? Wie viele Menschen wurden bisher in SH gegen Corona geimpft? Mehr aus Ihrer Region: Zahlen und Fakten zum Coronavirus in Lübeck Zahlen und Fakten zum Coronavirus in Ostholstein Zahlen und Fakten zum Coronavirus in Segeberg Zahlen und Fakten zum Coronavirus im Kreis Herzogtum Lauenburg Zahlen und Fakten zum Coronavirus in Stormarn Milder Verlauf macht Hoffnung: Tatsächlich gibt der bisher vergleichbar milde Verlauf im „Haus Itzstedt“ Anlass zur Hoffnung, dass die erste Impfung auch schon einen ersten Schutz gewährt. Das wäre eine gute Nachricht, zumal jetzt auch schon in fast allen Seniorenheimen in Schleswig-Holstein geimpft wurde. „Wir haben in ungefähr 460 von 526 Pflegeeinrichtungen im Land schon geimpft, bei einigen haben wir auch schon mit der zweiten Impfung begonnen“, sagt Dr. Hans-Joachim Commentz, Pandemiebeauftragter der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein (KVSH). Commentz zeigt sich vorsichtig optimistisch. „Ja, die erste Impfung kann theoretisch helfen, und wir hoffen es auch“, sagt der Allgemeinmediziner und Notarzt. Aber Fälle wie das „Haus Itzstedt“ seien „auch nur Einzelbeobachtungen, wir haben nach vier Wochen Impfen noch keine wissenschaftlichen Belege und können keine verlässlichen Aussagen machen.“ Zudem sei die Antikörperbildung bei Senioren auch schwerer einzuschätzen, weil sie unzuverlässiger sei. Gesundheitsamt ist zurückhaltend: Auch beim Kreisgesundheitsamt dämpft man die Erwartungen noch. „Die Impfungen im Haus Itzstedt haben am 9. Januar stattgefunden. Mitte der darauffolgenden Woche wurden die ersten Positiv-Fälle bekannt. Also nicht einmal eine Woche später. Ein Impfschutz nach der ersten Impfdosis ist nach derzeitigem Kenntnisstand aber erst nach zirka zehn bis 14 Tagen zu erwarten“, sagt Sabrina Müller. Die Erfahrungen der vergangenen Monate hätten zudem gezeigt, dass sich schwere Krankheitsverläufe zumeist erst in der zweiten Woche nach einer Ansteckung entwickeln. Auf die Frage, ob das „Haus Itzstedt“ durch die erste Impfung schon geschützt ist, könne man also derzeit „nicht seriös antworten“. Der Lübecker UKSH-Virologe Prof. Jan Rupp erwartet einen ersten Schutz hingegen etwas früher. „Aus Studien erwarten wir einen ersten Effekt nach sieben bis 14 Tagen. Aber auch das RKI empfiehlt auf Covid-Impfungen nicht zu verzichten, wenn ein Ausbruch in Pflegeheimen ganz am Anfang steht, da möglicherweise der Krankheitsverlauf auch mit einer noch geringen Immunantwort positiv beeinflusst wird und mildere Verläufe resultieren“, sagt er. Die nächsten Tage werden entscheidend: Tatsächlich liegen die Ausbrüche in den schwerer betroffenen Heimen in Norderstedt und Pronstorf länger zurück, dort waren bereits Anfang Januar die ersten Fälle aufgetreten. Damit ist man im Verlauf des Ausbruchs schon weiter als in Itzstedt, dort werden die nächsten Tage zeigen, wie sich die Schwere der Infektionen wirklich entwickelt. Es hoffen aber natürlich alle, dass es bei dem leichten Verlauf bleibt und sich die Zahl der Infektionen nicht weiter ausbreitet. Warneke: „Wir werden jetzt irgendwann das zweite Mal getestet, mal sehen, was dabei herauskommt.“ Von Sven Wehde