Hackerangriff auf Schulplattform in Bad Segeberg legte Unterricht lahm

Mindestens bis zum 7. März soll es für die Jahrgänge fünf bis 13 der weiterführenden Schulen – ausgenommen die Abschlussklassen – im Land beim Lernen auf Distanz bleiben. Das heißt, die Schüler lernen weiter vor Laptops, Tablets oder Smartphones, melden sich über Lernplattformen an und können – wenn es mal gut läuft – sich auch per Videokonferenz mit Lehrkräften und untereinander austauschen. Doch es läuft nach einem Jahr Corona eher selten rund. Wenn ein Achtklässler morgens am Frühstückstisch mit dem Blick aufs Handy sagt: „Mist, es funktioniert wieder“, meint er die Lernplattform WebWeaver, die ihm via „ wwschool “ die Aufgaben des Tages serviert. Und allzu oft stottert das System, der Junge kann chillen, hat frei. Das bisschen „Corona-Schule“ findet dann nicht statt. Erst am Freitag fiel von der sonstigen Öffentlichkeit unbemerkt für Tausende von Schülern in Bad Segeberg und Umgebung der Unterricht aus. Einfach so. Weil die Server der Schultools zusammengebrochen waren. „Verbindung nicht möglich“, heißt es dann. „Wir bekommen Nachricht vom Anbieter, wenn die Systeme zusammenbrechen“, bestätigt die stellvertretende Amtsleiterin Kirsten Arnhold den LN. Der Schulträger hat die Lizenz dieser Lernplattform erworben. Neun von zehn Schulen in und um Segeberg nutzen dieses Portal. Am Freitag habe es einen „Hacker-Angriff“ auf die Schulplattform gegeben. Es habe sich dabei um eine DDoS-Attacke gehandelt, berichtet Arnhold. Das steht für Distributed Denial of Service. Es reicht von kleinen und ausgeklügelten bis hin zu großen Angriffen. Die Server wurden mit sinnlosen Anfragen überschwemmt und Hacker verhindern damit die reguläre Nutzung. Arbeitsaufträge zum Abhaken für Kinder: Am Wochenende waren die Sicherheitslücken bei WebWeaver ausgemerzt. Das System lief wieder. Aber Ausfälle gibt es oft. Nur selten klappt es mit einer Videokonferenz, dem A und O des pandemiebedingten Heimunterrichts, der sonst für Kinder sterbenslangweilig ist und dem Abarbeiten eines Aufgabenkatalogs gleicht. Es gibt digital-frustrierte Lehrer, die wollen die Ergebnisse dieser häuslichen Fleißarbeiten gar nicht erst sehen. Sie schicken den Kindern die Lösung später gleich mit. Beliebt ist auch ein kleines Kästchen bei „wwschool“. Wenn das Kind dort ein Häkchen setzt, signalisiert es der Lehrkraft, dass die Aufgabe erledigt ist. Kein Lob, keine Kritik, kein Feedback. Auch das ist Distanzunterricht. Aber vielleicht sieht sich die Lehrkraft die häuslichen Arbeiten später einmal an, wenn die Pandemie vorbei ist. Andere Pädagogen laufen in diesen Zeiten zu Höchstform auf, versuchen mit aller Fantasie, ihre Kinder für Schule zu begeistern. Sie drehen eigene Lernvideos, trösten die Kinder mit viel Humor, wenn die Videokonferenz wieder einmal nicht optimal laufen will. „Bald sehen wir uns ja wieder in der Schule.“ Das Ruckeln beim Distanzunterricht: Das Ruckeln gehört zum System des Distanzunterrichts. Die dringend erforderlichen Live-Übertragungen von Unterricht aus der Schule scheitern schon am immer noch nicht in allen Klassenzimmern verfügbaren schulischen WLAN. Und wenn doch eine Videokonferenz aus dem Homeofffice der Lehrkraft angesagt ist, müssen die Kameras ausgeklickt, Gesichter der Schüler ausgeblendet werden, weil sonst die Verbindungen zusammenbrechen. Bestenfalls Lehrerin oder Lehrer sind noch zu sehen. Witzige Zoom-Konferenzen zu Kindergeburtstagen funktionieren da tatsächlich besser. Es liege nicht nur an der zur Verfügung gestellten Technik, sondern hänge auch von Lehrkräften, Kindern und Eltern ab, betont Kirsten Arnhold. „Es gibt immer noch einige Dörfer nicht weit weg von Bad Segeberg, da ist die Internetleitung eine Katastrophe.“ Da würden auch nicht die besten Endgeräte weiterhelfen. „W-LAN haben die Schulen inzwischen alle, nur eben nicht überall flächendeckend in allen Klassenräumen“, stellt Arnhold klar. Wir arbeiten daran, alle Schulen hier komplett zu versorgen. In der Gemeinschaftsschule am Seminarweg stünden noch im Februar letzte Installationsarbeiten an, dann könne dort Unterricht, wie vom Schulleiter gefordert, direkt übertragen werden. Der Flaschenhals bei der Digitalisierung: Arnhold spricht hier von einem „Flaschenhals“ bei der Digitalisierung. In der Dahlmannschule gehe es voran, dort sei man in der Ausschreibung der Arbeiten. In der Gemeinschaftsschule am Burgfeld seien die Konfigurationsarbeiten bis auf die Turnhalle abgeschlossen. „Die einzige Schule, die uns Bauchschmerzen bereitet, ist die Heinrich-Rantzau-Schule.“ Deren Elektronik aus der Nachkriegszeit muss komplett erneuert werden. Dort versucht man jetzt über mobile Router eine W-LAN-Übergangslösung hinzubekommen. Zwei IT-Experten würden bei der Schulverwaltung bereitstehen, um die Probleme der Lehrer auch beim Home-Office zu lösen. Unterstützung habe sie überall angeboten, aber noch keine Rückmeldung bekommen, bedauert Arnhold. Und wenn es mit den Videokonferenzen über wwschool nicht klappen sollte, gebe es ja noch andere im Datenschutz sichere Dienste, die genutzt werden dürfen. „Da kooperieren wir auch mit dem Kreis Segeberg. Ich weiß aber nicht, ob diese Hilfsangebote von uns tatsächlich bei jeder Lehrkraft ankommen“, meint Arnhold. Indes, Schülern und Lehrern bleibt nur die Hoffnung, dass die digitale Schul-Zukunft in den Bad Segeberg noch vor dem Ende der Pandemie spürbar wird. Von Wolfgang Glombik