Hausärzte gesucht: Mediziner aus Wahlstedt werben für Nachwuchs

Etwa 2800 Patienten werden in der Gemeinschaftspraxis an der Ostlandstraße behandelt. Sie kommen aus der Stadt, aber auch aus den Dörfern im Umland. „Und wir werden sie nicht im Stich lassen“, sagt Dr. Michael Orlowski (69) nachdrücklich. Er und sein Kollege Holger Damaschke (70) praktizieren nun schon fast 40 Jahre in Wahlstedt. Eigentlich hatten sie nicht vor, bis zum Jubiläum 2022 voll im Berufsleben zu stehen. Aber die Suche nach einem oder mehreren Nachfolgern war auch nach über zwei Jahren bisher erfolglos. Hausärztemangel ist längst auch ein Problem von Kleinstädten wie Wahlstedt. Eine große Chance für Einsteiger: Bereits 2018 hatte mit Rolf Scheuer ein Kollege ohne Nachfolger schließen müssen. Glücklicherweise wurde der Arztsitz vom Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) der Brüder Armbrust übernommen. In der Gemeinschaftspraxis Damaschke/Orlowski hat es erst im November die letzte Absage eines Interessenten gegeben. „Er hatte keinen Partner gefunden“, bedauert Orlowski. Dabei sei das aus seiner Sicht gar nicht nötig: „Wir können uns sehr gut vorstellen, in Teilzeit unterstützend mitzuarbeiten“, sagt Orlowski, darin sind sich die beiden Ärzte einig. „Das ist nur ein Angebot, das man ganz nach Wunsch ausgestalten kann. Wir wollen da niemandem etwas überstülpen, stehen aber gerne helfend zur Seite.“ Auch ob die Praxisräume gekauft oder gemietet werden, könne ein potenzieller Interessent selbst entscheiden, die beiden zeigen sich in alle Richtungen flexibel. Orlowski: „Wir sind für alles offen. Das hier ist für Einsteiger, egal ob in Voll- oder mit mehreren in Teilzeit, eine tolle Chance.“ Man könne in Wahlstedt ein sehr gutes Arztdasein führen. Praxis ohne Konkurrenzdruck: „Jemand, der sich hier niederlässt, bekommt alles, was er braucht und dazu treue Patienten und eine Stadt mit einer sehr guten Infrastruktur und hohem Freizeitwert. Es gibt keinen Konkurrenzdruck. Also wenn wir 30 Jahre jünger wären, würden wir alles genau so wieder machen und noch mal 30 Jahre hier arbeiten“, betont Orlowski. „Wir leben gerne hier in Wahlstedt und wollen nicht eines Tages durch die Stadt gehen und ehemalige Patienten treffen, die uns vorwerfen, wir hätten sie hängen gelassen“, macht Holger Damaschke deutlich, dass die Mediziner nicht nur ihrer Verantwortung für ihre fünf Mitarbeiter und Azubis sehr ernst nehmen. Damaschke: „Ich möchte es mir gar nicht ausmalen, wie es ist, wenn ein über 80-jähriger Patient von uns, der nicht mehr richtig laufen kann und mit Rollator unterwegs ist, sich auf den Weg nach Bad Segeberg zum Hausarzt machen muss.“ Tatkräftige Unterstützung gibt es seit dem vergangenen Jahr von Politik und Stadtverwaltung, denn auch hier hat man das Problem erkannt. „Wir können in vielen Bereichen Hilfestellung geben, sei es bei der Wohnungssuche, dem Kita-Platz oder bei anderen Fragen“, betont Bürgermeister Matthias Bonse (CDU). Wichtig sei, dass die Arztsitze nicht verloren gehen. Daher wurden in der Vergangenheit sicherheitshalber im Haushalt der Stadt 200 000 Euro bereitgestellt (2020 sind es 100 000 Euro), von denen mehr als 50 000 Euro in diesem Jahr in eine Machbarkeitsstudie in Zusammenarbeit mit der Ärztegenossenschaft Nord geflossen sind. Ein Ärztehaus wäre nur Plan B: Verschiedene Szenarien wurden dabei ausgearbeitet „Das Beste wäre, wenn die Gemeinschaftspraxis Orlowski/Damaschke einen Nachfolger findet. Ein Ärztehaus im weitesten Sinne nach dem Büsumer Modell wäre bestenfalls Plan B“, betont der Verwaltungschef. Beim Büsumer Hausarzt-Modell, das die Gemeinde an der Nordsee 2016 initiiert hat, sind alle Zulassungen der Hausärzte in einer Gemeindepraxis zusammengeführt worden, in der junge Ärzte als Angestellte praktizieren können. Aber das brauche mindestens eineinhalb Jahre für Planung und Bau. „Wir werden Anfang des Jahres intensiver in die politischen Beratungen einsteigen müssen“, ergänzt Bürgermeister Bonse und zeigt sich erleichtert darüber, dass die beiden praktischen Ärzte aus der Ostlandstraße so lange „bei der Stange bleiben“, bis eine Lösung gefunden ist. Von Heike Hiltrop

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