Henstedt-Ulzburg: Auto fährt bei Demo gegen AfD in Menschengruppe

Eine eigentlich friedliche Kundgebung gegen eine Veranstaltung der AfD mit Bundesparteichef Jörg Meuthen im Bürgerhaus in Henstedt-Ulzburg ist am Sonnabendabend eskaliert. Ein SUV war an der Beckersbergstraße über den Bürgersteig in eine Gruppe von Demonstranten gefahren und hat dabei drei Menschen verletzt. Eine Frau ist nach Polizeiangaben so schwer verletzt worden, dass sie noch stationär im Krankenhaus behandelt werden muss. Ob der Mann absichtlich in die Gruppe fuhr oder ob es sich um einen Unfall handelte, ist noch unklar. Die Antifaschistische Initiative Pinneberg verurteilte am Sonntag auf ihrer Homepage den „gezielten Angriff“ als „Mordversuch“. Die Polizei ermittelt „gegen den Unfallfahrer wegen der Straftat ‚gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr‘“, so Polizeisprecher Kai Hädicke-Schories. Der Fahrer war ein Mann. Mehr wollte die Polizei nach Absprache mit der Staatsanwaltschaft Kiel nicht sagen. Unmittelbar nach dem schweren Unfall sei es zu „Aggressionsdelikten gegenüber Beteiligten und Polizeibeamten“ gekommen, „die die Abgabe eines polizeilichen Warnschusses erforderten“, so der Polizeisprecher. Unklarer Hergang: Zeugen widersprechen sich: Hädicke-Schories sagte weiter, es gebe „unterschiedliche Zeugenaussagen“, die sich zum Teil widersprächen. So hätten einige beobachtet, wie der Fahrer des Pick-ups angeblich am Wegfahren gehindert worden sei. Andere wiederum hätten ausgesagt, er habe direkt auf die Opfer zugehalten, ohne eine vorherige Provokation. Ein Unfallsachverständiger solle nun den Tathergang rekonstruieren, so Polizeisprecher Hädicke-Schories. Cornelia Pemöller, die die friedliche Kundgebung am Nachmittag vor dem Bürgerhaus mit 200 bis 300 Teilnehmern, je nach Angaben von Polizei und Veranstalter, mitorganisiert hatte, bedauert diesen Vorfall am Ende der Kundgebung „zutiefst“. „Unser tiefes Mitgefühl gilt den Opfern“. Provokationen zwischen den verschiedenen Gruppen: „Es ist auch sehr bedauerlich, dass die ganze friedliche Demonstration, die ein wunderbarer gemeinsamer Schulterschluss so vieler bunter Gruppierungen von Bürgern, Parteien, Gewerkschaften, Vereinen und Geschäftsleuten aus Henstedt-Ulzburg davon jetzt überschattet wird“, sagt die Mitveranstalterin der Kundgebung, an der auch Bürgervorsteher Henry Danielski und Bürgermeisterin Ulrike Schmidt teilnahmen. „Wir haben Angst, dass dann künftig niemand mehr gegen Antisemitismus, Homophobie, Faschismus und Rassismus auf die Straße geht.“ Dann hätten die gewonnen, die dieses menschenverachtende Gedankengut teilten und friedliche Demonstranten einzuschüchtern trachteten. Während der Kundgebung bezichtigten sich beide Seiten verschiedener Provokationen. So sagten AfD-Kreissprecher Julian Flak und Landtagsabgeordneter Klaus Schaffer, dass eine AfD-Anhängerin von Antifa-Demonstranten, die mit etwa 50 Leuten eine Sitzblockade an der Jahnstraße ausübten, daran gehindert worden sei, zum Bürgerhaus zu kommen. „Solche Übergriffe haben mit friedlicher Demonstration nichts mehr zu tun“, kritisierte der Abgeordnete Schaffer. Pemöller wiederum kritisierte das Verhalten einiger AfD-Funktionäre, die sich provozierend vor einigen Demonstranten aufgebaut, diese verlacht und beschimpft und gefilmt hätten. Sie fühle sich bedroht. Bürgermeisterin lehnte Einladung der AfD ab – und demonstrierte mit: Während etwa 60 Besucher im Bürgerhaus die AfD-Veranstaltung zu den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise verfolgten, störten die Demonstranten draußen mit Sirenen, Trillerpfeifen und „Nazis raus“-Rufen die Veranstaltung. Bürgermeisterin Ulrike Schmidt, die zwei Tage vor der Veranstaltung von der AfD zum „Diskurs“ ins Bürgerhaus eingeladen wurde, hatte die Einladung abgelehnt. „Ich habe heute etwas anderes vor“, sagte sie. So wolle sie lieber an der Gegendemonstration teilnehmen. „Es ist gut, dass Henstedt-Ulzburg für eine demokratische Gesellschaft eintritt“, sagte Schmidt. Sie sehe „keinen Anlass, mit einer Partei in den Dialog zu treten, die in der Gemeinde keine Rolle spielt“. Bürgervorsteher Danielski sagte: „Die AfD soll dahin gehen, wo der Pfeffer wächst.“ WHU-Fraktionschefin Karin Honerlah sagte: „Es ist gut, diesen Herrschaften mit Gesicht und Stimme zu zeigen, dass wir sie hier nicht haben wollen.“ Lesen Sie auch Corona-Ausbruch in Hotel: Menschen in Timmendorfer Strand verunsichert Corona: Segeberger Eltern in Sorge vor dem Schulstart nach den Herbstferien A 21 Bad Segeberg:Fahranfänger leistet sich etliche Verkehrsverstöße Von Burkhard Fuchs