Hier soll Geschichte geschrieben werden: Am Palais Wichmann, dem ehemaligen Höhlenkrug, ist am Freitag ein großes Banner entrollt worden. Historische Gruppen zogen mit Dudelsackklängen durch Bad Segebergs Innenstadt, um gemeinsam ein Kreis- und Stadtmuseum zu fordern. Ein Ort für Geschichte ohne Ende, mit viel Platz für Schulklassen und das einzigartige 3-D-Modell, mit dem man durch Segeberg im 16. Jahrhundert spazieren kann. Könnte. Denn für all das ist momentan kein Platz.
„Für Geschichte schlägt unser Herz“, sagt Börge Jacobsen, während ein Burgfräulein über den Parkplatz an der Marienkirche huscht. Der Michaeliter, ein Wachmann aus dem 30-jährigen Krieg, ist mit Gleichgesinnten nach Bad Segeberg gekommen. „All die schönen Sachen muss man doch öffentlich zugänglich machen“, sagt der Ratzeburger. Sich nicht mit der Stadtgeschichte auseinanderzusetzen sei gefährlich. „Vieles gerät in Vergessenheit...“ In Lauenburg gebe es ein sehr schönes Kreismuseum. „Es ist über hundert Jahre alt und befindet sich im ehemaligen Herrenhaus“, sagt Jacobsen, der sich auch gern als Söldner auf dem Ratzeburger Wylag herumtreibt. „Ein Kreismuseum sollte die erste Anlaufstelle für geschichtliche Schulprojekte sein.“
Bad Segeberg habe etwas nachzuholen, sagt der Lübecker Bürgermeister Arnulv Rudland. Natürlich nicht der gegenwärtige, sondern anno 1474. „Wir sind sehr eifrige Museumsgänger“, sagt er, der zugegeben in etwas schmaler Besetzung am Freitag das Lübecker Hansevolk repräsentierte – gemeinsam mit Winrich Freutel, der den Dominikaner-Mönch Johann Grotendorst als Abgesandter des Lübecker Maria-Magdalenen-Klosters mimte. Bürgervorsteherin Monika Saggau kam verkleidet als Bürgermeister-Gattin, Historiker Nils Hinrichsen als Schnapphahn und der dritte Mitinitiator des Spektakels, Asmus Hintz, als Adliger.
Aus der Vergangenheit tummelten sich zudem Vertreter der Mittelalter-Gruppe Nomi Lagem aus Bad Oldesloe in Bad Segebergs Innenstadt, allesamt begleitet von buntem Fußvolk in Kostümen, Trachten und Gewändern vergangener Tage. Der Umzug marschierte mit Dudelsackklängen von der Marienkirche in Richtung Rathaus bis zum Höhlenkrug-Haus.
Das Banner mit ihren Forderungen hängt nun für jeden gut sichtbar am Palais Wichmann. Das gesamte Altstadtgrundstück mit insgesamt 2503 Quadratmetern steht zum Verkauf. Gelegen im Altstadtkern sei es wie gemacht für ein Museum, finden die Unterstützer. Zumindest haben sie, mit historischer Manneskraft, jetzt schon ein bisschen Geschichte geschrieben.
Irene Burow