Inzidenz in Segeberg landesweit am höchsten – viele Impfungen in Seniorenheimen

Hat der andauernde Lockdown im Kreis Segeberg, der derzeit große Schwierigkeiten für Gastronomie und Einzelhandel mit sich bringt, auch Auswirkungen auf der Infektionsgeschehen? Mit einem Inzidenzwert von jetzt 127,4 führt Segeberg aktuell die Negativ-Liste in Schleswig-Holstein an – noch vor den Kreisen Pinneberg (115,2) und Herzogtum Lauenburg (110,1). Selbst in der Hansestadt Hamburg liegt die Zahl der Neuinfektionen auf 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen mit 112,8 noch unter dem Segeberger Wert. Bis Donnerstagnachmittag kamen 45 Neuinfektionen dazu, unter ihnen waren 19 Kontaktpersonen zu bereits bekannten Fällen. Einzelereignisse treiben Zahlen nach oben: An den schlechten Zahlen im Kreis Segeberg dürften vor allem Einzelereignisse der vergangenen Tage ihren Anteil haben. Gleich zwei Seniorenheime sind aktuell im Kreis von Corona-Ausbrüchen betroffen. So haben sich im Norderstedter „Haus Ilse“ mehr als 80 Bewohner und Mitarbeiter mit dem Covid-19-Erreger infiziert, sieben Heimbewohner starben bereits. Nach einem Corona-Ausbruch steht auch das „Haus Goldenbek“ in der Gemeinde Pronstorf unter Quarantäne, wo das Virus am Mittwoch bei 22 Bewohnern und drei Mitarbeitern festgestellt worden war. Vier Senioren aus der Einrichtung müssen mit schweren Symptomen im Krankenhaus behandelt werden. Auch in der Flüchtlingsunterkunft in Boostedt waren in den vergangenen Tagen bei etwa 30 Bewohnern eine Corona-Infektion festgestellt worden. Zwei Wohngebäude der Einrichtung stehen unter Quarantäne, für die ganze Landesunterkunft wurde ein Aufnahmestopp verhängt. Lesen Sie auch Impfzentren in Schleswig-Holstein: So funktioniert die Terminvergabe Kampf um Impftermine: Senioren sind empört Corona-Impfstoffe im Vergleich: So unterscheiden sich die mRNA-Vakzine von Biontech und Moderna Corona-Impfung in Segeberg: Alleinstehende Hochbetagte haben es schwer Außerhalb der Pflegeheime steckten sich die meisten Menschen vor allem im familiären und privaten Bereich an, sagt Kreissprecherin Sabrina Müller. Auch das Arbeitsumfeld spiele eine Rolle. Vor allem Mittags- und Raucherpausen, bei denen das Virus weitergegeben werde. Allerdings können nur bei etwa 50 Prozent der festgestellten Neuinfektionen eine Ansteckungsquelle überhaupt ermittelt werden. Fast 900 Heimbewohner im Kreis geimpft: In den Seniorenheimen im Kreis Segeberg sind bis Donnerstagnachmittag inzwischen 884 von rund 6000 Bewohnerinnen und Bewohnern mit dem Biontech-Vakzin geimpft worden. Das teilte die Kassenärztliche Vereinigung (KVSH) auf Anfrage mit. 13 der insgesamt 53 Pflegeeinrichtungen im Kreis seien damit bereits von den mobilen Impfteams – 15 gibt es in Schleswig-Holstein – angefahren worden, sagte KVSH-Sprecher Nikolaus Schmidt. Welche Heime als erstes versorgt werden, lege das Sozialministerium in Kiel fest. Priorisiert würden solche Einrichtungen, die in Gebieten mit hoher Inzidenz liegen, sowie Heime mit einem hohen Anteil Betreuter, die an Demenz leiden. Auch im Kreis Segeberg kommt es in den Seniorenheimen mit großem Abstand zu den meisten Todesfällen in Zusammenhang mit Covid.19. Wann die Impfungen in den Seniorenheimen abgeschlossen sein werden, stehe noch nicht genau fest. „Wenn alles weiterhin planmäßig verläuft und keine weiteren Ausbrüche in Heimen dazu kommen, gehen wir aber davon aus Ende Januar/Anfang Februar allen Heimbewohnern die erste von zwei Impfungen verabreicht zu haben“, sagt Schmidt. Impfverweigerer gebe es in den Heimen indes selten. „Im Gegenteil. Nach unserer Erfahrung sehen die meisten Menschen die Impfung als eine Erlösung an“, sagt Schmidt. Dass Menschen sich weigerten oder ihre zuvor ausgefüllte Einverständniserklärung zurückzögen, komme zwar vor. „Das bewegt sich aber im einstelligen Bereich“, sagt der KVSH-Sprecher. Der große Teil der Menschen, sei sehr froh, wenn das Impfteam komme. Keine Impfungen bei akutem Corona-Ausbruch: Zu spät dürfte der lebensrettende Serum dagegen für viele Menschen kommen, die in den bereits von Corona betroffenen Heimen leben. Da das gesundheitliche Risiko zu groß sei, bereits infizierten Personen den Impfstoff zu verabreichen, könne mit dem Impfungen erst begonnen werden, wenn der Ausbruch überstanden sei. Mitarbeiter in den Pflegeheimen, obwohl sie zur Gruppe mit der höchsten Priorität gehören, würden ebenfalls nicht durch die Impfteams versorgt, erklärt Schmidt. Sie müssen sich regulär einen Termin in einem Impfzentrum organisieren. Bleibe nach dem Versorgen der Bewohnerinnen und Bewohner Serum übrig, würden aber auch einzelne Mitarbeiter versorgt. „Kein Impfstoff soll verkommen.“ Von Oliver Vogt