Kalkberg-Oase: 55 000 Euro Fördermittel für Bad Segeberger Musik-Location

Die gesamte Veranstaltungsbranche erlebte 2020 das wohl düsterste Jahr in der Geschichte des Landes der Dichter und Denker: Nahezu alle Konzerte, Festivals, Theatervorstellungen und Ausstellungen mussten wegen der Corona-Pandemie abgesagt werden. Auch in der Kalkberg-Oase. Für das musikalische Kleinod mitten in Bad Segeberg leuchtet inzwischen ein Licht am Ende des Tunnels. Mit Bundesmitteln des Programms „Neustart Kultur“ wird es coronakonform ausgebaut und fit für die Zukunft gemacht. Seit dem ersten Lockdown im März 2020 steht das kulturelle Leben fast überall still. „Es ist eine ganz schwere Zeit. Corona hat Musiker und Veranstalter gleichermaßen kalt erwischt. Unser Vorteil: Wir müssen von den Veranstaltungen nicht leben. Andere, wie das ,Raiders’ in Lübeck, haben von den Räumlichkeiten her kaum Möglichkeiten, etwas zu ändern. Für sie ist es echt bitter“, sagt Kaffeeröster Ralf Schaffer, der nebenbei als Vorsitzender des Vereins „Die Oase - Musik und Kultur in Segeberg“ die Veranstaltungen in der Kalkberg-Oase organisiert. 55 000 Euro Bundesmittel für die Kalkberg-Oase: Den Kopf hat Schaffer nach dem ersten Lockdown nicht in den Sand gesteckt, sondern an einem Konzept gebastelt, die Oase fit für eine Zukunft unter Corona-Bedingungen zu machen. Damit überzeugte er offenbar auch Bundesministerium für Kultur und Medien, das als Antwort auf Corona das eine Milliarde Euro schwere Förderprogramm „Neustart Kultur“ aufgelegt hat. In 50 Teilprogrammen sollen unter anderem pandemiebedingte Investitionen in Kultureinrichtungen gefördert werden. Die langwierigen Auseinandersetzungen mit Behörden und Förderanträgen haben sich für die Kalkberg-Oase gelohnt. Aus zwei Teilprogrammen erhielt sie Fördermittel in Höhe von zusammen 55 000 Euro. Die erste große Investition daraus steht bereits: ein 18 Meter langes und 13 Meter breites Beduinenzeltdach, das die Oase künftig wetterunabhängiger machen soll. Mit 26 000 Euro wäre das Zeltdach, das oben mit Teflon und unten mit einer speziellen Akustikbeschichtung ausgestattet ist, unter normalen Umständen nicht finanzierbar gewesen. Zusammen mit dem „Sternenzelt“ aus den Anfangstagen verfügt die Oase als „fliegender Bau“ dann über 330 Meter überdachte Fläche. Beduinenzeltdach aus Tausendundeine Nacht: Das aber ist noch nicht alles, was in der Kalkberg-Oase passieren wird. „Wir dürfen außerdem zwei neue Hütten bauen, die so konzipiert sind, dass unsere Besucher automatisch Abstand halten müssen. Es wird neue befestigte Wege für Rollstuhlfahrer geben und unsere Techniker freuen sich schon auf einen Supersound, den es über einen Truss-Würfel im ganzen Zelt geben wird. Von dort aus wird das Zelt auch so ausgeleuchtet, wie man es sich in einem Beduinenzelt aus den Märchen vorstellt“, so Schaffer. Eine der größten Umbaumaßnahmen aber wird die Anordnung der Loungemöbel und damit der Sitzplätze sein. Waren diese bislang in Reihen angeordnet, werden sie für die nächste Saison mit jeweils zehn Sitzplätzen in U-Form aufgebaut. Zusätzlich sollen alle Lounges noch mit Plexiglas in der Höhe besser abgeschirmt werden. „Sollte Corona mal nachlassen, kommt das Plexiglas wieder weg“, erzählt Ralf Schaffer. Mit „Neustart Kultur“ hat die Bundesregierung im Sommer 2020 ein Rettungs- und Zukunftsprogramm in Höhe von einer Milliarde Euro aufgelegt, um den Kulturbetrieb und die kulturelle Infrastruktur dauerhaft zu erhalten. In über 50 Teilprogrammen sind bereits weit über 600 Millionen Euro und damit knapp zwei Drittel des gesamten Programms konkret belegt. Mehr als 500 Millionen Euro des Programms, das sich über die Jahre 2020/21 erstreckt, wurden mittlerweile den mit der Abwicklung betrauten Verbänden und Fonds zur Verfügung gestellt. Bis Mitte Oktober waren über die ganze Breite des Programms mehr als 20 000 einzelne Anträge gestellt worden. Hochgerechnet auf die Zeit bis Mitte November, geht die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien davon aus, dass mittlerweile bis zu 35 000 Anträge vorliegen. Im Fokus von „Neustart Kultur“ stehen vor allem Kultureinrichtungen, die überwiegend privat finanziert werden. Sie sollen in die Lage versetzt werden, ihre Häuser erneut zu öffnen und Programme wieder aufzunehmen, um Künstlerinnen, Künstlern und Kreativen eine Erwerbs- und Zukunftsperspektive zu bieten. Weitere Infos unter www.neustartkultur.de. Nur noch Platz für 150 statt für 500 Besucher: Ein Nachteil der coronakonformen Umbauarbeiten: Hatten früher noch bis zu 500 Besucher in der Kalkberg-Oase Platz, werden es in der neuen Saison nur noch 150 sein. Bislang konnten die unsichtbaren Kosten wie Gema, Versicherung und Pacht durch den Verkauf von Getränken und Eis sowie Fleisch und Wurst vom Grill erwirtschaftet werden. Mit der reduzierten Besucherzahl aber dürfte das schwierig werden. „Ich weiß nicht, ob uns im nächsten Jahr wieder Sponsoren unterstützen. Sollte das nicht der Fall sein, müssen wir alle Kosten durch den Gastronomiebereich erwirtschaften. Das aber ist nur zu schaffen, wenn wir die Oase an zwei oder drei Tagen auch in der Woche öffnen. Möglich wäre das auch schon viel früher gewesen, denn wir haben eine Vollkonzession bis 22 Uhr“, kündigt der Vereinsvorsitzende an. Auch dann sollen an kuscheligen Abenden Segeberger Musiker für Livemusik sorgen, allerdings in einem kleineren Rahmen. „Wir haben großes, großes Glück gehabt“: Dass es 2021 Konzerte in der Kalkberg-Oase geben wird, steht für Ralf Schaffer außer Frage. Ob es wie in den Jahren zuvor gleich 25 Konzerte sein müssen, ist jedoch eher unwahrscheinlich: „Das traue ich mich noch nicht. Wir müssen abwarten, wie sich alles entwickelt. Ich glaube, dass uns Corona noch lange im Griff haben wird. Bis eine Herdenimmunität aufgebaut ist, werden noch zwei bis drei Jahre vergehen. In der Zeit sind große Festivals undenkbar. Die Zukunft gehört den kleinen Locations an der frischen Luft“, glaubt Schaffer. Dankbar ist der Musiker und Vereinsvorsitzende der Politik: „Sie hat gemerkt, dass sie Geld in die Hand nehmen muss, wenn sie die Kultur retten will. Ohne Zuschuss nützen auch die besten Ideen nichts. Als ich den Förderbescheid in Händen hielt, hatte ich wirklich Pipi in den Augen. Insofern haben wir großes, großes Glück gehabt. Dass wir in die Zukunft investieren, ist zudem ein Motivator für die noch verbliebenen Bands. Viel zu viele haben bereits aufgehört.“ Von Petra Dreu