Kampf gegen die Afrikanische Schweinepest: Die Ausbildung zum Suchhund

Die Afrikanische Schweinepest (ASP) breitet sich immer weiter aus. Das Virus ist hoch ansteckend. Sollte es zum Ausbruch in Schleswig-Holstein kommen, müssten verendete Wildschweine so schnell wie möglich gefunden werden. Über Monate wurden im vergangenen Jahr fünf Jagdhunde für diese Aufgabe ausgebildet –und es sollen mehr werden. Labrador „Thore“ aus Stormarn und Foxterrier „Luzi“ aus Segeberg sind zwei von ihnen. Entdecken, beschnüffeln, anzeigen: „Wo ist das Stück . . . such das Schwein!“ Mit GPS-Sender ausgestattet und leuchtender Schutzweste um den Körper fegt „Thore“ auf den kurzen Zuruf seines Halters Jürgen Fischer durch das Unterholz bei Glashütte im Segeberger Forst. Das Wildschwein, das er kurz darauf sieht, wird nach einem kurzen Bellen ignoriert. Der Hund interessiert sich nicht weiter für lebendiges Borstenvieh, zeigt es aber an. Anders bei einem Wildschwein-Dummy mit echtem Kopf und Borstenfell: entdeckt, beschnüffelt und sofort zurück zu Herrchen, um durch Hochspringen den Fund anzuzeigen und den Partner Mensch hinzuführen. Jagdhunde mit Spezialaufgabe: Eigentlich ist der 69-jährige Stormarner mit seinem Vierbeiner gerne mal zur Niederwild-Jagd unterwegs. Nun sucht „Thore“ ASP-Fallwild. „Der weiß genau, worum es geht. Der kann das unterscheiden. Die Kommandos sind ganz anders.“ Stefanie Hausser nickt. Normalerweise sei Fallwildsuche etwas für Schweißhunde, die an der Schleppleine geführt werden, ergänzt sie und streift ihrer „Luzi“ die leuchtende Schutzdecke über. „Zum Beispiel bei Verkehrsunfällen mit Wild. Sie nehmen den individuellen Geruch des verletzten Tieres auf und gehen ihm nach.“ Hilfe von Profis aus der Rettungshundearbeit: Ganz anders gestaltet sich die Suche im Rahmen der Afrikanischen Schweinepest. Hier verfolgen die Tiere keine Spur, sondern gehen generell dem Geruch nach. Fischer: „Sauen, die fiebrig sind, merken, dass sie verenden und verkriechen sich.“ Hausser: „Die Suche gleicht der von vermissten Personen durch Rettungshunde.“ Kein Wunder also, dass sich Segebergs Kreisjägerschaft mit Anke und Jörg Oestreich Hundeprofis der Johanniter-Staffel Schleswig/Flensburg ausgeguckt haben. Flächensuche, bei der der Hund nicht am Boden schnüffelt, sondern mit halbhoher Nase, sind ihr Fachgebiet. Und sie geben Workshops im sogenannten Mantrailing. Idee kam nach Übung 2018: „Wir mussten dann von lebenden Personen auf tote Tiere umpolen“, ergänzt Heidi Fitzner, die Hundeobfrau der Kreisjägerschaft. Die Idee dazu sei nach einer ASP-Übung 2018 entstanden, erinnert sie sich. Ein Resümee sei damals gewesen, dass Jagdhunde ohne spezielles Training ungeeignet seien. Der zuständige Kreisveterinär habe daraufhin angefragt, ob man sich vorstellen könne, Hunde dafür zu schulen. Ein Anforderungsprofil wurde erstellt. Im April 2019 begann die Ausbildung, die bis September dauerte. „Wir sind mit zehn Leuten gestartet, am Ende waren wir noch fünf“, sagt Jürgen Fischer. „Nicht jeder Hund eignet sich, denn der er soll nicht schwarzwildscharf sein“, ergänzt Stefanie Hausser. „Er darf es anzeigen, er darf es auch verbellen, muss sich aber abrufen lassen oder von selber zurückkommen. Auf gar keinen Fall darf er die Sau beißen oder hetzen.“ Denn das Suchgebiet ist im Ernstfall eine definierte Schutzzone, die abgesucht wird. Womöglich erkrankte Schweine sollten sie nicht in Panik verlassen, um das Virus nicht weiter zu verbreiten. Bei ASP-Ausbruch gibt es Sperrgebiete: „Im Fall eines ASP-Ausbruchs wird im Umkreis von fünf Kilometern um ein verendetes Wildschwein ein Sperrgebiet eingerichtet. In diesem Areal darf nichts mehr stattfinden: keine Jagd, kein Ausritt, keine Spaziergänge, kein Wandern, kein Pilzesammeln, nichts. Für eineinhalb Jahre“, beschreibt Stefanie Hausser. Dieses Sperrgebiet dürfe nur durch Dekontaminationsschleusen mit Desinfektionsbad verlassen werden. „Und lägen dort Äcker, dann dürften sie weder bestellt noch abgeerntet werden, weil es sonst sein könnte, dass das Virus beispielsweise im Weizen an die Hausschweine verfüttert wird.“ Sicherheit geht vor: Auch der Hund würde das Virus womöglich weitertragen, wenn er das Schwein beißt. Die vierbeinigen ASP-Spezialisten zeigen lebende Wildschweine dagegen lediglich kurz an. „Und das sollen sie auch, denn wenn da ein erkrankter 15 Kilo-Frischling liegt, muss ich dieses Tier ja töten, das wird sich die 100 Kilo-Bache nicht so ohne Weiteres angucken. Sie kann unter Umständen rauskommen und uns angehen.“ Sefanie Hausser trägt wie ihre Kollegen sicherheitshalber spezielle Hosen, in die Teflon eingewebt ist. Das schützt vor Bissverletzungen. Zuerst wurden die Hunde deshalb im sogenannten Saugatter getestet, einer eingezäunten Fläche, auf der an Hunde gewöhnte Wildschweine leben. Dann begann die eigentliche Arbeit. „Eines der größeren Probleme war, dass die Hunde nicht apportieren dürfen“, sagt Oestreich. Jürgen Fischer sieht seinen „Thore“ lachend an: „Im Training wurden Dosen mit Löchern ausgelegt. Alle 15, 20 Meter eine. In fünf waren Leckerchen, in der sechsten der Zielgeruch. Der Hund durfte die Leckerli-Dosen in der freien Suche nicht anzeigen. Das bringen sie mal einem Labrador bei, der am liebsten frisst und apportiert.“ Daran habe er immer wieder arbeiten müssen. „Nicht mit Druck, aber mit Konsequenz.“ Oestreich: „Mit positiver Bestätigung und Spiel kriegt man alles hin.“ Weitere Hunde sollen ausgebildet werden: Den ersten fünf ASP-Suchhunde-Gespannen sollen weitere folgen. Die ausgebildeten Teams wollen ihr Wissen weitergeben. Und Schleswig-Holsteins oberste Jagdbehörde hat bei den Oestreichs angefragt, ob sie weitere zehn Hunde ausbilden würden. Das Angebot liegt derzeit beim Umweltministerium. Kommt das Okay, dann gibt es einen weiteren Kursus, wahrscheinlich im Lauenburgischen. „Jagdhunde müssen es nicht unbedingt sein, aber Jäger wären schon wichtig, denn Wildschweine sind sehr gefährliche Tiere“, mahnt Jörg Oestreich. Afrikanische Schweinepest (ASP) ist eine Seuche, von der Haus- und Wildschweine betroffen sind. Der Ursprung liegt in Afrika. Das Virus wird dort von Lederzecken übertragen. In Mitteleuropa erfolgt eine Übertragung durch Kontakt mit infizierten Tieren, deren Blut oder Sekrete. Auch Essensabfälle, Schweinefleischerzeugnisse oder andere indirekte Übertragungswege, beispielsweise durch kontaminierte Fahrzeugräder, sind möglich. „Durch das Auftreten der Tierseuche im Westen Polens ist das Risiko eines Eintrags nach Deutschland durch migrierende, infizierte Wildschweine nochmals deutlich gestiegen“, warnt das Friedrich-Löffler-Institut (Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit). Von Heike Hiltrop

Tierische Such-Azubis - Kampf gegen Afrikanische Schweinepest: So werden die Suchhunde ausgebildet