Karl-May-Spiele Bad Segeberg: Winnetou Alexander Klaws im Interview

In Bad Segeberg hat man im Corona-Jahr 2020 nicht nur die Karl-May-Spiele im Allgemeinen, sondern ganz besonders auch Winnetou-Darsteller Alexander Klaws vermisst. Der Schauspieler und Sänger ist nah an den Fans, sucht den Kontakt. Er mag lieber das Du als das Sie und plaudert auch im LN-Interview offen über die vergangenen Monate. Denn auch in der Corona-Krise ist bei ihm einiges passiert, vor allem ist der Familienmensch noch einmal Vater geworden. Erstmal das Wichtigste in diesen Zeiten: Wie geht es deiner Familie und dir? Privat geht es mir wirklich gut. Ich bin im Februar 2020 zum zweiten Mal Papa geworden. Und da habe ich durch den Lockdown auch sehr viel wertvolle Zeit für meinen Sohn gewonnen. So viel Zeit hätte ich sonst nie gehabt, weil ich ja viel unterwegs bin oder Proben habe. Deshalb haben wir das letzte Jahr als Familie auch genossen. Es gab in den sozialen Medien Anfang des Jahres mal Sorgen und Gerüchte, dass du persönlich von einer Corona-Erkrankung betroffen bist. Das habe ich schon aufgeklärt, das war wirklich nur ein grippaler Infekt um die Neujahrswende. Ich hatte mich nur mal kurz über Instagram bei den Fans gemeldet, um mal was von mir hören zu lassen. Ich war vorher ein bisschen genervt von den sozialen Medien, weil man ja merkt, dass man aufgrund des Lockdowns das Handy noch öfter in die Hand nimmt und guckt als vorher. Da brauchte ich mal eine Pause. Beruflich ist der Lockdown aber sicher eine schwierige Zeit, oder? Ja, denn als Künstler hängen wir jetzt seit einem Jahr zu Hause rum, und es gibt keine konkrete Aussicht, wann es weitergeht. Stattdessen kommt eine Hiobsbotschaft nach der anderen, zuletzt, dass es mit den Impfungen nicht so klappt wie geplant. Mir persönlich geht es ja finanziell gut, ich habe in meinem Leben viel gearbeitet, da müssen wir uns keine Sorgen machen. Es geht aber auch um Gerechtigkeit und Solidarität. Es ärgert mich, wenn große deutsche Firmen Milliarden bekommen und viele Künstler nur vertröstet werden. Denn ich kenne viele Künstler, bei denen ist noch nicht ein Cent angekommen. Nach außen hin wird das von der Politik immer so hingestellt, als wenn alles für die Künstler getan wird, aber das ist nicht der Fall. Wir unterstützen die Regierung, aber wir fühlen uns nicht von ihr unterstützt. Vermisst du die Arbeit sehr? Ich bin jetzt seit 18 Jahren auf der Bühne, und es war immer so wie der Sekundenzeiger der Uhr. Ich habe durchgehend immer irgendwoher meine Energie nehmen oder auch rauslassen können, ob das mit der Musik, der Schauspielerei oder anderen Auftritten im TV oder bei Talkshows war. Dieser Lockdown ist, als hätte man einem Schriftsteller den Stift weggenommen. Da fehlt im Alltag die Struktur und das Fundament, das mich ja als Künstler auch ausmacht. Worauf freust du dich am meisten, wenn der Lockdown vorbei ist? Auf alles! Den Nachbarn mal umarmen, einfach wieder spontan die Eltern mit den Kindern besuchen, ohne sich vorher Gedanken zu machen, wer wen getroffen hat. Und aus Künstlersicht wird der erste Applaus so ein Balsam für die Seele sein, dass ich wahrscheinlich erstmal da stehe und nichts machen kann. Das erste Konzert wird bestimmt unglaublich. Konntest Du den Kontakt zum Karl-May-Ensemble halten? Na klar, ich bin im regen Austausch mit Produktionsleiter Stefan Tietgen und mit Ute Thienel. In Bad Segeberg zu spielen, ist pure Emotion, das ist über die Jahre wie meine zweite Familie geworden, und es ist ja auch quasi um die Ecke von meinem Zuhause. Karl May ist nicht einfach nur ein Job. Für mich ist das die größte Bühne, auf der man stehen kann. Es ist ein Privileg, überhaupt da spielen zu können. Gibt es auch Kontakte zu den Karl-May-Fans? Ich habe immer mal wieder Kontakte zu den Fans, es schreiben mich auch viele an. Vielen hat die Absage der Karl-May-Spiele fast das Herz gebrochen. Ich bin ohnehin sehr gerne in Verbindung mit den Fans und versuche auch zu antworten, wenn ich zum Beispiel in den sozialen Medien angeschrieben werde. Aber natürlich ist der Kontakt nicht zu allen möglich, und wenn ich jetzt wieder Songs schreibe, muss ich mich auch darauf konzentrieren und kann nicht bis nachts auf Instagram sein. Ein gutes Stichwort, du hattest mal angekündigt, wieder etwas mehr Musik zu machen, hattest du während des langen Lockdowns Gelegenheit, an einem neuen Album zu arbeiten? Mit zwei Kids zu Hause muss man besser nachts schreiben (lacht). Normalerweise wäre ich jetzt mit einem Teil meiner Band im Januar in unserem Ferienhaus in Portugal und wir hätten angefangen zu schreiben. Aber das geht nun leider nicht, und zu Hause kann ich ja auch nur eine Person einladen. Ich bin aber immer mal wieder dabei, Songs zu schreiben, Themen habe ich ja genug. Aber es läuft eben alles anders als geplant. Deswegen gibt es auch noch kein Datum für ein neues Album. Es gab zwischendurch eine tolle Überraschungsaktion, als du mit Thomas Gottschalk als Old Shatterhand und du als Winnetou zu einem kleinen Karl-May-Fan geritten bist, um das Mädchen zu überraschen. Es war wahrscheinlich toll, mal wieder Winnetou zu sein, oder? Ja, und das Mädel hat sich auch riesig gefreut und wird uns auch noch mal besuchen kommen. Und mein eigenes Fanherz ist auch im Dreieck gesprungen, denn Thomas Gottschalk ist für mich so etwas wie der Erfinder des Wortes „Entertainment“. Ich habe ihn zwar vorher schon mal getroffen, aber mal zwei, drei Stunden mit ihm auf dem Pferd zu sitzen und in Ruhe zu quatschen, das war eine tolle Aktion. Nach Corona werden Thomas und ich uns noch mal treffen und eine Runde ausreiten. Nach der Aktion wurdest du mit einigen Hasskommentaren und Pöbeleien in den sozialen Medien konfrontiert... Ja, es ist leider normal geworden, dass es Leute gibt, die meinen, Social Media wäre eine Plattform zum Pöbeln und nicht, um sich auszutauschen. Solche Leute wird es immer geben, und das macht es leider wirklich anstrengend, sich mit diesen Plattformen zu beschäftigen. Viele dieser Hater fühlen sich zu Hause in ihren vier Wänden sehr sicher, aber wenn man sie mal persönlich trifft, kriegen die den Mund nicht auf. Auch Karl-May-Stars gehen in die Kurzarbeit Traurige Stars der Karl-May-Spiele: Sie versprechen für 2021 „beste Show aller Zeiten“ Ein Jahr ohne Karl-May-Spiele: Wie stehen wir das durch? 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Themenseite: Alle LN-Artikel zu den Karl-May-Spielen auf einer Seite Der Vorwurf dieser Leute war, es sei rassistisch, wenn man als Weißer in der heutigen Zeit die Rolle des „Winnetou“ spiele. Du hast ihnen angeboten, über ihre Kritik zu sprechen, kam es zu Gesprächen? Manche sind darauf eingegangen, aber die, die am lautesten geschrien und gepöbelt haben, haben sich natürlich nicht gemeldet. Mit dem Reden habe ich auch gar kein Problem. Rassismus ist ein wirklich wichtiges Thema, und Leute beschäftigen sich zu Recht mit Themen wie „Black Facing“ oder „Red Facing“ (Anm. der Redaktion: Die Begriffe bedeuten, dass ein weißer Mensch das Gesicht mit Farbe bemalt, um eine Figur mit anderer Hautfarbe abwertend oder veralbernd darzustellen). Es wird dazu im Februar auch noch eine Doku auf 3Sat geben, in der ich auch darüber spreche. Aber ehrlich: Leute, die sagen, dass wir bei Karl May „Red Facing“ machen, waren noch nie in Segeberg und haben keine Ahnung, was wir da tun. Bei den Karl-May-Spielen ehren wir die Stämme. Zudem ist es ein fiktives Märchen, wir behaupten da ja nicht, dass wir die Realität darstellen. Der Schauspieler und echte Sioux Robert Alan Packard hat selbst gesagt, dass ihn diese überzogene politische Korrektheit wie im Falle der Karl-May-Spiele wütend macht, und dass er nicht möchte, dass Außenstehende ihn bevormunden und meinen, für die amerikanischen Ureinwohner sprechen zu können. Glaubst du, dass es klappt und ihr nächsten Sommer wieder am Kalkberg spielen könnt? Ja, ich glaube fest daran. Die Frage ist nur, wie. Ich glaube noch nicht daran, dass wir vor 7500 Leuten spielen werden, sondern man wird wohl Konzepte entwickeln müssen. Ich hoffe aber noch, dass möglichst viele schnell geimpft werden können, denn ohne Impfung wird es schwierig. Wenn wir vor vollem Haus spielen können, werden wir jedenfalls bestimmt wieder Rekorde brechen… Wenn es nur Aufführungen unter Corona-Bedingungen und vor weniger Zuschauern geben würde, wärst du trotzdem dabei? Na klar. Wir setzen alle Hebel in Bewegung, um irgendwie spielen zu können. Wenn es nicht klappt, dann wird es mit Sicherheit nicht an uns liegen. Wenn du Recht hast und es wieder losgehen kann, dürfte es emotional werden.. Und ob! Ich glaube, die Premiere wird eine Vorstellung, die die Karl-May-Spiele noch nicht erlebt haben. Das wird ein emotionales Feuerwerk, da in die Arena einzureiten. Die Leute werden sich unfassbar freuen, wenn es wieder losgeht – und wir Schauspieler umso mehr. Von Sven Wehde