Kein Zuschuss: Politik lässt die Segeberger Schützengilde hängen

Eines muss man Bad Segebergs Bürgermeister Dieter Schönfeld (SPD) lassen, in seiner elfjährigen Amtszeit bekamen Bad Segebergs Vereine erhebliche finanzielle Unterstützung. Wer auch immer in der vielseitigen Vereins-Szene Bad Segebergs von Sport- bis Kulturverein einen fundierten und gut begründeten Antrag auf Unterstützung für das eine oder andere Projekt stellte, fand seine Hilfe und die Stadtvertretung knauserte da auch nie. Doch nun – nach dem Corona-Schock – sind die Stadtkassen auf unabsehbare Zeit leer und die Steuereinnahmen eingebrochen. Da kommt für viele Stadtvertreter der Wunsch des ältesten Vereins, der Stadtvogelschützengilde von 1595 e.V,, nach Finanzierungshilfe für eine elektronischen Trefferanzeige zur Unzeit. Die Schützenbrüder brauchen einen städtischen Zuschuss von gut 25 000 Euro für eine moderne Zählanlage an ihrem Schießstand, um sportlich nicht von anderen Vereinen mit Schießsport abgehängt zu werden – und auch, um für die Jugend eine Bogensparte gründen zu können. Die Gesamtkosten dieser Maßnahme belaufen sich auf rund 82 800 Euro. Die anderen Drittel würden Kreissportverband und das Land tragen – aber nur wenn die Stadt nicht kneift. Vor allem die CDU wehrt sich gegen Zuschuss für Gilde: Doch danach sieht es aus. Schönfeld machte sich für die Schützen und andere Vereine im städtischen Hauptausschuss stark wie nie. Es sei „unverzichtbar“, wenigstens den Teil zu tragen, den die anderen Fördergeber erwarteten. „Ich bin kein Schütze, aber ich bin dafür, dass wir diesen ältesten Verein unserer Stadt hier fördern“. Er warb bei den Skeptikern – vor allem der CDU – eindringlich dafür, eine Zusage zu geben. Zur Not könne man das Geld über zwei oder drei Jahre stückeln. „Bislang haben wir noch nie einem Verein diese Förderung von Kreis und Land zunichte gemacht.“ Die CDU, vor Jahrzehnten noch ein Bollwerk des hiesigen Schützenwesens, hat sich offenbar um 180 Grad gewandelt. So tat sich Christdemokrat Olaf Tödt schwer damit, der Gilde einen Zuschuss zu gewähren. „Wir sind selbst arg gebeutelt.“ Erst solle die Stadtverwaltung Richtlinien ausarbeiten, wie und wann Vereine unterstützt werden sollen. Die SPD hingegen verwies darauf, dass gerade die Gilde nur sehr selten die Hilfe der Stadt in Anspruch genommen habe. Olaf Reiter (CDU) ging darauf nicht ein. Keiner missgönne der Schützengilde ihre elektronische Anzeige, aber „morgen kommt dann der Kaninchenzüchterverein und braucht 20 000 Euro für neue Ställe. Wir brauchen eine Richtlinie, die alle gerecht behandelt“. Das Geld der Stadt sei schon alle, „wir merken es nur noch nicht“. Schönfeld will Vereine weiter stark fördern: Doch Schönfeld kämpfte für die Vereine der Stadt. Unter den finanziellen Coronafolgen litten alle, sagte er. Es sei unverzichtbar, dass es Ehrenamtler gibt, die dafür sorgten, „dass das Vereinsleben weiter funktioniert“. Schönfeld wäre „schockiert“, wenn die Stadt nicht mehr ihre Vereine unterstütze. Er wurde richtig laut im Bürgersaal: „Ich bin keineswegs aufgeregt und in Rage“, rief Schönfeld in den Saal. Er möchte nur auch ohne Mikro Gehör im Saal finden. Trotz seines lautstarken Einsatzes wurde das Thema von der Politik auf die lange Bank geschoben. Erst solle der Bürgermeister die geforderten Förderrichtlinien für Vereine aufstellen. Bei LN-Nachfrage betonte Schönfeld später, dass es vor seiner Amtszeit keine Hilfe für Vereinsprojekte gegeben habe. „Die Folge war, dass Vereine in Bedrängnis gerieten und in Nachbarorte abwanderten, das darf nicht wieder passieren.“ Ein gesundes Vereinsleben in der Stadt sei mindestens so viel wert wie eine gut gefüllte Stadtkasse. Wenn die Stadt sich hier nicht beteilige, gehen alle Zuschüsse des Landes und des Kreises verloren. „So beschleunigen wir die Zerstörung funktionstüchtiger Vereine“, warnte Schönfeld. Von Wolfgang Glombik