Keine Auswilderung: Krähe „Charly“ aus Segeberg bleibt in der Wildtierstation

Seit Tagen erhitzt das Schicksal von Renate Schoemann und ihrer Krähe „Charly“ die Gemüter. Mittlerweile sogar bundesweit. Nach über 17 Jahren haben Ordnungs- und Veterinäramt der Seniorin den Vogel weggenommen. Sie werfen der 80-Jährigen aus Bad Segeberg schlechte, nicht artgerechte Haltung vor. Nun sitzt der alte Rabenvogel in einer Wildtierstation im Kreis Pinneberg. „Die Eingewöhnung verlief ohne Komplikationen, und der zahme Vogel integriert sich gut in die artgleiche Gruppe“, erklärt die Leiterin Katharina Erdmann und betont, dass die Rabenkrähe, anders als zunächst vom Veterinäramt angekündigt, aufgrund einer Flügelverletzung und der langen Zeit in Gefangenschaft nicht mehr ausgewildert werde. Aber nach all den Jahren in Wohnungshaltung könne sie nun „endlich ihren natürlichen Bedürfnissen nachkommen und ihren Lebensabend mit Artgenossen verbringen“. Rabenvögel binden sich schnell an den Menschen: Erdmann unterstreicht, dass es bei der Versorgung von Wildtieren nicht um die Interessen von Menschen gehen dürfe. Die Entscheidung der zuständigen Behörden empfinde sie als richtig. „Soziale und intelligente Tierarten wie Rabenvögel werden in der menschlichen Obhut sehr schnell zahm und wirken dann für Laien zwar zufrieden, von einer artgerechten Haltung kann man dabei jedoch nicht sprechen.“ Privathaltung selten tierschutzkonform: Wie die Bedürfnisse solcher sehr klugen Wildtiere genau sind, dazu gebe es nur dürftige wissenschaftliche Erkenntnisse, heißt es beim Deutschen Tierschutzbund. Aber er weist darauf hin, dass solche Tiere aufgrund ihrer hohen Ansprüche „in den seltensten Fällen gemäß dem Tierschutzrecht gehalten werden können“. Beim Wildpark Eekholt kennt man sich mit Wildtieren aus. Auch mit der Gesetzgebung zur Haltung. So sei es grundsätzlich verboten, ein Tier aus der Natur zu entnehmen. Und wer ein verletztes Tier aufnimmt, der müsse dies zwingend melden, sagt Janine Bürger. „Viele Tierärzte behandeln Wildtiere kostenlos und vermitteln sie dann an Wildtierstationen. Die im Kreis Pinneberg zum Beispiel.“ In Eekholts Vogelpflegestation hätten solche Vögel so wenig Menschenkontakt wie möglich „und am besten einen Partner“, so die Tierpflegerin weiter. Eine mit der Hand aufgezogene Krähe auswildern zu wollen, sehe sie problematisch: „Sie sind sehr intelligent und binden sich schnell an den Menschen. So suchen sie auch später immer seine Nähe. Wir hatten schon den Fall einer ausgewilderten Handaufzucht, die einen Kindergarten terrorisiert hat.“ Meist müssten diese Tiere ihr Leben lang in Menschenhand bleiben. „Rabenkrähen schließen sich mitunter nicht einmal artgleichen Sozialpartnern an“, sagt die Expertin. „Aber grundsätzlich ist eine Voliere besser als eine Wohnung. Regen, Sonne, Erde zu spüren, ist wichtig für das Tier.“ Alles Wichtige zu Kalkberg und Co. jeden Montag gegen 18 Uhr in Ihrem Postfach –klicken Sie hier, um unseren kostenlosen Newsletter zu abonnieren! Von Heike Hiltrop