Kind von Zug mitgeschleift: Warum haben die Notfallsysteme versagt?

Ein tragischer Unfall mit relativ glimpflichem Ausgang hat sich am frühen Donnerstagabend auf dem AKN-Bahnsteig Friedrichsgabe in Norderstedt ereignet. Der Kinderwagen einer jungen Mutter wurde beim Aussteigen in der Waggontür eingeklemmt und so vom Zug, der bereits wieder in Richtung Norderstedt-Mitte anfuhr, 20 Meter weit mitgeschliffen, bevor ein Fahrgast die Notbremse zog. Das erst 20 Monate alte Kleinkind, das bei der ausgelösten Notbremsung, 1,50 Meter tief ins Gleisbett fiel, verletzte sich dabei schwer, aber nicht lebensgefährlich. Es erlitt aber blutige Kopfverletzungen, wie Polizeisprecher Kai Hädicke-Schories sagt. Das Kind sei in ein Hamburger Krankenhaus gebracht worden. „Es wird aber keine bleibenden Schäden davontragen“, sagt Hädicke-Schories. Die Mutter selbst erlitt einen schweren Schock. Sie habe sich sofort um ihr Kleinkind gekümmert und auf dem Arm gehalten, bis der Rettungswagen eintraf. Wegen des traumatischen Erlebnisses wurde sie ebenfalls in Krankenhaus eingeliefert und dort gemeinsam mit ihrem Sohn stationär behandelt. AKN bedauert den Vorfall: Die AKN bedauere den Vorfall sehr und dass ein kleines Kind dabei verletzt wurde, sagt Unternehmenssprecherin Christiane Lage-Kress. „Wir arbeiten mit den Behörden und der Polizei eng zusammen, um den Fall aufzuklären.“ Der zuständige AKN-Notfall-Manager sei vor Ort gewesen, sagt sie. Mehr möchte sie aber dazu im Moment nicht sagen. Das betroffene Gleis war nach dem Unfall am Donnerstag von 17.35 bis etwa 20 Uhr gesperrt und die Strecke nur einseitig befahrbar, was im Feierabendverkehr zu reichlich Verspätungen führte. Der 37 Jahre alte Zugführer habe angegeben, dass ihm der elektronische Sensor im Führerhaus nicht signalisiert hätte, dass eine Tür im hinteren der vier Waggons noch offen war, sagt Polizeisprecher Hädicke-Schories. Auch stünde ihm keine Videokamera zur Verfügung, um das Geschehen an den Türen oder auf dem Bahnsteig zu beobachten. Lediglich ein großer Rückspiegel sei dafür vorhanden. Ein Gutachter werte zurzeit den Fahrtenschreiber aus, um festzustellen, ob es sich hierbei um einen technischen Defekt oder einen Fahrfehler gehandelt habe. Die Staatsanwaltschaft würde dann gegebenenfalls Ermittlungen einleiten. Warum gingen alle Türen auf? Untersucht werden müsste nach Polizeiangaben auch, warum bei der Notbremsung plötzlich alle Türen aufgegangen seien. Dadurch sei das Kind, das ohnehin angeschnallt im Kinderwagen durch das Mitschleifen erhebliche Stöße abbekommen haben dürfte, unnötigerweise noch tief gefallen. „Das wird auf jeden Fall Konsequenzen haben“, kündigt der Polizeisprecher an. „Wichtig ist erst einmal, dass es dem Kind gut einigermaßen gut geht.“ Auf dem Bahnsteig Friedrichsgabe war am Freitagmittag nichts mehr von dem Unfall zu bemerken. Auch befragte Fahrgäste hatten von dem Unfall am Vorabend nichts mitbekommen. Von Burkhard Fuchs

Kind in Norderstedt von Zug mitgeschleift - Gutachter überprüft Notfallsysteme