Klimaschutz in Segeberg: Nachhaltiges Norderstedt „NaNo“ ist Vorbild

LEDs für Ampeln und energiesparende Beleuchtung für kommunale Gebäude, energetische Sanierung, E-Ladesäulen, Wasserspender für Schulen: Im Kreis Segeberg wollen Städte, Ämter und Dörfer den Klimaschutz angehen. Mit gutem Beispiel voran geht insbesondere die Stadt Norderstedt. Auch andererorts ist der Anfang gemacht, doch um so richtig in Fahrt zu kommen, ist noch einiges zu tun. Klimaneutral bis 2040: Einige Kommunen hätten bereits Klimaschutzkonzepte erstellen lassen, Personalstellen zur Umsetzung besetzt, hebt Segebergs oberster Klimaschützer Heiko Birnbaum hervor. Als ein positives Beispiel nennt er Wahlstedt, wo im Mai Klimaschutz-Manager Matthias Reuter seinen Job angetreten hat. Derzeit arbeite er sich durch das Konzept der Stadt. Norderstedt hat sich dagegen bereits 1999 auf den Weg gemacht, Klima-, Umwelt- und Ressourcen zu schützen. Der Startschuss fiel mit dem Beschluss, nachhaltig und bis 2040 klimaneutral zu sein. Klimaschutz spart über sieben Millionen Euro: Aus dem Amt wurde die Stabsstelle „NaNo“ – Nachhaltiges Norderstedt. „In Deutschland haben wir die Ressourcen von drei Erden verbraucht. Das ist ökologisch eine ziemlich große Überschuldung. Wirtschaftlich wäre das Insolvenzverschleppung“, sagt Nano-Leiter Herbert Brüning. Seit 2013 gibt es in Schleswig-Holstein ein Klimaschutz-Netzwerk der Kommunen. Die derzeit rund 100 Mitglieder unterstützen sich, tauschen sich zu Energie- und Klimaschutzthemen aus und kommen zu regelmäßigen Workshops zusammen. Außerdem betreibt es einen Klima-Blog. Unterstützt wird das Netzwerk von der gemeinnützigen Gesellschaft für Energie und Klimaschutz Schleswig-Holstein, kurz EKSH, die 2011 vom Land, den Hochschulen und der Hansewerk AG gegründet wurde. Sie hat ihren Sitz in Kiel und fördert Forschung im Bereich Umweltschutz und Energie sowie Bildungsprojekte. Nach eigenen Angaben stellt die EKSH jährlich rund zwei Millionen Euro für Pilotprojekte und Programme mit dem Arbeitsschwerpunkt erneuerbare Energien, Energieeffizienz, nachhaltige Mobilität und gekoppelte Energiesysteme zur Verfügung. So wird seit über 20 Jahren kräftig CO2 in Norderstedt eingespart und der Energieverbrauch runtergeschraubt. Der Erfolg ist in Euro messbar: „Unterm Strich ist bis 2018 ein Nettogewinn von 7,7 Millionen Euro durch Klimaschutz entstanden“, rechnet Brüning vor. „Seitdem sind alle Fraktionen für Klimaschutz.“ Derzeit macht sich NaNo mit anderen daran, den Energieverbrauch im Bauen voranzubringen. „Statt Aluminium, Glas und Beton kann Holz verwendet werden, das speichert CO2 , statt es zu verbrauchen.“ Nachhaltigkeit sei eine Überlebensfrage, betont Brüning. „So etwas, wie die Luft zum Atmen, sie muss alles durchziehen.“ Deshalb gehört auch das Gebrauchtwarenhaus „Hempels“ dazu. Es öffnet seit 2000 für Jedermann und ist längst vom Recyclingprojekt zum Inklusionsbetrieb geworden. Europäischer Umweltpreis für Schülerprojekt: Die einst größte Solaranlage auf einem Schuldach steht in Norderstedt auf dem Lessing-Gymnasium. Das Schülerprojekt hat 2002 den europäischen Umweltpreis „Climate Star“ eingeheimst. Noch heute speist es Energie ins Netz ein. Mit den Gewinnen von jährlich über 12 000 Euro unterstützt der Trägerverein „LessSolar“ soziale und nachhaltige Projekte an der Schule und an Schulen in Afrika. Vom fair gehandelten Norderstedt-Kaffee „Fairflixt goot“ wird jedes Jahr eine Tonne verkauft. Mittel, die nachhaltig reinkommen, werden zur Hälfte wieder in den Klimaschutz gesteckt. Bienenweiden werden angelegt, und einmal im Jahr wird das autofreie Straßenfest gefeiert. 2008 startete die Stadt ihren Lärmaktionsplan. Es war der erste in Europa auf der Basis der EU-Richtlinien für Umgebungslärm. „Es sterben mehr Menschen an Straßenlärm, als im Straßenverkehr“, verweist Brüning auf Studien zu Herz-Kreislauferkrankungen. „Mit diesem Testat haben wir eine politische Mehreit bekommen. Die Stadt wächst abgekoppelt von der Straßenentwicklung.“ So sind öffentliche Nah- und der unmotorisierte Verkehr in den Fokus gerückt. Das schaffe zudem Chancengleichstellung. Neues Forschungsprojekt für bezahlbaren Wohnraum: Zu den jüngsten Vorhaben gehört ein Forschungsprojekt für bezahlbaren Wohnraum. Mit dabei sind die Städte Flensburg und Ludwigsburg. Wie viel Platz braucht ein Mensch, um sich im Kleinen wohlzufühlen? Darauf sollen Antworten gefunden werden. Der Architekturwettbewerb läuft. Kommendes Jahr startet die Dialogphase. Aus den Lösungskonzepten soll ein Buch werden. „Dann, so die Hoffnung, finden sich Leute, die so bauen wollen“, sagt Brünung. Die NaNo-Stabsstelle sei eine, die vorantreibe und in allen Lebensbereichen verankert sei. „Das ist organisch gewachsen.“ Mehr zum Thema Nachhaltigkeit: Elektromobilität in Schleswig-Holstein: So nachhaltig ist Autofahren „Blue Moon of Kentucky“: So dreht man einen nachhaltigen Film Leben in Lübeck – naturnah, nachhaltig und fair Nachhaltige Ernährung: Diese Lebensmittel und Gerichte haben die günstigste Klimabilanz Von Heike Hiltrop