Lockdown-Verlängerung: Segebergs Innenstadt braucht Kunden

Überraschend kam die Verlängerung des Lockdowns bis Ende Januar für die wenigsten Unternehmer. Die prekäre Lage lässt sich kaum jemand anmerken. Der Optimismus bleibt, trotz allem. „Natürlich machen wir nicht den Umsatz, den wir sonst haben“, sagt Lars Arndt. Aber Bestellungen und indirekte Kontakte würden das Schlimmste abfedern. „Wir sind jetzt eher ein Versandhandel“, so der Inhaber des Buchhandels „ Das Druckwerk “ in Bad Segeberg. Und damit hat sich für alle Mitarbeiter eine neue Arbeitsstruktur entwickelt. Waren es vorher Beratungen und Bestellungen im direkten Gespräch, geht es jetzt darum, auf sämtlichen Kanälen erreichbar zu sein – und alles zügig abzuarbeiten. Anrufe und Emails häufen sich. Was gut ist: „Kunden können die Ware im Geschäft abholen. Das war im ersten Lockdown nicht so“, sagt Arndt. „Das nehmen viele gern wahr.“ Außerdem hat das Team vom Frühjahr gelernt, Prozesse angepasst. Es gebe viel Zuspruch. „Wir nehmen schon wahr, dass es den Menschen wichtig ist, was wir machen. Und dass wir in der Innenstadt bleiben. Das geht eben auch: Gute Arbeit vor Ort.“ Fast schon untergegangen ist dabei, dass das Druckwerk 2020 zum zweiten Mal mit dem Deutschen Buchhandlungspreis ausgezeichnet worden ist. Damit gehört es bundesweit zu 100 Hervorragenden. Den Preis hatte es 2018 schon einmal gegeben. „Das gibt uns insgesamt viel Rückenwind. Ich gehe vorsichtig optimistisch ins neue Jahr.“ Kaum jemand hält strengen Lockdown für falsch: „Es ist, wie es ist“ – dieser Satz ist jetzt immer wieder zu hören. Kaum jemand meint, der verlängerte Lockdown wäre falsch. „Ich habe mir das schon gedacht“, sagt Saskia Häfner, Betreiberin des Kinos „Cineplanet 5“. „Es war absehbar, dass die Menschen zu den Feiertagen Kontakt haben wollen. Und bei diesen Corona-Zahlen ist es richtig, dass alles geschlossen bleibt, auch die Schulen.“ Selbst wenn alle darunter leiden: „Wir müssen das jetzt durchziehen.“ Im Kino wird jetzt klar Schiff gemacht. Auch hier Optimismus: Nach 40 Jahren Familienbetrieb werde die Pandemie das Kino nicht kaputt machen. Letztlich, sagt Häfner, „haben wir es ja alle selbst in der Hand“. Egal, ob im Kino, im Handel oder der Gastronomie: Vielerorts sind die Türen zwar zu, die Mitarbeiter aber da. Viele haben Wege gefunden, um mit Kunden in Kontakt zu bleiben. Online-Shop, Whatsapp-Service, Lieferdienst: Die Möglichkeiten sind vielfältig. „Fast alle bieten irgendetwas an, aber die Kunden müssen es auch nutzen“, appelliert Viktoria Guse, Inhaberin des Kindermodengeschäfts „Lütte Lüd“. Lesen Sie auch Vorsitzende des Bad Segeberger Unternehmervereins: Einzelhändler verärgert Corona-Krise: Karl-May-Spiele rechnen Szenarien für das kommende Jahr durch Sarah Connor und Co: Vorverkauf für Konzerte 2021 in Bad Segeberg laufen Kunden sind gefragt – jeder Einkauf zählt: Am Mittwoch erfüllt sie zum Beispiel den Wunsch einer Kundin. „Sie hat mich vorher angerufen, ich habe Bilder geschickt und schließlich hat sie die Ware am Laden abgeholt. Das funktioniert gut“, sagt sie. Es sei wichtig, dass die Kunden sich darüber auch bewusst sind, dass jeder Einkauf zählt. „Auch wenn es kein Shopping wie üblich ist. Wir sind hier, wir beraten, es funktioniert.“ Wie leblos die Stadt sonst aussehen würde, „das hat man im Frühjahr ja gesehen“. Nicht jedes Angebot läuft auch gut. So hat zum Beispiel das Klüthsee-Restaurant in Klein Rönnau die Gastronomie mangels Interesse Ende Dezember geschlossen. Im Kino in Bad Segeberg blieb es beim Versuch von Popcorn oder Nachos zum Mitnehmen. „Das ist wohl zu speziell“, sagt Saskia Häfner. „Wir sind guter Hoffnung, dass die Leute doch ab und zu mal ein Geschenk brauchen oder sich etwas gönnen“, sagt Marita Lorenz, die in der Kurhausstraße im „ Gut und Gerne “ Kulinarisches verkauft. Der Laden ist zwar geöffnet, aber viel los ist trotzdem nicht. „Wir fuchsen uns so durch“, sagt Lorenz. Online-Shop ist nicht für jeden etwas: Einen Online-Shop hatte sie vor vielen Jahren bereits aufgegeben. Das lohne auch jetzt im Lockdown nicht. „Bei mir gilt: Kosten vor Kaufen. Das geht nicht digital, das macht man am besten vor Ort“, schmunzelt sie. Während Essig, Öl und Wein auf Kunden warten, nutzen ihre Mitarbeiterinnen jetzt die Gelegenheit zur Inventur. Zu tun gibt es immer – und Hunderte Gläser, Fläschchen und Bottiche wollen auch mal wieder geputzt werden. „Wir machen das Beste aus der Situation“, sagt Cornelia Hell, die erst kürzlich in Klein Rönnau das Restaurant „ Achtzehn29 “ eröffnet hat. Kaum geöffnet, hat sie auf Lieferservice umgestellt. „Ich gehe davon aus, dass die Leute das auch weiterhin gut annehmen. Hoffentlich kommen zum Lockdown nicht noch viele Diäten hinzu“, sagt sie lachend. Deshalb hat sie die Gerichte bereits angepasst und bietet leichte Kost und Vegetarisches an. „Man merkt, das ganze Dorf steht hinter mir“, freut sie sich. „Jeder kleine Einkauf hilft.“ Noch mehr Stornierungen in Hotels: Geöffnet haben auch die Hotels, zumindest teilweise. Arbeiter und Monteure dürfen weiterhin übernachten. Doch die Krux: Nur noch einzeln. Denn der strenge Lockdown ab 10. Januar sieht vor, dass ein Hausstand nur noch mit einer Person aufeinandertreffen darf. „Das trägt nicht dazu bei, dass die Stornierungen weniger werden“, sagt Hotelier Andre Hoffmann. „Ich bin kein Gegner der Maßnahmen, aber wirklich durchdacht ist das nicht.“ Im November sei die Auslastung noch passabel gewesen. Im Dezember brachen dann Privatreisende weg, zwischen den Feiertagen war sein Hotel Residence zu – alles storniert. „Jetzt muss man irgendwann anfangen zu rechnen. Das stört mich am meisten“, so Hoffmann. Die Gretchenfrage stellen sich viele Unternehmer: Mehr arbeiten und auf staatliche Hilfen verzichten? Oder eben das Gegenteil. „Irgendwann lohnt es nicht mehr, das Hotel auf zu lassen“, sagt er. Doch das würde auch bedeuten, Gäste wegzuschicken. „Das ist bedenklich. Mit der Idee bin ich nicht angetreten. Dieses Gerechne kann keine Langzeitstrategie sein.“ Auch wenn im Kreis Segeberg oder innerhalb des regionalen Gaststättenverbandes noch nicht absehbar ist, dass Betriebe wegbrechen, beobachtet Hoffmann eine Veränderung der Einstellung zur Arbeit generell. „Der Lockdown hat gezeigt, dass nicht mehr alle Vollgas geben wollen. Das sind einige in der Branche, die den Betrieb künftig herunterfahren wollen. Sie wollen mehr Zeit für sich und die Familie.“ Von Irene Burow