Lungenklinik Borstel droht die Schließung

Im Forschungszentrum Borstel droht aus wirtschaftlichen Gründen die Schließung der Klinik. Mitarbeiter und Leitung des Forschungszentrums sehen dadurch die Forschungsarbeit gefährdet. Zudem würde eine Schließung den Verlust von 250 Arbeitsplätzen bedeuten. Am Donnerstag haben deshalb hundert Beschäftigte des Forschungszentrums Borstel und der dazugehörigen Klinik mit einer Plakataktion ein Zeichen für den Erhalt der Klinik gesetzt, bevor einen Kuratorium am 20. November über deren Zukunft beraten will. „Das Forschungszentrum und die Klinik sind Teil einer Stiftung“, erläutert Zentrumsdirektor Professor Dr. Stefan Ehlers. Da die Klinik in den vergangenen beiden Jahren defizitär gearbeitet habe, stehe die Frage im Raum, wie es mit der Klinik weitergehen soll. „Wir haben durch Einsparmaßnahmen schon Kosten reduziert, aber eine kleine Klinik hat es schwer, weil bestimmte Einrichtungen wie eine Röntgenanlage oder ein Labor ebenso viel kosten wie in großen Häusern.“ Dazu komme, dass Forschung nicht wirtschaftlich sei, sondern im Gegenteil hohe Kosten verursache. Zwar werde dem mit einem Extra-Etat Rechnung getragen, das reiche aber nicht aus, die Forschungsarbeit voll zu finanzieren. Ein Finanzausgleich erfolge zurzeit auch durch Reserven des Forschungszentrums Borstel, das aufgrund rechtlicher Bestimmungen diese Unterstützung jedoch nicht dauerhaft gewähren dürfe. In Borstel werden auch Covid-19-Patienten behandelt: Die Klinik in Borstel ist eine Lungenfachklinik mit hohem Ansehen bei der Tuberkulose-, Asthma- und Allergietherapie. Auch Patienten mit Covid-19 werden dort behandelt. Zudem ist Borstel eines der offiziellen Corona-Testzentren, das auch die Lehrertestungen im gesamten Kreis Segeberg ambulant vor Ort in den Schulen und Kindertagesstätten vornimmt. „Ebenso sind wir in der Lage, jederzeit Corona-Patienten aufzunehmen, da wir als Lungenfachklinik über hoch qualifiziertes Fachpersonal verfügen“, heißt es in einer Stellungnahme der Belegschaft. Die Medizinische Klinik Borstel hält außerdem das Patent für ein preisgekröntes nicht-invasives Beatmungsgerät. „Die enge Verzahnung von Klinik und Forschung ist einzigartig in Deutschland und hat zu international beachteten Neuerungen bei der Behandlung der multiresistenten Tuberkulose geführt“, heißt es in der Erklärung weiter. Ohne eine Klinik in unmittelbarer Nähe sei die klinische Forschung auf höchstem Niveau nicht möglich.„Die Lungenfachklinik sorgt dafür, dass wissenschaftliche Erkenntnisse in den Klinikalltag zum Nutzen der Patienten übertragen werden“, betont Ehlers. „Renommiertes Forschungszentrum mit angeschlossener Klinik – beide gehören untrennbar zusammen.“ Drei mögliche Szenarien: Doch nun steht die Frage einer Trennung im Raum. „Zur Debatte stehen derzeit drei Modelle: das Verbleiben der Klinik am Standort, eine Teilverlagerung an das UKSH in Kiel, die LungenClinic in Großhansdorf, die Segeberger Kliniken oder die Schließung“, sagt Ehlers. Damit gingen der Verlust oder die Verlagerung von rund 250 Arbeitsplätzen einher. Gespräche mit den denkbaren Partnern würden bereits geführt. „Alle drei möglichen Partner haben sich dafür ausgesprochen, aus verschiedenen Gründen den Betrieb der Klinik nach Kiel, Großhansdorf oder Bad Segeberg zu verlegen. Das Direktorium des FZB setzt sich primär für den Erhalt des Betriebs der Medizinischen Klinik auf dem eigenen Campus ein.“ Ein Verkauf der Klinik stehe nicht zur Diskussion. Erhalt oder Moratorium gewünscht: „Oberstes Ziel ist der Erhalt der Klinik“, betont Ehlers. „Falls das nicht möglich ist, wünschen wir uns eine Bestandsgarantie für fünf Jahre, um künftige Kooperationen und erforderliche Sozialpläne in Ruhe aushandeln zu können.“ Gerade in der aktuellen Corona-Situation sei es nicht vertretbar, eine Lungenfachklinik zu schließen, die die Voraussetzung zur Behandlung der Patienten erfülle. Entschieden werden soll die Zukunft der Klinik am 20. November per Beschluss des Aufsichtsgremiums des Forschungszentrums Borstel. Dem gehören neben Vertretern von Land und Bund auch ein Vertreter des Kreises sowie zwei wissenschaftliche Berater an. „Die Klinik verfügt über 81 Betten und ist schon allein aufgrund ihrer Größe und zudem ihrer Spezialisierung und örtlichen Randlage sowie der sich verändernden gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen nicht mehr in der Lage, kostendeckend zu wirtschaften“, heißt es aus dem Wirtschaftsministerium Schleswig-Holstein. Damit sei die Gefahr verbunden, dass die Klinik als Teil davon die Stiftung insgesamt in eine finanzielle Notlage bringe. „Ziel ist es, das Forschungszentrum als Teil der Stiftung vor einer finanziellen Überschuldung zu bewahren und zugleich sicherzustellen, dass das Forschungszentrum langfristig für seine medizinische Forschung im Bereich Infektion der Lunge und Asthma und Allergie den Zugang zu einer medizinischen Klinik hat, den es für den Transfer der wissenschaftlichen Erkenntnisse in die Praxis bedarf.“ Klinischer Partner gesucht: Deshalb seien Gespräche mit mehreren Kliniken geführt worden – zunächst mit dem Ziel, einen klinischen Partner zu finden, der die Klinik Borstel übernimmt. Keine der angesprochenen Kliniken sei dazu aufgrund der oben genannten Gründen bereit gewesen. Alternativ würden Modelle der Kooperation/Beteiligung mit und an einer anderen Klinik geprüft. „Welche Lösung davon im Detail weiterverfolgt und im Detail geprüft werden soll, soll in der kommenden Kuratoriumssitzung entschieden werden. Es wird und kann sich dabei aber noch nicht um eine endgültige Entscheidung über die Zukunft der Klinik Borstel handeln." Von Bettina Albrod

Lungenklinik Borstel droht die Schließung - Mitarbeiter protestieren