Nach Blackout: BBS fordert Mängelmelder-App für Bad Segebergs Bürger

Wieder ein Fall für das Satiremagazin Extra Drei? Die Kreisstadt ist schon vor drei Jahren als „Dunkel-Bad Segeberg“ via LN und später NDR bundesweit bekannt geworden. Damals waren in der Innenstadt monatelang Straßenlaternen ausgefallen. Die Stadtverwaltung fand lange keinen Elektriker, der sie reparieren konnte. Nun wurde es wieder finster in der Kalkbergstadt. Elf Tage um Weihnachten und Neujahr verabschiedete sich die Beleuchtung für ganze Straßenzüge im Ortsteil Klein Niendorf. Und die Stadtverwaltung bekam davon offenbar nichts mit, über die Feiertage war alles dicht im Rathaus. Selbst die Polizei wusste nicht, an wen sie sich im Rathaus wenden sollte, berichtete BBS-Fraktionschef Jürgen Niemann. Für ihn sein allein das schon ein Indiz, „dass hier etwas nicht stimmt“. Es sei jetzt wirklich ein Fall für die Politik. „Wir müssen das politisch noch einmal bearbeiten.“ Es könne doch nicht sein, dass ein ganzer Stadtteil tagelang finster sei und sich dafür niemand zuständig fühle. Niemann: „Ein Dorf-Bürgermeister würde sich das keine zwei Tage ansehen, wenn man auf seinen Straßen nicht mehr die Hand vor Augen sieht und man sich nur mit Taschenlampe fortbewegen kann.“ Für Niemann wäre hier die Lösung eine Mängelmelder-App, die vor Jahren schon die FDP vergeblich vorgeschlagen habe. Derartige Apps seien in vielen Kommunen im Einsatz und unterstützten die Verwaltungen erheblich im Bereich Beschwerde-Management. Missstände schnell an die Stadt melden: So könnten gleichzeitig auch Zuständigkeiten, Meldewege und Notdienste im Rathaus überprüft werden. Die Mängelmelder-App könnte man sich als Bürger auf das Handy laden und so der Stadt gezielt mitteilen, wenn ihm etwas auffalle: Ob nun die umgekippte Parkbank, die defekte Straßenbeleuchtung oder der offene Kanaldeckel. Missstände könnten auch mit einem Foto dokumentiert und über die App der Stadtverwaltung zugänglich gemacht werden. Im Gegenzug könnte die Stadt dem Bürger Rückmeldung geben, wenn der Mangel behoben ist. Er vermute aber, dass die Stadtverwaltung eher gegen eine derartige App sei. Politik will nicht mehr für Personal ausgeben: Tatsächlich. Bei Amtsleiter Carsten Schleicher kommt die Idee nicht gut an. „Wir laufen selbst mit offenen Augen durch die Stadt und wissen was Sache ist.“ Das Problem sei, dass sich niemand darum kümmern könne, so sei das städtische Ordnungsamt nur schwach besetzt, „aber die Politik hat ja mehr Personalkosten immer kritisch gesehen“, gibt er den Schwarzen Peter weiter. Wenn das Rathaus jetzt jemanden als Annahmestelle für Störungen einsetze, müsse dieser oder die auch wissen, wer für den Fall zuständig sei. Schleicher: „Man kann alles einrichten, es ist nur eine Frage der Kosten.“ Die Stadt habe sich für eine digitale Verwaltung auf den Weg gemacht. „Da spielen auch Apps eine Rolle.“ Landesweit solle in ländlichen Kommunen das bewährte Portal der digitalen Musterverwaltung im Amt Hüttener Berge angeboten werden. Schleicher spricht sich deshalb gegen „vorschnelle Insel-Lösungen“ bei der Digitalisierung aus. „Wir brauchen eine Grundlage, zu der so eine Mängelmelder-App auch passt. Es sei besser, sich an der Muster-Digitalisierungs-Lösung des Landes zu beteiligen. Doch dafür müsse auch erst der städtische Haushalt freigegeben werden. Denn vorher könne die Stadt für Digitalisierung gar kein Geld ausgeben. „Kein Schnellschuss aus der Hüfte “, warnt Schleicher also. Zumal er außerdem fürchte, dass bei einer derartigen Mecker-App die Stadtverwaltung mit Tausenden Meldungen ihrer Bürger überzogen wird. Da würden „Zigarettenstummel fotografiert, und es wird erwartet, dass sofort einer aus dem Ordnungsamt losrennt und die Zigarettenstummel beseitigt“, fürchtet er. „So etwas ist übertrieben, das wollen und können wir nicht leisten“, betont er gegenüber den LN. Von Wolfgang Glombik