Neue Brücke über Trave bei Herrenmühle nicht vor 2027 fertig

Die kleine Travebrücke in Herrenmühle zwischen Schwissel und Traventhal wird immer mehr zum Politikum. Seit Jahren ist sie für viele unpassierbar. Sie dient als Abkürzung zum Gewerbegebiet Rosenstraße oder zum Bahnhof in Bad Segeberg, als Maut-Umgehung oder als Abkürzung nach Lübeck. Trecker und Trucker nutzen sie, zuletzt immer mehr illegal. Viele pfeifen auf die Beschränkungen, müssen inzwischen mit rechtlichen Konsequenzen rechnen, wenn sie über die marode Brücke donnern. Jahrelange Umwege: „Verkehrspolitische Katastrophe“: Jetzt wurde im Ausschuss für Infrastruktur des Kreises erstmals eine grobe zeitliche Richtung ins Feld geführt. Vor 2027 soll die neue Brücke nicht fertig sein – frühestens. Das hat für reichlich Verärgerung bei den Politikern gesorgt: „Das ist doch nur eine kleine blöde Brücke, dann müssen wir uns nicht wundern, dass die A 20 nicht vor dem Jahr 2300 fertig wird“, schimpfte Matthias Malassa von der CDU. Die Kreisbauern hätten bereits angefragt, ob doch noch eine Ertüchtigung der Brücke infrage komme, sagte Ralf Pütz (Wise). „Sie fahren momentan einen Umweg von 20 Kilometern.“ Man sollte sich die Frage stellen, wie sinnvoll das ist, wenn „die Trecker durch Bad Segeberg eiern, gerade während der Karl-May-Spiele. Das ist eine verkehrspolitische Katastrophe, was hier passiert.“ Man müsse das ganze Umfeld betrachten, sagte Fachbereichsleiter Hendrik Schrenk. Es sei eben nicht nur eine einfache Brücke, die Planung sei schwierig und aufwendig. „Wir beim Kreis sind auch unglücklich über die Situation“, sagte Schrenk. Gefahrenabwehr und Verkehrssicherheit machten den Vorgang alternativlos. „Ich bedaure: Für Landwirte wird sich erst mal nichts ändern.“ Behelfsbrücke oder Sommerkorridor gefordert: Stephan Holowaty (FDP) appellierte, dringend Alternativen zu finden. „Die verkehrswirtschaftliche Situation für die Landwirte und die Menschen vor Ort treibt mich erheblich um. Wir kennen die Verkehrssituation in Bad Segeberg alle zur Genüge. Eine Belastung für weitere sechs bis sieben Jahre durch langsame und verschmutzende Fahrzeuge ist in keiner Form akzeptabel.“ Er forderte eine Behelfsbrücke oder Furt. „Auch im Bezug auf den Weiterbau der A 20 sind die Bürger um Klein Gladebrügge enorm belastet. Das dürfen wir nicht außer Acht lassen, das wird der Super-Gau“, sagte Ralf Pütz. Martin Ahrens (SPD) schlug einen Korridor wenigstens zur Erntezeit vor. Schon 2005 kam die Frage auf, wie lange das Bauwerk und der Schleichweg zwischen A21 und B206/A20 dem Ansturm noch standhält. 2007 wird das Höchstgewicht auf 16 Tonnen beschränkt. 2011 wird das Gewicht auf 3,5 Tonnen beschränkt. Es erfolgt eine Einengung auf eine Fahrspur – 2,50 Meter. Fahrzeuge dürfen nur im Kriechgang von Tempo 30 hinüberfahren. 2013: Die historische Gewölbebrücke von Herrenmühle bekommt ein Stahl-Korsett, damit wenigstens 16-Tonner sie auf einer maximalen Breite von 3,50 Metern befahren können. Kosten: 120 000 Euro. Eine Ampel regelt den Verkehr. 2020: Viele Fahrer ignorieren die Einschränkungen. Da Verbote nichts bewirkten, lässt der Kreis Segeberg die Fahrbahn erneut auf 2,50 Meter verengen. Nur noch zehn Stundenkilometer sind erlaubt. 2021: Seit Januar dürfen hier nur noch Fahrzeuge fahren, die weniger als 3,5 Tonnen wiegen und nicht breiter als 2,30 Meter sind. „Das ist Fauna-Flora-Habitat-Gebiet, da kann man nicht einfach eine Behelfsbrücke errichten“, stellte Arne Hansen (Grüne) klar. Zudem hätten Landwirte maximal einen Umweg von zehn Kilometern, was auch in Ordnung sei, so der Klein Gladebrügger. „Das wird völlig überdramatisiert. Wir müssen akzeptieren, dass eine Nutzung für eine gewisse Zeit nicht möglich sein wird.“ Die Verwaltung sieht keinerlei Spielraum für neue Ideen. „Die Brücke ist nicht tragfähig genug. Auf die Einschränkungen haben wir noch mal einen draufgesetzt. Die Verantwortung kann niemand tragen, auch nicht im Sommer“, sagte Schrenk. Zuspruch für Radschutzstreifen: Hintergrund der Debatte war ein Vorschlag der Verwaltung. Durch verfehlte Ziele und „negative Projekterfahrungen“ soll nun eine seit Jahren vakante Stelle im Tiefbau eigens für dieses Brückenprojekt besetzt werden. Zudem ging es um einen Radweg auf der neuen Brücke. Problem: Die Brücke müsste zwei Meter breiter werden – acht statt sechs Meter. Das würde teurer werden und bisherige Planungen über den Haufen werfen. „Wir diskutieren das nicht erst seit gestern. Dann muss man sich nicht wundern, dass das so lange dauert“, sagte Holowaty. Die Grünen sehen einen steigenden Bedarf bei der landschaftlich reizvollen Strecke und durch potenzielle Raserei bei dann erlaubten 100 Stundenkilometern. Doch es war nichts zu machen. „Die Trasse wird übersichtlicher, berechenbarer und sicherer“, sagte Hendrik Schrenk und gab zu bedenken, dass ein Radweg allein auf der Brücke wenig Sinn mache. „Wir zerschneiden teilweise die Vorgärten der Anwohner“, erklärte Kreis-Brückenbauer Matthias Blumhagen. „Ein Gehweg würde sie enteignen. Ich halte das für unmöglich.“ Ein Geh- und Radweg wurde im Ausschuss zwar abgelehnt. Zuspruch gab es jedoch zumindest dafür, einen Radschutzstreifen zu prüfen. Aus Kutschen wurden mehr als 3000 Fahrzeuge pro Tag: Die 150 Jahre alte Travebrücke in Herrenmühle soll abgerissen werden, wenn die neue daneben fertig ist. Eigentlich war sie einst für Kutschen angelegt worden. Von denen fährt längst keine mehr: Eine Verkehrszählung im Jahr 2017 hat – allerdings mit bestehenden Einschränkungen – eine Belastung von mehr als 3000 Fahrzeugen pro Tag ergeben. Drei Prozent davon waren Schwerlastverkehr. Die Kosten für das neue Bauwerk werden aktuell auf rund 2,4 Millionen Euro geschätzt. Wann es losgeht, ist noch unklar. Genauso, ob die Projektmanager-Stelle schnell besetzt werden kann. Es mangelt an Fachpersonal. Der Kreis hat sich inzwischen an die Technische Hochschule Lübeck gewandt, um Absolventen direkt abzufangen. Von Irene Burow