Neumünster: Cannabis-Plantage bekommt erste Hanf-Pflanzen

Deutschlands erste legale Hanf-Plantage geht in Kürze in Betrieb. Anfang November soll die Produktionsstätte in Neumünster offiziell eröffnet werden – mit hochrangigen Gästen. Denn es ist historisch für Deutschland: Damit beginnt erstmals die legale Herstellung von Medizinalhanf auf deutschem Boden. Die Gebäude stehen, die Bausubstanz ist fertig. Momentan befinden sich bereits erste THC-freie Hanfpflanzen in dem Werk – zu Testzwecken. „Richtig fertig sind wir erst, wenn alle zuständigen Behörden die Produktionsanlage abgenommen haben“, sagt Hendrik Knopp, Geschäftsführer von Aphria – eines der wenigen Unternehmen mit einer staatlichen Anbaulizenz. Nach Abnahme: Erste Cannabis-Generation wächst heran: Landesbehörden in Schleswig-Holstein müssen das Gebäude zum Beispiel prüfen, aber auch die Cannabisagentur sowie die Bundesopiumstelle. „Wir gehen davon aus, dass das bis Ende des Jahres erfolgen wird“, so Knopp. Und dann soll auch der Anbau von Cannabis zu medizinischen Zwecken beginnen. „Mit der Abnahme darf die erste Cannabis-Generation zur Ernte im Frühjahr angesetzt werden.“ Er und sein Team sind derzeit schwer beschäftigt. Was hier passiert, wird genau beobachtet. Alles soll reibungslos verlaufen. Denn Auftraggeberin für die Cannabis-Erzeugnisse ist niemand geringeres als die Bundesrepublik Deutschland. Doch für den Anbau fehlt vor allem noch eines: die Pflanzen. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) will medizinisches Cannabis unter Staatsaufsicht und mit hohen Qualitätsstandards anbauen lassen. Denn seit März 2017 können sich deutsche Patienten medizinisches Cannabis regulär beim Arzt verschreiben lassen. Seither erlebt der Stoff hierzulande einen Boom, doch der Anbau verzögerte sich – auch wegen Rechtsstreitigkeiten. Die letzten Rechte wurden im Mai vergeben. Die in der Behörde angesiedelte Cannabisagentur soll das in Deutschland angebaute medizinische Cannabis in Besitz nehmen und an Hersteller von Cannabisarzneimitteln, Großhändler oder Apotheken verkaufen. Die Wirkstoffe von Cannabis können unter anderem Spastiken bei Multipler Sklerose oder chronische Schmerzen lindern. Die Bundesregierung setzt große Hoffnung in die Produktionsstätte in Neumünster. Der Anbau in Deutschland soll beispielsweise Lieferengpässen vorbeugen. Hanf-Setzlinge kommen wohl Anfang November: Das Unternehmen arbeitet unter Hochdruck an den Abläufen für die besondere Fracht. 4500 Setzlinge kommen in Kürze per Flugzeug vom Mutterkonzern in Kanada nach Deutschland. „Wir verhandeln derzeit intensiv mit Zoll und Sicherheitsbehörden. Das ist historisch für alle Seiten, völliges Neuland“, so der Geschäftsführer. „Wir gehen davon aus, dass es Anfang November so weit sein wird.“ Ein Termin stehe aber noch nicht fest. „Der Transport wird ein ziemlicher Akt“, sagt er. Denn schon in Kanada bleibt nicht viel Zeit: Mitarbeiter müssen dort händisch die Setzlinge von den Mutterpflanzen abschneiden. Von drei verschiedenen Arten, also je 1500 Stück. Dafür haben sie nur zwei Tage Zeit. Die rund einen Tag alten Pflänzchen werden danach in besonderen Boxen gelagert. Und auch dann darf keine Zeit verloren gehen. Schließlich handelt es sich um organisches Material, das ohne richtige Pflege nicht lange überlebt. In Deutschland muss es schnellstmöglich mit der vorgesehenen Nährlösung versorgt werden. Transport im gesicherten Konvoi durch Deutschland: Vom Frankfurter Flughafen steuern die Cannabis-Setzlinge unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen in Richtung Neumünster. Auf welcher Route, das muss geheim bleiben. „Es handelt sich schließlich um Betäubungsmittel“, sagt Geschäftsführer Knopp. „Hier handeln wir immer im Sinne von Polizei und Versicherungen.“ Was feststeht: Ein gesicherter Konvoi wird es werden, inklusive Sicherungsfahrzeugen und Begleitschutz. In Neumünster sind 1600 Quadratmeter Anbaufläche vorbereitet. Die Ankunft wird mit Spannung erwartet, unter anderem von dem Niederländer Han Duijndam, der die Pflanzenaufzucht leiten wird. Die erste Ernte erwartet Aphria im ersten Quartal 2021. Denn drei Monate braucht eine Pflanze etwa vom Ansetzen bis zur Blütezeit. „Wir erwarten vier bis fünf Ernten pro Jahr, je nach Bestellung“, sagt Knopp. Mindestens eine Tonne pro Jahr soll produziert werden. „Die Bundesregierung hat aber auch das Recht, mehr zu bestellen.“ Mitarbeiter in Neumünster leisten Pionierarbeit: Doch bis dahin gilt es noch einige Hürden zu nehmen. Immerhin, das Personal ist schon fast vollständig. 80 Prozent der Stellen seien besetzt. Laut Geschäftsführung habe es eine überwältigende Anzahl an Bewerbungen gegeben. Kein Wunder: Die Mitarbeiter werden ohne Frage Pionierarbeit in Deutschland leisten. Und das unter höchsten Sicherheits- und Hygienestandards, mitunter in Schutzkleidung. In Deutschland ist es die erste Anlage überhaupt, die auf legalem Wege Cannabis anbauen darf. Knopp: „Mit Sicherheit ist es die modernste ihrer Art. Es gibt keine Produktionsstätte weltweit, die sicherer ist, als unsere.“ Das Investitionsvolumen liegt nach Unternehmensangaben im zweistelligen Millionenbereich. Parallel dazu entsteht in Bad Bramstedt ein weiterer Hochsicherheitstrakt: In einer Halle im Bad Bramstedter Gewerbegebiet Nord wird das medizinische Cannabis tonnenweise aufbewahrt. Und von dort aus deutschlandweit zu Apotheken transportiert. Lesen Sie auch Unternehmer gründen in Ellerau Start-Up für Medizinalhanf 2018: Cannabis-Lagerstätte in Bad Bramstedt genehmigt Von Irene Burow