Segeberger Schüler als Zeitzeugen des Klimawandels

Gemeinsam der Klimaschutz-Ikone Greta Thunberg nachzueifern und zusammen als „Friday for Future“ auf die Straße zu gehen, ist ein Weg, auf die Auswirkungen des Klimawandels aufmerksam zu machen. Einen wesentlich persönlicheren Weg sind 90 Schüler der Dahlmannschule, des Städtischen Gymnasiums und der Schule am Burgfeld gegangen: Als „Zeitzeug*innen des Klimawandels“ haben sie ihre eigene Betroffenheit in einem Buch zusammengefasst und eindrucksvoll illustriert. „Als kleiner Junge war mir das Klima relativ egal. Als jedoch der Wasserstand unseres Badesees nach einem schrecklichen Dürresommer nicht mehr anstieg, erkannte ich allmählich, was für eine Gefahr der Klimawandel für uns Menschen und Tiere sein kann", schreibt der Schüler Paul Menke. In eine düstere Zukunft nimmt Charleen Richter die Leser mit: „Bäume hatten wir übrigens auch. Das sind die langen braunen Stämme, an denen am oberen Ende tausende von grünen Blätter hängen“. Um ihre Horror-Vorahnung zu unterstreichen, hat sie zwischen den Seiten dicker Bücher gepresste Blätter aufgeklebt. Kurzgeschichten, Slamtexte, Gedichte und Pamphlete: Die Schüler im Alter zwischen 13 und 18 Jahren haben ihre ganze Kreativität in das Buch gepackt, das verdeutlichen soll, wie wichtig ihnen die Erde ist, die sie in einem guten Zustand an ihre eigenen Kinder weitergeben möchten. Entstanden sind bewegende Kurzgeschichten, laute Slamtexte, zarte Gedichte, kritische Pamphlete und auch neue Worte. „Waker“ ist ein solches Wort. „Waker“? „Das ist jemand, der sich in seiner Freizeit viel für die Umwelt einsetzt. Die Schüler haben ein Buch für alle ,Waker’ geschrieben und für die, die es noch werden wollen“, klärt die Kreiskulturfachberaterin Antje Wilkening auf, die das Projekt initiiert und zusammen mit den Künstlerinnen und Kulturvermittlerinnen Daniela Herzberg, Julia Kaergel und Hannah Rau umgesetzt hat, die allesamt auch zu „Wakern“ geworden sind. Und dann kam der erste Lockdown: An alles haben die vier Frauen bei der Konzepterstellung vor rund einem Jahr gedacht, nur dass sie mit ihrem Projekt mitten in einem Corona-Lockdown landen würden, hat keine von ihnen vermutet. Doch wenn etwas Frauen und Künstlerinnen in besonderem Maße zu eigen ist, dann sind das Flexibilität und das Umschalten auf besondere Begebenheiten und Voraussetzungen. „Zuerst hatten wir überlegt, das Projekt zu verschieben, aber nur kurz. Ziemlich schnell war klar, dass wir digital weiterarbeiten“, verrät Hanna Rau, die den Schülern damit ein besonderes Erlebnis bescherte. „Zwei Vormittage haben wir ,gezoomt’ und die Schüler haben sich gefreut, nach der langen Zeit des Lockdowns wieder als Klasse zusammen sein zu können.“ Unterstützt wurden sie dabei von den Lehrkräften Regina Otto-Gerull, Sigrid Gröhn und Wiebke Szukay. Digitale und analoge Workshops: Bei ihrem Projekt mussten die Initiatorinnen auch Hürden überwinden, denn nicht alle Schulen erlaubten für die ersten Workshops die Nutzung des Programms „Zoom“, das das Arbeiten im Klassenverband aber auch in Kleingruppen ermöglicht. „In den Schulen, in denen ,Zoom’ nicht erlaubt war, haben wir mit Audiokonferenzen gearbeitet. Außerdem gab es regen Kontakt über Telefon und per Mails“, erzählt Daniela Herzberg. Analog ging es dann nach den Sommerferien mit den Illustrationen weiter, bei denen die Schüler unter der Anleitung von Buchillustratorin Julia Kaergel ihre ganze Kreativität ausleben konnten. Mit Unterstützung der Lehrkräfte Franziska Wecker Christine Vollmer und Franziska Pertus und unter strengen Hygienevorschriften wurden nicht nur neue Wortschöpfungen in Bildern zusammengefasst, sondern auch mögliche Lösungen und Erfindungen wie der „Xirl“, eine kaktusähnliche Pflanze, die Kohlenstoffdioxid zu der vierfachen Menge an Sauerstoff umwandelt. Verbildlicht wurde sie von Lenja Ziske. 90 Schüler aus Bad Segeberg haben zusammen mit der Kreiskulturfachberaterin Antje Wilkening und den Künstlerinnen und Kulturvermittlerinnen Daniela Herzberg, Julia Kaergel und Hannah Rau an dem Buch „Zeitzeug*innen des Klimawandels“ mitgearbeitet. Finanziert wurde das Projekt vom Bildungministerium Schleswig-Holstein „Kultur trifft Schule – Schule trifft Kultur“, dem Verlag Books on Demand, dem Lions-Club Segeberg, der Stadt Bad Segeberg und den Fördervereinen der Schule am Burgfeld, der Dahlmannschule und des Städtischem Gymnasiums. Das illustrierte Paperback-Buch hat 200 Seiten. Erschienen ist es unter der ISBN-13: 9783752662740 beim Verlag Books on Demand. Es kostet 24,99 Euro. Antje Wilkening ist von dem Werk der Segeberger Zeitzeugen von heute begeistert: „Die Gedanken der Jugendlichen rütteln auf, berühren und stimmen nachdenklich. Sie offenbaren sich in Streitgesprächen zwischen Traumtänzern und Schwarzsehern künftiger Generationen und machen Hoffnung auf eine saubere, plastikfreie und klimafreundliche Welt.“ Von Petra Dreu