So schlimm traf das Corona-Virus die Segeberger Seniorenheime

Das Coronavirus hat in den vergangenen Wochen im Kreis Segeberg gezeigt, welche schrecklichen Folgen ein Ausbruch haben kann. Am 13. Oktober lag die Zahl der Menschen, die seit Beginn der Pandemie im Kreis verstorben waren bei sieben. Sie hatte sich seit Monaten nicht verändert. Jetzt, vier Wochen später, hat sich die Zahl der Toten mehr als vervierfacht. 28 Menschen sind gestorben, 13 davon lebten im Seniorenheim Steertpogghof in Norderstedt, vier im DRK-Seniorenzentrum in Kaltenkirchen, zwei im Seniorenzentrum „Haus am Park“ in Norderstedt. Es hat also vor allem die alten Menschen getroffen, also die, die dem Virus nicht mehr viel entgegensetzen konnten. Klinik stellt Corona fest: Das Telefon klingelt an einem Tag Mitte Oktober in dem Seniorenheim „Haus zum Steertpogg“. Es ist das Krankenhaus, in dem gerade eine Bewohnerin des Heims behandelt wird. Ein Corona-Test ist positiv. „Ich habe zwar immer mit der Möglichkeit gerechnet, dass dieser Tag kommen könnte, war dann aber doch erstmal wie paralysiert“, erinnert sich Heimleiterin Kirsten Krause. Als sie den Hörer aufgelegt hatte, sei es losgegangen – Kontaktnachverfolgung, Information der Angehörigen, höhere Hygienestandards. Sofort nach Bekanntwerden der Infektion wurden die betroffenen Wohnbereiche für Besucher geschlossen und nach Rücksprache mit dem Gesundheitsamt unter Quarantäne gestellt. „Seitdem gelten nochmals schärfere Hygiene- und Schutzmaßnahmen, die Bewohner erhalten zweimal täglich Temperaturkontrollen. Das Personal trägt die vorgeschriebene Schutzkleidung und FFP-2 Masken. Zudem erhielten alle Mitarbeiter eine spezielle Hygieneschulung im Umgang mit Covid-19-Patienten“, berichtet Krause. Auch die Heimleiterin wird krank: „Zum Glück waren wir gut vorbereitet“, sagt Krause. Und doch kann nicht verhindert werden, dass viele Menschen erkranken. Es trifft auch die Heimleiterin selbst. „Mir ging es nicht gut. Ich hatte starke Kopfschmerzen und musste mich übergeben. Ich war sehr schwach, habe viel geschlafen und regelmäßig Infusionen erhalten“, erinnert sich Krause, die nach ihrer Quarantäne sofort wieder zu ihrem Team zurückkehrt, um es zu unterstützen. Denn auch für die Mitarbeiter ist es nicht einfach. „Das Sterben und der Umgang mit Sterbenden gehört zu unserem Berufsbild. Dennoch ist die Situation auch für die Mitarbeiter nicht leicht. Unsere Bewohner leben zum Teil seit Jahren bei uns und wir haben eine Beziehung zueinander aufgebaut“, erzählt Krause: „Wir geben uns gegenseitig Halt, lachen und weinen gemeinsam – und bewältigen so gemeinsam diese schwere Zeit.“ Bewohner in Einzelbetreuung: Insgesamt werden rund 50 Bewohner und Mitarbeiter infiziert. Positiv getestete Mitarbeiter kommen in häusliche Quarantäne, die Bewohner erhalten Einzelbetreuung. Die Gemeinschaftsaktivitäten werden alle gestrichen, Mahlzeiten nur noch in den Zimmern eingenommen. Über ein Drittel der infizierten Bewohner stirbt. Angehörige können sie immerhin auf ihrem letzten Weg begleiten. Allerdings unter sehr hohen Schutz- und Hygieneregelungen. „Sie mussten Schutzanzüge und FFP-2 Masken tragen“, sagt Krause. Wo es den Angehörigen nicht möglich ist, übernehmen die Mitarbeiter die Sterbebegleitung. 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Die Zeit der Quarantäne sei jedoch für die Bewohner und ihre Angehörigen nicht einfach gewesen. Vor allem für die Bewohner, die regelmäßig Besuch von ihren Kindern und Enkelkindern erhalten hatten, sei es sehr schwer gewesen. „Das versuchen wir durch Skype-Telefonate unserer Bewohner mit ihren Angehörigen etwas aufzufangen“, sagt die Heimleiterin. Ursache könnte ein Besuch gewesen sein: Woher der Corona-Ausbruch kam, ist bis heute nicht ganz genau geklärt. Die infizierte Bewohnerin kam mit anderen Senioren aus einem anderen Seniorenheim. „Wir haben alle Bewohner von dort getestet. Diese Tests waren negativ. Wir wissen, dass eine Mitarbeiterin sich noch von ihnen verabschiedete, die später positiv getestet wurde. Ob sie der Auslöser war, können wir aber nicht mit hundertprozentiger Sicherheit sagen“, sagt Krause. Senioren in Kaltenkirchen auf dem Weg der Besserung: Auch beim DRK-Seniorenzentrum in Kaltenkirchen ist nicht klar, wie das Virus in die Einrichtung gelangte. Am Sonntag, 1. November, wurde eine Seniorin mit starker Atemnot ins Krankenhaus eingeliefert. Die Frau war mit Corona infiziert und starb in der Klinik. Bei wem sie sich in dem Heim angesteckt hatte, ist offen. „In der Folge sind dann leider noch drei sehr hoch betagte Bewohner verstorben“, berichtet DRK-Vorstand Stefan Gerke. Insgesamt seien danach bei Tests 17 infizierte Bewohner und 13 infizierte Mitarbeiter festgestellt worden. Mittlerweile gehe es allen erkrankten Bewohnern und Mitarbeitern vergleichsweise gut. „Es ist alles noch nicht ausgestanden, aber die Mitarbeiter und die anderen infizierten Bewohner sind auf dem Weg der Besserung.“ Alle Bewohner und Mitarbeiter, die bei einem ersten Test negativ waren, wurden jetzt noch mal getestet. Gerke: „Die gute Nachricht ist, dass alle weiterhin negativ sind.“ Trotzdem gelten weiterhin strenge Auflagen. Zimmer mit infektiösen Patienten sind mit einer Schleuse versehen, die Quarantäne des Heims dauert noch mindestens bis zum 22. November an. Von Sven Wehde