Städtisches Gymnasium Bad Segeberg: Schulleiter Frank Ulrich Bähr geht in Ruhestand

So hätte sich der langjährige Schulleiter im Städtischen Gymnasium Bad Segeberg, Frank Ulrich Bähr, seinen Abschied in den Ruhestand nicht vorgestellt. Nach über 18 Jahren verlässt er das STG und kann vorerst wegen der Corona-Beschränkungen nur im kleinen Kreis seines Schulleiter-Teams und Personalrats nach der Ausgabe der Halbjahreszeugnisse leise Tschüs sagen. Dabei hätte er es sich turbulenter gewünscht. Ohne die Pandemie wäre es eine große Sache geworden. Mit Kollegen, vielen Ehemaligen, Schülern, Vertretern der Eltern und des Schulträgers in der Mehrzweckhalle des Gymnasiums. „Es war klar, dass das nicht funktionieren würde in Coronazeiten“, sagt Bähr. Er ist sicher kein „Feierbiest“, aber das bedrückt den Schulleiter schon, ist zu merken. „Nach so langer Zeit am Städtischen ist das nicht das Setting, das man sich gewünscht hat. Wir werden jetzt keine Verabschiedung machen, sondern diese spätestens zu den Sommerferien nachholen, wann immer es der Schule möglich ist.“ Sein Nachfolger als Rektor ist Thomas Schwerin von der Schule am Burgfeld. Klare Worte auch an die Politiker: Bähr war über die Jahre ein Schulleiter, der mit seiner Meinung – gemäßigt im Ton, aber klar in der Sache – auch an die Adresse des Bildungsministeriums oder auch des Schulträgers gerichtet, nie hintern Berg hielt. Bevor der Barker nach Bad Segeberg kam, arbeitete er lange als Oberstudienrat am Neustädter Kreisgymnasium mit den Fächern Deutsch und Englisch. Mit den steigenden Schülerzahlen an den Bad Segeberger Gymnasien hätte er damals die Möglichkeit gehabt, als Lehrer an die Dahlmannschule zu wechseln, doch da kam etwas „dazwischen“: Der damalige stellvertretende Schulleiter und inzwischen verstorbene Ulrich Oumar vom Städtischen machte sich für ihn stark: Das sei doch der richtige Mann für den Schulleiterposten als Nachfolger von Hans-Günter Sieh, der in den Ruhestand ging. Bähr wurde gewählt. Rumms war er Chef. Er habe den Schritt nie bereut. Jeden Tag sei er gerne zur Arbeit gegangen, sagt er im LN- Gespräch. Am Städtischen Gymnasium wurde immer gebaut: Bähr der im Februar 65 wird, wird auch als „Bau-Manager“ in die Geschichte des Städtischen eingehen. Irgendwie waren immer Handwerker im Haus. Viele Millionen Euro wurden in seiner Ägide vom Schulträger verbaut. „Es hat reichlich spannende Momente gegeben, als die Mehrzweckhalle außer Gefecht war, erst durch einen Brandschaden und später durch auslaufendes Wasser“, sagt Bähr. Wichtig war für die Schule der Schulerweiterungsbau, die neue Sportanlage, die naturwissenschaftlichen Räume. „Ich werde die allererste Schulkonferenz in Erinnerung behalten mit dem damaligen Bürgermeister Udo Fröhlich.“ Der kündigte damals Erweiterungen und Sanierungen an. „Nie hätte ich vermutet, das dieses Thema mich bis zum Jahre 2021 begleiten wird“, sagt Bähr schmunzelnd. Sehr intensiv sei auch die Zeit mit der umstrittenen Schulleiterin der Dahlmannschule, Nele Degenhardt, gewesen. „Das war spannend im Sinne des Wortes.“ Das Städtische Gymnasium mit seinen 807 Schülern mit der Dahlmannschule auf Augenhöhe. Es sei nur ein Gerücht, dass die Dahlmannschule „leistungsorientierter ist als unsere Schule“. Beide Segeberger Gymnasien haben ihre Schwerpunkte. Zugegeben: Die Dahlmannschule habe optische Vorteile, sei ein Postkartenmotiv, gesteht Bähr ein. Von G 9 zu G 8 und wieder zurück: Bähr denkt an die allzu häufigen Veränderungen im Schulsystem: „Von G 9 hin zu G8 und wieder zurück.“ Es habe viele personelle Veränderungen gegeben. Nur noch zehn von jetzt 63 Lehrerkollegen stammten noch aus der Zeit, als Bähr im Städtischen Gymnasium anfing. Und was hat sich bei den Schülern geändert über die Jahre? Bährs Bilanz ist hier eher ernüchternd. Er habe seine „klaren gymnasialen Ansprüche“ zurückschrauben müssen. Spätestens mit Einführung der Gemeinschaftsschule und Wegfall der Realschule haben mehr Eltern ihre Kinder auf das Gymnasium geschickt. Damit habe sich das Anspruchsniveau etwas nach unten entwickelt. „Das Reifezeugnis weist heute nicht mehr per se Studierfähigkeit aus.“ Als Schulleiter viel über Schüler gelernt: Auch Bähr hat als Schulleiter gelernt. Vor allem in Hinblick auf pubertäre Jungen, die in der Mittelstufe Probleme haben und später in der Oberstufe unerwartet durchstarten. „Es gibt Schüler, bei denen trotz schlechter Zensuren und mangelhafter Arbeitsmoral später doch noch der Knoten platzt und sich plötzlich Begabungen zeigen.“ Im Gegensatz dazu können Mädchen mit guten Zensuren seit der Grundschule brillieren. „Die gehen einen geraden Weg und stoßen dann aber manchmal in der Oberstufe, wenn es um kritisches Denken geht, an ihre Grenzen.“ Das können „mir Gleichstellungsbeauftragte oder Feministinnen um die Ohren hauen“, gesteht er lächelnd ein. Aber es sei heute wichtiger denn je bei den Schüler-Laufbahnen den Hintergrund der Jugendlichen mit im Blick zu behalten. Schulversager entwickeln Begabungen: Auch Lehrkräfte haben sich gewandelt. Der gestrenge, distanzierte Oberstudienrat, der vor 40 Jahren noch Respekt von seiner Klasse einfordert, diesen Typ gebe es heute nicht mehr. Heute sei die Lehrkraft eher „Lern-Coach“ der sich auch mit schwierigen Elternhäusern befassen müsse. Und nun? Bähr stellt klar, dass sich „alles, was mich als Schulleiter mit großer Arbeitszufriedenheit erfüllt hat, sich durch Kelleraufräumen und Abwaschen daheim nicht ersetzen lassen wird“. Ein bisschen Bau-Kontinuität: Er wird sich im Barker Eigenheim um Renovierungsarbeiten und Garten kümmern. Mehr Zeit zum Lesen haben, mehr Sport treiben und viel reisen. Und seine erwachsenen Kinder häufiger besuchen. Doch geht damit der Schulleiter-Erfahrungsschatz von Bähr nicht verloren? „Ich traue mir schon zu, unerfahrenen Kollegen beratend zu helfen, aber das hängt wirklich von den Umständen ab. – Das soll hier aber keine Bewerbung von Feuerwehrmann Bähr werden“, wehrt er ab. Noch hat er einige wenige Tage Zeit, um den hohen Stapel auf seinem Schreibtisch abzuarbeiten. Schule sei „sehr schnelllebig, aber ich möchte mich von den Kollegen noch einmal richtig verabschieden.“ Das sei sein größter Wunsch. Von Wolfgang Glombik